Dienstag, August 29, 2006

... and the home of the Psychos

Young Warriors (Young Warriors)
USA 1983
Regie: Lawrence D. Foldes, Drehbuch: Russell W. Colgin, Lawrence D. Foldes, Kamera: Mac Ahlberg, Jacques Haitkin, Musik: Robert J. Walsh, Schnitt: Ted Nicolaou
Darsteller: Ernest Borgnine (Lt. Bob Carrigan), Richard Roundtree (Sergeant John Austin), Lynda Day George (Beverly Carrigan), James van Patten (Kevin Carrigan), Anne Lockhart (Lucy), Tom Reilly (Scott), Mike Norris (Fred), Linnea Quigley (Ginger)

Synopsis: Der Polizistensohn Kevin führt mit seinen alten Highschool-Kumpels ein unbeschwertes Studentenleben voller One Night Stands, Besäufnisse und der typischen Demütigungen für die Neuankömmlinge. Doch dann fällt seine Schwester Tiffany einer Bande Gewaltverbrecher zum Opfer. Kevin ist schockiert und als sich abzeichnet, dass die Polizei im Dunklen tappt, beschließen er und seine Freunde, das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen.

FUNKHUNDD: YOUNG WARRIORS ist ein absolut außergewöhnlicher Film und in diesem Blog eigentlich völlig deplaziert, behandelte er nicht ein Thema, dass zur Eighties-Action gehört wie die Magnum zu Dirty Harry: Selbstjustiz. Also sicherte sich die Cannon die Vertriebsrechte und verpasste dem Film ein hübsch dulles Poster mit knackiger Tagline. Der Film wäre gut in einem Double Feature mit VIGILANTE aufgehoben, der das Thema ähnlich differenziert behandelt. Foldes zeigt in YOUNG WARRIORS, was mit ganz normalen jungen Männern passiert, die glauben, das Gesetz in die eigenen Hände nehmen zu können. Das spielt sich über weite Strecken ziemlich realitätsnah ab, sodass der Freund durchchoreografierter Actionballette nicht ganz auf seine Kosten kommt.

DER AUSSENSEITER: Also was die Deplatziertheit in unserem Blog angeht, kann ich Dir nicht so ganz zustimmen. Ganz im Gegenteil: Der Film ist ein Musterbeispiel für einen intelligenten B-Film. Sozusagen ein Schaf im Wolfspelz. Bei erster Betrachtung war ich schon etwas verwundert, erwartete ich doch den handelsüblichen Reißer mit „Aufräum-Ideologie“ und bekam stattdessen einen Actionfilm mit Drama-Einschlag, der tatsächlich funktionierte.

FH: Um mal kurz einzuhaken: Hier geht es ja nun nicht in erster Linie um den intelligenten B-Film, sondern eben um das Actionkino der Achtziger. Und da fällt YOUNG WARRIORS vom Ton her schon ziemlich raus ...

A: Sicher, aber gerade diese interessante Melange aus 80er Action und didaktischer Konzeption, anhand derer erkennbar wird, dass es auch anders geht, macht doch den Reiz aus. Die Budgetierung, die Schauspieler – unter anderen Chuckies Sohn Mike – und die Produktionsstandards weisen den Film klar als Low Budget aus, doch Regisseur Lawrence D. Foldes schafft es mit den geringen Möglichkeiten auszukommen und die negativen Punkte oftmals in positive umzuwandeln. Sicherlich ist es die Drehbuchebene, auf der YOUNG WARRIORS am interessantesten ist. Foldes hat hier mit Richard W. Colgin zusammengearbeitet, der mit Ausnahme von NIGHT FORCE – SCHRECKENSKOMMANDO, der ebenfalls mit Foldes realisiert wurde, nie wieder an einem Film gearbeitet hat. Rückschlüsse darüber, warum das Drehbuch so gelungen ist, lassen sich somit nur schwer anhand ihrer Arbeiten ziehen. Es könnte genauso ein Zufallstreffer sein, doch man merkt dem Film die Ambitioniertheit junger Menschen an, die endlich eine Chance sahen, einen Film etwas aufwändiger umzusetzen.

FH: Da möchte ich dir zwar beipflichten, man muss aber einräumen, dass YOUNG WARRIORS deutlich besser hätte sein können, wäre ein versierterer Regisseur am Werk gewesen und hätte diesem etwas mehr Geld zur Verfügung gestanden. Foldes ist ein Phantom, er hat sechs Filme inszeniert, diese auch geschrieben und zum Teil produziert. Seine Filme sind in dem Zeitraum zwischen 1978 und 2003 entstanden, was unweigerlich die Frage aufwirft, womit er sonst sein Geld verdient. Die Darsteller der Studentenclique – vor allem James van Patten – sind allesamt ein bisschen zu alt für ihre Rollen und die Darstellung des Universitätsalltags mutet etwas unbeholfen an, zumal Foldes in einigen Szenen eine Art Intellektuellenkritik vorgeschwebt haben dürfte: Die Professoren – vielleicht auch bedingt durch die ziemlich miese deutsche Synchronisation – kommen jedenfalls alles andere als intellektuell daher. Das trägt dazu bei, dass YOUNG WARRIORS wie ein Schundfilm daherkommt, der er zumindest inhaltlich überhaupt nicht ist.

A: Auch hier muss ich Dir widersprechen, sehe ich doch weniger eine Kritik an den Intellektuellen, als eine Darstellung ihrer Hilflosigkeit in Anbetracht emotional schockierender Situationen im Alltag. Auch mit Foldes würde ich nicht so hart ins Gericht gehen, denn das Verblüffende ist, dass die seltsame Mixtur des Filmes tatsächlich aufgeht. Er versucht eine stereotype Selbstjustizgeschichte mit den Mitteln des Actionfilms und Melodrams zu erzählen. Dabei werden die Standardsituationen des „Rape-and-Revenge“-Filmes durchgespielt: Wir bekommen den Schmerz von Opfern vorgeführt, die Brutalität der Täter und jede Menge klischeehafter Dialoge.

FH: Hmmm, ich glaube, du hast Recht. Möglicherweise lassen sich Kevins Ausbrüche gegen das „gelehrte Geschwätz“ der Uniprofessoren, die ich eben als Intellektuellenkritik verstanden habe, eher im Sinne einer solchen falschen Fährte lesen, auf die ich ganz offensichtlich hereingefallen bin. Diese Tiraden gehören zum Selbstjustizfilm und zum Rächertypus einfach dazu.

A: Warum funktioniert der Film also? Als die Schwester der Hauptfigur Kevin bestialisch vergewaltigt wird und schließlich den Verletzungen im Krankenhaus erliegt, findet eine extreme Invertierung der Grundstimmung des Filmes statt, die vom Zuschauer tatsächlich nachempfunden wird. Das könnte fast ein Zufall sein, denn schließlich benötigt die Geschichte diesen Motivationsschub für die folgende Selbstjustiz, doch dann wird eine falsche Fährte nach der anderen gelegt. Der Film suggeriert den üblichen Ablauf, doch schon gleich bei der ersten Ausübung von Selbstjustiz fahren Kevin und seine College-Freunde gegen die Wand.

FH: Foldes behandelt das Phänomen „Selbstjustiz“ weniger auf einer soziologischen als vielmehr auf einer psychologischen Ebene. YOUNG WARRIORS ist beinahe ein Psychogramm. Der schon etwas orientierungslose und getrieben wirkende Held Kevin verliert nach dem Tod seiner Schwester völlig den Halt und gerät in eine Gewaltspirale, die erst durch seinen Freitod gestoppt werden kann. Sein Bedürfnis nach Rache entpringt einem rein persönlichen Motiv, dass er jedoch nach und nach transzendiert.
Er will mit seinen Freunden die Gesellschaft vor dem Verbrechen retten. Es kommt zur Eskalation, weil ihm keine anderen Handlungsoptionen aufgezeigt werden.

A: Die Dissonanzen des Filmes, der mit vertrauten Genreelementen einen zunehmend unkonventionellen und dem gängigen Selbstjustizfilm entgegen gesetzten Verlauf zeigt, lassen sich entscheidend an Kevin exemplifizieren. So wie er sich selbst nicht versteht und schon vor dem Verbrechen versucht, seine aufgewühlte Psyche durch Animationsfilme auszudrücken, entlädt sich in ihm eine regelrechte Wut auf alle Kriminellen. Doch im Gegensatz zu allen anderen Leinwandrächern wird hier nicht ausgeblendet, was psychologisch eklatant ist: Ein Mensch, der aufgrund eines Gewaltverbrechens Familienangehörige verliert und sich dann auserkoren fühlt, die Kriminalität mit Waffengewalt zu bekämpfen, ist desintegriert und außerstande, ein normales Leben zu führen. Dies wird bei Figurenzeichnungen natürlich meistens ausgespart, aber Foldes unterschlägt es nicht. Wie selbstverständlich lässt er dies einfach mitlaufen, doch der Zuschauer hat Schwierigkeiten es einzuordnen, da Kevin weiterhin als Sympathiefigur fungiert.

FH: Die von dir angesprochenen Filme Kevins symbolisieren sein zerrissenes Seelenleben: wilde Farbexplosionen aus dem Computer, die an eine Videospielversion der berühmten Sternentorpassage aus 2001 erinnern. Abseits dieser Bilder, die auf den Zuschauer zunächst wie ein Gimmick wirken, erwartet man doch einen typischen Rächerfilm, deutet in den ersten zwanzig Minuten nichts konkret auf seine psychische Disposition hin, man ist als Zuschauer zunächst geneigt, über diese Sequenz hinwegzusehen. Auch Kevins Professor weiß mit Kevins Kurzfilm nichts anzufangen, wischt dessen Erklärung, er wolle seinen Gefühlen der inneren Desorientierung Ausdruck verleihen, einfach weg: Gefühle hätten mit Kunst nichts zu tun.

A: Kevin sagt ganz wörtlich, er verstehe nicht, was in ihm vorgehe ...

FH: Genau. Und der letzte Film – eine sehr exzessive, selbstzerstörerische Vision, in der auch sein Selbstmord vorweggenommen wird – wird dann endgültig als „entartet“ und „krank“ diffamiert. Hier, wie auch in einer anderen Szene, in der Kevin Beistand bei einem Professor sucht, von diesem aber nur an den Psychiater verwiesen wird, zeigt sich, dass das Abrutschen Kevins prädisponiert und nicht zuletzt der Gleichgültigkeit seiner Umwelt geschuldet ist ...

A: … und gleichzeitig wieder der Hilflosigkeit des Lehrapparates. Die Charakterisierung Kevins ist ungewöhnlich durchdacht. Foldes und Colgin zeigen ihn nicht nur als einen durch einen Stimulus zum Töten bereiten Automaten, sondern gehen schon vor der Tat auf seine eher unangepasste Art ein: Sein High-School-Diplom holt er sich buchstäblich im Vorbeifahren ab, indem er mit dem Motorrad über die Bühne fährt; er tobt sich bei Pennälerspäßen aus, legt aber eine extreme Ernsthaftigkeit bei seinem Studium an den Tag; dann seine wilden Animationen. All dies steht vor dem eigentlichen Auslöser.

FH: „Unangepasst“ trifft es nicht ganz, finde ich. Kevin verhält sich so, wie man es vom „Anführer“ einer Clique in den jeweiligen Situationen erwarten darf: So muss er am Graduation Day seine Missachtung für die High-School-Etikette zeigen, im Studium dann zumindest tagsüber aber die Rolle des verantwortungsbewussten Vaters mimen. Das Problem scheint eher zu sein, dass er sich in der Rolle des Leaders gar nicht wohl fühlt und deutlich sensibler und unsicherer ist als er sich gibt.

A: Kevin hat bereits die psychische Disposition einer dissozialen Persönlichkeitsstörung und das Verhängnis nimmt seinen Lauf, als er glaubt, durch die Rache für den Tod seiner Schwester seinen unkontrollierten Gefühlen eine Richtung geben zu können. Das wirklich Kuriose ist aber, dass Foldes trotz dieser Psychologisierung den Film weiterhin wie einen 80er-Actionfilm aussehen lässt. Hier scheinen Elemente verquickt, die nicht zusammenpassen.

FH: Die Frage, die YOUNG WARRIORS aufwirft: Wie findet man ein nötiges rationales Argument gegen Handlungen, die einen rein emotionalen Ursprung haben? Kevins Trauer, Wut und Hilflosigkeit lassen sich nicht wegrationalisieren. So spielt der Film geschickt inhaltlich wie formal Rationalität gegen Emotionalität aus. Der Gefühlsmensch Kevin sieht sich seiner Meinung nach verkopften Phrasendreschern gegenüber, die bei allem Verstand vor allem Einfühlungsvermögen vermissen lassen. In seiner Struktur hat mich YOUNG WARRIORS etwas an den kürzlich gelaufenen HOSTEL erinnert: Die ersten zwanzig Minuten des Films sind geprägt von den ausgelassenen Späßen der Protagonisten, dem wilden Studentenalltag. Der Film begibt sich hier in die Nähe von solchen Teenie- und College-Komödien wie PORKY’S etc. Der Wandel im Ton kommt danach umso härter, die Gewalt bricht genauso unvermittelt in den Film wie in Kevins Leben ein. Die Vergewaltigung ist von frappierender Brutalität und bricht völlig mit dem bis dahin aufrecht gehaltenen Ton des Films. Das wird noch dadurch potenziert, dass Foldes sie parallel zu einem Streich der College-Clique montiert. Kein Wunder, dass der Zuschauer sich ebenso wenig von diesem Schock erholt wie Kevin.

A: Kevin und seine Freunde Scott, Stan und Fred leben zu Beginn nach dem klassischen Muster amerikanischer College-Boys. Sie sind jung, sehen gut aus, haben nur Spaß und das Studium wird nebenbei auch noch erledigt. Sie scheinen die junge Generation zu sein, auf die Amerika bauen kann. Auch darin offenbart sich die gallige Kritik des Films. Sie könnten gar nicht amerikanischer sein und infolgedessen erscheint ihnen auch der Griff zur Waffe nur bedingt fragwürdig. Doch auch hier meldet einer Zweifel an und meint, dass dies doch den Ärger erst anziehen würde. Die Aktionen der Gruppe sind nichts weiter als blindwütiger Aktionismus. Keiner ihrer Streifzüge ist wirklich erfolgreich, sie bringen im Endeffekt alle mehr Schaden als Nutzen, sowohl für sich selbst als auch für die, die sie schützen wollen. Wenn man genau hinsieht, wird man feststellen, dass jede Szene des Filmes überaus differenziert gestaltet wurde und versucht wird, jedes Für und Wider anklingen zu lassen.

FH: Dazu gehören auch die üblichen Argumente des Selbstjustiz-Films: Kevins Vater, der brave Polizist, versucht seinem Sohn zu erklären, dass die Jagd auf Verbrecher eine Sache der Polizei ist, dass nicht jeder einfach bewaffnet losziehen kann, um „Recht zu sprechen“. Das ist in diesem Moment aber keine hohle Phrase, die Warnung erwächst vielmehr aus dem Wissen, dass der Schuss für Kevin im wahrsten Sinne des Wortes nur nach hinten losgehen kann. Man sieht dem Vater förmlich an, wie sehr auch er darunter leidet, an die Vorschriften gebunden zu sein. Kevins Vorwürfe, die Polizeimethoden würden allesamt nicht greifen, kann sein Vater nicht erwidern, was ihn deshalb auch doppelt hart trifft. Die Darstellung der Streifzüge von Kevin und seinen Freunden lassen aber letztlich keinen Zweifel an der Aussage des Films.

A: Auch in anderen Belangen wirkt der Film seltsam komplex. Während VIGILANTE die weibliche Sicht nur andeutet, erhält sie in YOUNG WARRIORS einen eigenen Raum. Kevins Freundin Lucy macht sich Sorgen um ihn und versucht herauszufinden, warum er sich immer weniger mit ihr Treffen möchte und immer schneller überreagiert. Er weist sie nur schroff ab und während in anderen Filmen die Angelegenheit damit erledigt gewesen wäre, gibt es im Anschluss eine vergleichsweise lange Szene, in der sie mit Ginger, Scotts Freundin, ein Zwiegespräch über das merkwürdige Verhalten ihrer Freunde führt. Die Eindringlichkeit ihrer Situation wird durch ein permanentes Umrunden der beiden mit der Kamera entsprechend unterstrichen.

FH: Was in anderen Filmen der Dekade überhaupt nicht problematisiert wird, nämlich dass die Gewalt meist von den männlichen Vertretern der Spezies ausgeht, zeigt Foldes in aller Deutlichkeit. Kevins Schwester stirbt auch nur, weil ihr Freund eine eigentlich schon entschärfte Situation durch männliches Imponiergehabe erneut anheizt. Überhaupt ist die Darstellung der Gewaltakte einer der faszinierendsten und intelligentesten Aspekte des Films.

A: Überhaupt die Szene, in der Kevin nach einer ihrer Touren zu einer Nutte geht, um sich dort abzureagieren. Hier wird sogar auf den im Actionfilm gerne unterschlagenen Zusammenhang von Sexualität und Gewalt verwiesen. Kevin geilt sich an der Gewalt auf.

FH: Zunächst gehen die Protagonisten völlig unbedarft auf die Jagd und werden sogleich von der Polizei geschnappt. Der einsetzende Lernprozess führt zwar dazu, dass das nicht mehr passiert, aber ihre Einsätze laufen nie glimpflich ab: Entweder lassen Leute aus den eigenen Reihen ihr Leben, werden verwundet oder Unschuldige werden getötet. Der Ernst der Lage scheint den Jungs nicht klar zu sein: Ihre Haltung vermittelt den Eindruck, als hielten sie ihre Streifzüge lediglich für eine Fortsetzung ihrer Streiche. Die Jagd nach den tatsächlichen Mördern von Kevins Schwester rückt schon bald in den Hintergrund, es werden wahllos Verbrecher und Gesocks gejagt. Am Ende uniformieren sich unsere Helden und ziehen in voller Kampfmontur und Bewaffnung in den Kampf. Doch sie müssen schmerzhaft feststellen, dass die Verkleidung noch keinen Soldaten macht. Der letzte Einsatz ist beinahe vollständig in Zeitlupen aufgelöst: Es wird deutlich, dass die Helden eine Schwelle überschritten haben und es kein Zurück mehr gibt. Sie haben sich in ihren Gewaltfantasien völlig verloren.

A: Ja, das endgültige Scheitern der Jungs offenbart sich in diesem Ende, wenn die Kneipe gestürmt wird, in der sie die Vergewaltiger von Kevins Schwester vermuten. Hier fallen nun endgültig alle Grenzen, denn in diesem von Kriminellen frequentierten Etablissement ist weder für die Freunde, noch für den Zuschauer ersichtlich, wer tatsächlich die eigentliche Tat begangen hat. Die einzige Verbindungsfigur, die wir zu den Tätern haben, ist ein schmieriger, dunkler Typ, der hinter einer riesigen Sonnenbrille versteckt ist und im ganzen Film kein Wort sagt ...

FH: ... und außerdem ein geil schäbiges Totenkopftattoo auf dem Handrücken trägt.

A: Dadurch, dass er an der Schießerei ebenfalls beteiligt ist, lässt sich wenigstens erahnen, dass ein Verantwortlicher „zur Strecke“ gebracht wird, aber alle anderen, die ihre Waffen ziehen, könnten ebenso Unbeteiligte sein, die sich verständlicherweise darüber wundern, dass eine schwer bewaffnete Horde von paramilitärischen Jugendlichen ihre Stammkneipe stürmen.

FH: Innerhalb unseres bisherigen „Kanons des Actionfilms“ nimmt YOUNG WARRIORS mit Sicherheit eine Sonderstellung ein. Foldes hat so etwas gemacht wie einen Actionfilm, der sich der Action verweigert. Die Glorifizierung von Gewalt, die die handelsübliche Ästhetisierung meist bewirkt, findet hier nicht statt. Die wenigen „Actionsequenzen“ sind beinahe statisch, das Morden von Verbrechern wird nicht als Heldentat, sondern seinerseits als Verbrechen dargestellt. Es ist geradezu schmerzhaft, Kevin bei seinem Abstieg zusehen zu müssen. Die Parenthese des Films – gemeinsamer Schulabschluss zu Beginn, ein altes verblichenes Highschool-Foto am Ende – verleiht YOUNG WARRIORS eine durchschlagende Tragik, einen mahnenden Ton. Ziemlich erstaunlich für die Reagan-Eighties.

A: Zumal dieses alte Highschool-Bild dann auch noch mit einer wehklagenden, leicht verzerrten E-Gitarrenversion der amerikanischen Nationalhymne unterlegt ist. Das macht die Aussage endgültig klar. Sowohl bei der Zeitlupeninszenierung der Schießerei am Schluss als auch bei der Dekonstruktion von Gewaltmustern zeigt sich, dass Foldes sich gern bei Peckinpah verorten würde. Hier kann es keine Gewinner geben: Gewalt erzeugt Gegengewalt und diese abgedroschene Phrase wird im Film eindrucksvoll umgesetzt. Und überraschend noch dazu, da man es bei einem Film, der in dieser Verpackung daherkommt, keinesfalls erwartet hätte. Während der Abspann an meinem Auge vorüber zog, das alte Highschool-Foto ausgeblendet wurde und die Musik sich in synthetische Sounds umwandelte, wurde es mir klar: Diesen Film hätte ich gerne gedreht.

Montag, August 28, 2006

Let me see your Warface!

Treue Leser werden bemerkt haben, dass die Himmelhunde ein neues martialisches Gesicht haben: Da wir durch dieses Blog mittlerweile reich und berühmt geworden sind, haben wir von unseren Reichtümern etwas abgezweigt und uns ein schickes Banner geleistet. Für dieses möchten wir uns hier mal ganz offiziell und in aller Form beim geschätzten Filmforen-Mitglied Moscher bedanken, der es in absolut rekordverdächtiger Zeit für uns entworfen hat. Von wegen "Servicewüste Deutschland"! Vielen Dank nochmal!

Montag, August 21, 2006

Attack of the Killer Bs

Diese Woche machen wir eine kleine Pause. Zur Wiedergutmachung haben wir für das nächste Update unserer Reise in die tarnfleckigen und bundfaltigen Achtziger tief in unseren Videokisten gekramt und werden uns daher zum ersten Mal etwas unbekannteren, aber nicht minder illustren Vertretern der Eighties-Action widmen. Und um den Mangel an Action-Ikonen aufzuwiegen, gibt's umso größere thematische Vielfalt mit bikenden Selbstjustizlern, amerikanischen Samurai und kernigen Soldaten. Here we go:




Außerdem werden wir nach dieser unheiligen Dreifaltigkeit den zahlreichen Wünschen nach Sonderaktionen nachkommen. Be prepared - und sagt hinterher nicht, wir hätten euch nicht gewarnt ...

Freitag, August 18, 2006

Die ganze Wahrheit


An dieser Stelle gibt es das ROCKY-BALBOA-Blog zu bestaunen. Bis zum Starttermin zu Weihnachten (zumindest in den USA) kann man sich dort wunderbar die Zeit vertreiben und sich bei der kontemplativen Studie der zahlreichen Fotos fragen, wie Stallone den Italian Stallion geben will, ohne sich komplett zum Horst zu machen ... Aber andererseits scheint es ja genau um diese Frage zu gehen, denn der alte Herr Balboa will im Rentenalter noch einmal in den Ring steigen, um zu beweisen, dass er noch nicht zum alten Eisen gehört. Wer weiß, vielleicht tritt Stallone mit einer Reihe von Seniorenfilmen ja demnächst in die Fußstapfen des Geronto-Regisseurs Eastwood? Sehen sie demnächst RAMBO IV: JETZT MACHT ER EINEN SEHTEST ...

Dienstag, August 15, 2006

Amerika den (Pent)Angelsachsen!

Night Hunter (Avenging Force)
USA 1986
Regie: Sam Firstenberg, Drehbuch: James Booth, Musik: George S. Clinton, Kamera: Gideon Porath, Schnitt: Michael J. Duthie
Darsteller: Michael Dudikoff (Matt Hunter), Steve James (Larry Richards), James Booth (Adm. Brown), John P. Ryan (Elliot Glastenbury), William Wallace (Wade Delaney), Marc Alamo (Lavall)

Synopsis: Der hoch begabte Secret-Service-Agent Matt Hunter quittierte seinen Dienst, nachdem seine Eltern bei einem auf ihn gerichteten Attentat umkamen. Eine tiefe Freundschaft verbindet ihn mit dem angehenden Senator Larry Richards, der jedoch durch seine politischen Aktivitäten und seine schwarze Hautfarbe den Zorn einiger rechtsnationaler Industrieller und Politiker auf sich gezogen hat, die in einer Geheimorganisation namens Pentangle organisiert sind. Aber Pentangle frönt noch einem weiteren Hobby: Feinde der Organisation müssen sich in den Bayous New Orleans’ in einem Kampf auf Leben und Tod gegen die Führungsriege behaupten. Matt Hunter ist für dieses Menschenjagdspiel ein hervorragendes Zielobjekt.

FUNKHUNDD: NIGHT HUNTER ist für mich einer der besten kleineren Actionfilme, die die Cannon in der zweiten Hälfte der Achtziger produziert hat und gleichzeitig der mit Abstand stärkste Auftritt des AMERICAN FIGHTERs und B-Mimen Michael Dudikoff.

DER AUSSENSEITER: Was deine Bewertung des Films angeht, bin ich nicht ganz deiner Ansicht. NIGHT HUNTER hätte in vielen Belangen besser werden können, doch allein die Story und ihr Verlauf wiegen nicht nur vieles auf, sondern lassen den Film schon zu etwas Einzigartigem werden.

FH: Regie führte Sam Firstenberg, der „Mann für alle Fälle“ der Cannon. Der polnischstämmige Shmulik Firstenberj arbeitete in den Siebzigern als Regieassistent an einer ganzen Reihe israelischer Produktionen der Clique um Menahem Golan, Yoram Globus und Boaz Davidson, drehte 1983 seinen ersten Spielfilm und debütierte im selben Jahr bei der Cannon mit DIE RÜCKKEHR DER NINJA. In den nächsten Jahren war er auf die Ninjafilme der Cannon festgelegt, von Ausflügen zum Breakdancefilm (BREAKIN’ 2) mal abgesehen. Später drehte er dann Direct-to-Video-Schlock wie CYBORG COP, AMERICAN SAMURAI oder DELTA FORCE 3. Zu Beginn des Jahrtausends verläuft sich seine Spur unter anderem mit Low-Budget-Horrorproduktionen wie SPIDERS 2 und einer Rückkehr zur Regieassistenz bei Tobe Hoopers CROCODILE.

A: Geistiger Vater von NIGHT HUNTER ist aber ein anderer: Offensichtlich dachte sich der Schauspieler und Drehbuchautor James Booth, der auf die Rolle des Bösewichts abonniert war und hier den zwielichtigen Secret-Service-Chef spielt, die Gegner mal aus einem anderen Lager kommen zu lassen. Und so haben wir es nicht mit Kommunisten, Terroristen oder anderem üblichen Kroppzeug zu tun, nein, es ist die reiche, mächtige und intellektuelle weiße Elite, das Herzstück Amerikas.

FH: Richtig, und da sind wir dann schon bei den Stärken des Films. Mit den Neonazis von Pentangle steht ein Schurkenquartett (das fünfte Mitglied bleibt bis zum Schluss im Hintergrund verborgen) zur Verfügung, das im Actionfilm der Achtziger zwischen lauter eher linken Umstürzlern oder aber ausländischen Aggressoren eher untypisch ist. Aber auch von den eiskalten Kapitalisten, die gegen Ende der Dekade die Bösewichter stellen, unterscheiden sich diese noch, da ihre Pläne explizit faschistisch und rassistisch sind und nicht einer eher diffusen Geld- und Machtgeilheit geschuldet sind. Beachtet man die Geschichte des Regisseurs, der 1950 in eine jüdische Gemeinde in Polen geboren wurde, verwundert die politische Ausrichtung der Schurken keinesfalls.

A: Und im Hinblick auf so eine systemkritische Story kneife ich gerne mal das ein oder andere Hühnerauge zu. Mit Michael Bubikopf konnte ich noch nie viel anfangen, denn im Zeitalter der hard bodies wirkte er einfach zu rotznasig und sein mangelndes Talent, einen halbwegs überzeugenden Kampfsportler zu geben, tat das Übrige, um ihn für mich schon in Jugendtagen uninteressant zu machen. Was seine Mimik angeht, so bin ich recht unentschlossen, ob er absichtlich so steinern guckt oder dies ebenfalls auf Unfähigkeit zurückzuführen ist. Aber bei der Rezeption des Filmes ist das eher egal, denn es ist genau das, was ihm einigermaßen Glaubwürdigkeit als blutjunger Superagent verleiht. Ganz anders Steve James, auf den mal wieder zutrifft, dass er der Sidekick ist, der mehr Ausstrahlung und schauspielerisches Talent besitzt als der ihm zur Seite gestellte Hauptdarsteller.

FH: Auch wenn ich in meiner Jugend nicht so viel Weitblick hatte wie du und Dudikoff für eine ganz große Nummer hielt: Du hast natürlich Recht, wobei ich Dudikoff hier stärker finde als in den AMERICAN FIGHTER-Filmen. Auch wenn Steve James meist auf den Sidekick Dudikoffs festgelegt war, ist er derjenige, der die beiden als Duo überhaupt funktionieren lässt und die gemeinsamen Filme mit seinem Talent gehörig aufwertet. Leider verstarb der Gute 1993 an Krebs. Er hat aber einen ganzen Batzen schöner Nebenrollenauftritte in tollen Filmen hinterlassen. Zurück zu NIGHT HUNTER: Echtes Profil gewinnt der erst durch die Bösewichter. Die makellosen und ohne größere Kanten gezeichneten Helden weisen allein noch kein über den Standard hinausgehendes Identifikationspotenzial auf, erst durch die zwar übertriebene, gleichzeitig aber sehr greifbare und hassenswerte Bösartigkeit der Schurken entfalten sie ihre Kraft.

A: Die Pentangle-Bruderschaft rekrutiert sich aus der Führungsspitze des Kapitalismus und wird von aufrechten B-Film-Recken gegeben. Allen voran steht als Anführer Glastenbury natürlich der schurkenerprobte John P. Ryan. Ähnlich wie Richard Lynch hat er eine leicht manische Art seine Rollen anzulegen, wurde in den 1990ern jedoch nicht gar so verfeuert. Er gibt seiner Figur etwas sehr Kultiviertes und gestaltet durch seine sonore Theaterstimme eine Symbiose aus britischem Gentleman und Südstaatenaristokrat mit dem typischen französisch-dekadenten Einschlag. Weiterhin hat er, wie anscheinend alle Angehörigen der Pentangle-Bruderschaft, eine Affinität zum Kriegerischen, was sich in seiner eindrucksvollen Sammlung antiker Waffen, insbesondere japanischer, aufzeigt.

FH: Die finden ja dann auch im Endkampf alle nacheinander Verwendung ...

A: Es erscheint für derart erfolgreiche Geschäftsmänner, die ihrer philosophischen Idee vom Übermenschen anhängen, als absolut logische Konsequenz, dass sie sich in einem sadistischen Menschenjagdspiel ihre ultimative Erfüllung holen. Dieses Jagdspiel funktioniert zeitgleich als Rollenspiel, in dem sich die vier in ihren Wunschvorstellungen ausleben können. Lavall trägt eine weiße, konturlose Maske und ein japanisches Schwert, Wallace eine S/M-Maske, Delaney Army-Klamotten und Glastenbury eine japanische Theatermaske, die ihn wie ein mythologisches Tierwesen aussehen lässt. Es sind gebildete Männer – keine reinen Großkapitalisten – die sich selbst als Denker und Philosophen verstehen. Ihre Paradoxie zeigt sich in ihrer kosmopolitischen Kultiviertheit, aber intrusionistischem Denken.

FH: Es ist vor allem dieser ekelhafte Rassenhass und die von Glastenbury praktizierte Geschichtsverdrehung, die so richtig den Hass des Zuschauers auf sich zieht. John P. Ryan lässt mit seinem Haifischmaul und dem entsprechenden Grinsen keine Gelegenheit aus, verbal über die Stränge zu schlagen. Neben den vielfältigen Verunglimpfungen von Larry Richards („Negro Boy“) stellt die Lobrede auf Hitler gegen Ende des Films das uneingeschränkte „Highlight“ seiner Ausfälle dar.

A: … was in der deutschen Synchro völlig unter den Tisch fallengelassen wird.

FH: Kein Wunder. Aber auch seine Mitstreiter sind mit ihrem weißen Übermenschen-Gehabe und ihrer Bigotterie – Wade Delaneys moralische Verkommenheit verbirgt sich publikumswirksam hinter einem perfekten Perlweiß-Lächeln auf dem All-American-Posterboy-Gesicht – bestes Oberschurken-Material. Die Verortung in New Orleans, wo der Rassismus ja auch heute noch feurige Verfechter findet, verleiht dem Film neben der tollen Kulisse einen sehr ernsten Anstrich. Man könnte dem Film zwar vorwerfen, dass er den Alltagsrassismus dadurch verharmlost, dass er comichaft überzogene Nazis zu den Bösen macht und ihnen einen schwarzen Senatskandidaten als Helden gegenüberstellt, der wie ein weißer Mittelklässler lebt, aber das wäre ungerecht. Feststellen muss man diese Tendenz natürlich dennoch, vor allem, weil sie ein wiederkehrendes Element im Kino der Achtziger ist – man denke etwa an ACTION JACKSON.

A: Als Kulisse wird auch ein Dorf der Cajuns in den Sümpfen Louisianas genutzt, was Parallelen zu Walter Hills DIE LETZTEN AMERIKANER aufwirft. In NIGHT HUNTER hat man jedoch das Gefühl, dass auch eine gewisse Vorurteilsbeladenheit mitschwingt, da die Feier der im amerikanischen Kino immer gerne etwas fremdartig dargestellten Trapper nicht nur bedrohlich erscheint, sondern im Zusammenhang mit dem Hurenhaus und der Tatsache, dass Hunters zwölfjährige Schwester dort an den Meistbietenden verscheuert werden soll, etwas Widerliches erhält.

FH: Motivisch knüpft der Film außerdem an die zahlreichen Menschenjagd-Filme an, ein Subgenre, dessen Initialzündung Ernest B. Schoedsacks GRAF ZAROFF, GENIE DES BÖSEN von 1932 war.

A: Das Menschenjagdthema wird in NIGHT HUNTER ja auch regelrecht „hingerotzt“ und ist nur Mittel zum Zweck, die Pentangle-Bruderschaft noch perverser darzustellen. Eine wirkliche Vertiefung erfährt dieser Inhalt, wie auch das meiste andere im Film, nicht.

FH: Auch da pflichte ich dir bei, aber obwohl NIGHT HUNTER im Vergleich mit den vielen Prestige-Produktionen der Cannon eine Nummer kleiner ausfällt und Vieles in Ansätzen stecken bleibt, bietet er immerhin eine beinahe durchgehende 95-minütige tour de force. Die Action wird kaum unterbrochen, die Liste der set pieces reicht von Shootouts über Nahkampfszenen bis hin zur obligatorischen Verfolgungsjagd. Leider weiß Firstenberg jedoch sein geringes Budget nicht immer zu kaschieren: In einer Szene fällt ein deutlich als solcher zu erkennender Dummy vom Dach und schlägt so unglücklich auf, dass es sehr belustigend wirkt, wenn dieser Dummy sich unten angekommen wieder in sein quietschfideles menschliches Äquivalent verwandelt. Und John P. Ryan wird in ca. 80 Prozent seiner Actionszenen gedoubelt, was ebenfalls allzu deutlich ins Auge sticht. Die Kampfszenen sind – wie auch in AMERICAN FIGHTER – von eher minderer Qualität, aber der Film weiß dafür mit recht harscher, ungekünstelter Brutalität zu punkten. Pentangle macht noch nicht einmal vor Kindern halt, was trotz einiger Ausnahmen immer noch einen absoluten Tabubruch im Actionfilm darstellt. Und dass einer der Helden nach der Hälfte des Films über die Klinge springt, finde ich auch recht kompromisslos.

A: Bemerkenswert ist auch die Narration des Filmes, die mit ihren Ellipsen dafür sorgt, dass der Zuschauer immer am Ball bleiben muss. Dass Matt Hunters Eltern bei einem auf ihn gerichteten Anschlag ums Leben gekommen sind, wird relativ zu Beginn in den Raum gestellt, aber erst im Verlauf des Filmes expliziert. Und die Schwierigkeiten, die ein schwarzer Senatskandidat in einem Staat wie Louisiana hat, werden von Larry Richards, nachdem Hunter ihn danach befragt, recht beiläufig mit „Das Übliche“ abgetan. Der enorme Rassenhass, der vonseiten Pentangles herrscht, wird erst bei dem Überfall auf den Mardi Gras deutlich und später noch durch Schmierereien an Richards Haus als bitterer Schlusspunkt gesteigert. Schließlich ist Richards Sohn bei dem Attentat ums Leben gekommen.

FH: Diese Ellipsen sind deshalb so effektiv, weil der Film dadurch einen sehr breiten extradiegetischen Rahmen erhält, der das diegetische Geschehen authentifiziert. Der Film verzichtet auch auf die sonst sehr typischen Überaffirmationen, was vor allem in dem Anschlag in der Mitte des Films auffällt. Wenn da eine Granate in einem besetzten Raum explodiert, kann man sicher sein, dass die Menschen, die sich dort aufhielten, auch tatsächlich tot sind, ohne dass das noch einmal in tränenreichen Szenen bestätigt wird. Da ist der Film sehr nah dran an der Realität.

A: Diese Offenheit findet sich auch am Schluss. Zusammen mit dem ebenso offenen Anfang wird endgültig das Gefühl vermittelt, den mittleren Teil einer Trilogie zu sehen. Das offeriert die wirkliche Stärke im Film, da es klar ist, dass der Kampf noch nicht vorbei ist.

FH: Das Ende hat bei mir wirklich eingeschlagen wie eine Bombe. In der Schlusspointe kommt wieder einmal das hier schon mehrfach angesprochene Achtziger-typische Misstrauen gegenüber den eigenen Staatsorganen zum Tragen, das sich ja eigentlich auch schon in der Zusammensetzung von Pentangle widerspiegelt. Das fehlende fünfte Mitglied von Pentangles Führungsriege ist nämlich – so kombiniert Hunter am Schluss – ein hohes Tier des Secret Service.

A: Interessant auch, dass die Tiraden von Glastenbury über das Ende der Zeit und den Mob, der droht, die Herrschaft an sich zu reißen, ebenso von Fred Williamsons Nick aus VIGILANTE hätte stammen können. Die Verhältnisse sind hier umgedreht, wenn das reaktionärere Verhalten von den Bösewichtern ausgeht, die ja eigentlich eherne Ziele verfolgen und das System unter allen Umständen retten wollen. Dass das unerkannte fünfte Mitglied von Pentangle eventuell der Chef des Secret Service ist, erscheint da nur als logische Folge.

FH: Also ich finde, dass dieser Film im Rahmen seiner Möglichkeiten schon fast als Meisterleistung zu bezeichnen ist und definitiv eine der zu Unrecht vergessenen Perlen des Genres. Da macht das Wiedersehen gleich doppelt Spaß. Und Filme, die in New Orleans spielen, haben bei mir sowieso einen guten Stand.

A: Obwohl das für dieses Genre große Potenzial von NIGHT HUNTER teilweise durch die Regie von Firstenberg verschenkt wird. Aus dieser Story hätte man mehr machen können, doch für harte No-Compromise-Action reicht’s allemal. Mit Sicherheit der beste „Dudikoff“.

Dienstag, August 08, 2006

Lügen haben harte Fäuste


Bloodsport (Bloodsport)
USA 1987
Regie: Newt Arnold, Drehbuch: Christopher Cosby, Mel Friedman, Sheldon Lettich, Music: Michael Bishop, Paul Hertzog, Kamera: David Worth, Schnitt: Carl Kress
Darsteller: Jean-Clauder Van Damme (Frank Dux), Donald Gibb (Ray Jackson), Leah Ayres (Janice Kent), Norman Burton (Helmer), Forest Whitaker (Rawlins), Bolo Yeung (Chong Li)

Synopsis: Der Soldat Frank Dux erlernte als Kind von einem Japaner fernöstliche Kampfkunst. Nun ist Frank bei der US-Armee und sein Meister liegt im Sterben. Es ist Franks großer Wunsch, seinem Lehrer durch die Teilnahme am berüchtigten Kumite in Hongkong den letzten Respekt zu erweisen. Dabei handelt es sich um ein illegales Vollkontakt-Turnier, bei dem die besten Kämpfer der ganzen Welt gegeneinander antreten. Frank muss sich gegen den tödlichen Chong Li durchsetzen und gleichzeitig zwei Agenten in Schach halten, die ihn wieder mit nach Hause nehmen wollen.

DER AUSSENSEITER: Mit BLOODSPORT wollte die Cannon vermutlich eine weitere Kampfsport-Reihe etablieren, nicht unbedingt in dem Sinne, dass Fortsetzungen des Filmes gedreht werden sollten, aber doch schon ähnlich inspirierend wirkend, wie Anfang der 80er die von ihnen ins Leben gerufenen Ninja-Filme. Im Kino war der Film ein Misserfolg, auf Video wurde er einer der größten Hits überhaupt, aber das half dem ins Schlingern geratenen Schiff von Menahem Golan und Yoram Globus auch nicht mehr weiter. Ihre Zeit war vorbei, doch die beiden hatten den Schuss nicht gehört. In wilder Panik versuchte Golan, Projekte umzusetzen, die ihm persönlich am Herzen lagen. KING LEAR, von Jean-Luc Godard dirigiert, oder MACK, THE KNIFE, die Verfilmung der „Dreigroschenoper“, bei der Golan selbst auf dem Regiestuhl Platz nahm. Die Actionfilme der Norris’ und Bronsons zogen jedoch einfach nicht mehr, um solche Träume zu finanzieren.

FUNKHUNDD: Dennoch kommt diesem Film beinahe filmhistorische Bedeutung zu – vielleicht der letzte Cannon-Film, über den man so was sagen kann: Zum einen, weil die Muscles from Brussels hier ihre erste echte Hauptrolle haben, zum anderen, weil er fast ganz allein das Turnierfilm-Subgenre begründete (von den fernöstlichen Vertretern aus den Siebzigern natürlich abgesehen) und unzählige Nachahmer auf den Plan rief. Viele der später gängigen Plotbausteine und Inszenierungsklischees werden hier schon zum Einsatz gebracht. Filme wie AMERICAN SAMURAI, SHOOTFIGHTER etc. variieren dann später nur noch diese Details.

A: Regisseur Newt Arnold kann man wohl als die ewig zweite Geige im Filmgeschäft bezeichnen und das ist keine dümmliche Phrase, sondern der Schluss, zu dem man kommt, wenn man sich seine Filmographie ansieht. Ganze drei Filme hat er als Regisseur verwirklicht, den Rest seiner Karriere hat er als Regieassistent oder Second Unit-Director bei Filmen „gefristet“ wie DER PATE II, FLAMMENDES INFERNO, TOTE TRAGEN KEINE KAROS, DER BLADE RUNNER, LOCK UP – ÜBERLEBEN IST ALLES, oder DER LETZTE ACTIONHELD. Er hat diverse Filme mit Peckinpah und Friedkin gedreht, mit Cameron, Stallone und was weiß ich noch wem. Kurzum, dieser Mann war bis zu seinem Tod im Jahr 2000 einer der beliebtesten Regieassistenten Hollywoods. Arnold dürfte sich während seiner Zeit mit den Großen einiges abgeschaut haben und versucht, das auch gleich mit diesem Kampfsportdrama unter Beweis zu stellen.

FH: „Drama“ ist ein gutes Stichwort: Im Vergleich zu den früheren Filmen der Cannon zeigt sich – typisch für die ausklingenden Achtziger – in BLOODSPORT eine Abkehr von den politisch-propagandistischen Themen hin zum neutralen Kampfsportfilm. Das mag aber auch an der Vorlage für diesen Film gelegen haben. BLOODSPORT ist ein Biopic, dass die angeblich wahre Geschichte des Martial Artists Frank Dux erzählt.

A: Die Figur des Frank Dux wird als von Weisheit und innerer Ruhe durchdrungener Auserwählter präsentiert, ebenso, wie Dux sich auch selbst gerne darstellt. Nachdem ich mich mal bei ein paar Martial-Arts-Foren schlau gemacht habe, lässt sich über ihn wohl sagen, dass er – ähnlich wie Steven Seagal – sein Leben erfunden hat. Es ist nicht wirklich auszumachen, wo er geboren wurde. Er ist vermutlich Kanadier und seine Eltern wanderten in die USA aus.

FH: Was in der Originalfassung des Films nur kurz angedeutet wird, aber in der frankophonen Aussprache seines Namens – etwa „Dooks“ – allgegenwärtig ist. In der deutschen Fassung hingegen fällt dieses Detail ganz unter den Teppich: Dort ruft man ihn die ganze Zeit eindeutig amerikanisch „Ducks“ ...

A: Aufgrund seiner Ninjitsu-Fähigkeiten, die er von Tanaka, einem der letzten Großmeister dieser Kunst, erlernt habe, wurde das amerikanische Militär auf ihn aufmerksam. Da kam er dann in eine spezielle Spezialeinheit des Spezialmilitärs, wo man ihn zu einem der größten Topsoldaten der Menschheitsgeschichte ausgebildet haben soll. Nachdem BLOODSPORT in die Kinos kam, haben sich die Medien mal etwas genauer mit Frankieboy beschäftigt und es stellte sich zunehmend heraus, dass er seine Geschichten nicht beweisen konnte, er sich in immer mehr Widersprüche verwickelte und der Grund, warum er in seinem Dojo Dux-Ryu unterrichtet, darin zu suchen ist, dass er nie den Rang eines Meisters erhalten hat. Deshalb darf er Ninjitsu gar nicht lehren. Das Lügenleben Van Dammes um seine in Europa zahlreich gewonnen Titel und das des Frank Dux’, der von sich das Bild des unbesiegbaren, vom CIA für Spezialaufträge ausgebildeten Superagenten in die Öffentlichkeit gestellt hatte, zeigt auf, dass Gleich und Gleich sich gerne gesellen. Anfänglich noch Freunde, zerbrach diese Freundschaft im Lauf der Jahre.

FH: Und bezeichnend für diese hehren Recken, die allem Weltlichen entsagt haben, war der schnöde Mammon der Grund für diesen Bruch. Naja, immerhin passt es zu diesen überlebensgroßen „Biografien“, dass in BLOODSPORT Werte wie Beharrlichkeit, Mut, Tapferkeit und Siegeswille gefeiert werden – mithin genau jene Tugenden, die gern als „typisch amerikanisch“ apostrophiert werden. Frank Dux ist nicht nur deshalb ein Held, weil er das Kumite gewinnt, sondern weil er es a) für seinen Meister gewinnt, b) vorher ein unbeschriebenes Blatt ist und c) sich einem Ehrenkodex verpflichtet fühlt.

A: Vor allem in dem ersten der drei von dir genannten Punkte zeigt sich die Unglaubwürdigkeit der Geschichte um Frank Dux. Der Rassenhass zwischen Japanern und Chinesen ist viel zu groß – insbesondere noch in den 1970ern, in denen Dux den Kumite-Wettkampf bestritten haben will – als dass es einem japanischem Ninjitsu-Meister wichtig wäre, dass sein Schützling ihn bei einem chinesischem Turnier vertritt. Aber zurück zum Film. Als Dux zu Beginn im Haus seines Meisters einkehrt, nachdem er sich unerlaubt vom Militär entfernt hat, gibt es erstmal eine unerträglich lange Rückblende, die einen fast vergessen lässt, auf welcher Zeitebene der Film eigentlich angesiedelt ist. Hiermit wird nicht nur versucht, der Figur ihren mythologisch aufgeladenen Hintergrund zu verpassen, sondern dem Werk auch noch eine epische Struktur zu verleihen. Diese Rückblende illuminiert den jungen Dux, der unerlaubt bei einem Japaner eindringt und von dessen Sohn verprügelt wird, nicht nur als etwas Besonderes, sondern zeigt ihn später auch noch als Ziehsohn des Japaners. In der narrativen Struktur des Films war diese Rückblende sicher gut gemeint, scheitert aber endgültig an Van Dammes schauspielerischem Unvermögen. Sein Gesichtsausdruck, wenn er andächtig das Ninja-Schwert betrachtet und über die Vergangenheit sinniert, ist an Dämlichkeit kaum zu überbieten und Arnold versäumt es leider völlig, die tote Atmosphäre dieser Szene durch Umgebungsgeräusche aufzufangen.

FH: Schon in diesem ersten Treffen wird Dux’ moralische Reinheit etabliert: Er bricht zwar mit zwei Freunden in das Haus des Japaners ein, fühlt sich aber gar nicht wohl, als diese anfangen, mit besagtem Schwert herumzufuchteln. Als sie die Flucht ergreifen, legt er das Schwert behutsam an seinen Platz, wird in flagranti ertappt und lässt die Strafe demütig über sich ergehen. Der Japaner erkennt sofort Franks innere Reinheit und nimmt ihn unter seine Fittiche. Die folgenden Trainingssequenzen zeigen die zunehmend esoterischer anmutenden Übungen, die schließlich darin gipfeln, dass Frank seinem Meister und dessen Frau in Anlehnung an KRIEG DER STERNE blind Tee serviert. Und wie in allen dieser Filme wird ihm genau das im Endkampf sehr nützlich sein.

A: Abgründig und mystisch wird uns mal wieder Hongkong präsentiert. Wenn Dux und sein vierschrötiger amerikanischer Partner Jackson – wie sollte der Amerikaner auch sonst heißen? – von ihrem chinesischen Führer zu den illegalen Kämpfen und somit in die Unterwelt geführt werden, dürfen dunkle Keller und Schreie aus dubiosen Hinterzimmern auf der Tonspur nicht fehlen. Dabei kann vorher eine Menge Sightseeing Hongkongs abgehandelt werden, was sich noch an zwei anderen Stellen wiederholt: Einmal bei der Verfolgung durch die beiden für den humorvollen Teil zuständigen Agenten, die den fahnenflüchtigen Dux nach Hause bringen sollen, und in einer der gefürchteten 80er Montage-Sequenzen, wenn Dux verzweifelt durch die Irrlichter Hongkongs stolpert, weil sein verblödeter Sidekick vom Oberbösewicht Chong Li ordentlich was an die Glocke bekommen hat.

FH: Der wird gespielt vom damals fast 50-jährigen Bolo Yeung, den man nicht zuletzt aus Bruce Lees DER MANN MIT DER TODESKRALLE kennt. Er sieht ziemlich beeindruckend aus mit seinen Bratpfannen-großen Brustmuskeln. Und natürlich ist er absolut unerbittlich: Das Kumite ist für ihn kein Sport, sondern eine Auseinandersetzung auf Leben und Tod – den Tod der anderen. Und so geht er mit äußerst übertriebener Härte gegen seine Gegner vor. Als er dem schon am Boden liegenden Jackson den Schädel zertrümmert, um Frank zu provozieren – er überlebt, was Rückschlüsse über die Funktion seines Kopfes zulässt – hat Frank dann auch endlich das nötige persönliche Motiv, um im großen Endkampf alle Kräfte zu mobilisieren.

A: Und in ebendiesem kann „Schohn-Klode“ ihn dann mit gekonnten Balletteinlagen zur Strecke bringen. Krönung der ganzen Sache ist dann, dass es dieses Kumite aller Wahrscheinlichkeit nach nie gegeben hat. Diese Vermutung erscheint, wenn man sich mal ein wenig damit beschäftigt, wie wenig der einzelnen Kampfkünste bzw. ihrer Vertreter vor allem in den vergangenen Jahrhunderten miteinander zu tun haben wollten, absolut plausibel. Angeblich soll es aber schon seit einem Jahrtausend existieren. Auch hier wurde sich bei den Dreharbeiten wieder sehr stark und vermutlich auch gerne auf die Aussagen Dux’ bezogen, von einer „wahren Geschichte“, als die der Film gerne vermarktet wurde, kann also kein Rede sein. Interessant ist das alles deshalb, weil BLOODSPORT ein wunderbares Beispiel für moderne Mythenbildung ist, da von damals Kindern oder Jugendlichen, die den Film gesehen haben, heutzutage das Wissen um solche illegalen Kämpfe nicht aus diversen Quellen stammt, sondern eben aus diesem Film.

FH: Das Kumite ist natürlich der unzweifelhafte Höhepunkt des Films und nimmt breiten Raum ein. Es nehmen so viele verschiedene Kämpfer teil, dass die Turnierstruktur für den Zuschauer zu keinem Zeitpunkt durchsichtig ist. Typisch ist, dass die Zusammensetzung des Turniers eher dem Aspekt der Vielfalt geschuldet ist als dem der Qualität: Warum ausgerechnet Jackson, ein fetter prolliger Amerikaner mit Vollbart, Schielauge, Harley-Davidson-T-Shirt und -Stirnband sowie an der Handfläche festgewachsener Bierdose, der durch seine Respektlosigkeit gegenüber den Einheimischen und allen anderen Teilnehmern und seine chauvinistische Gesinnung auffällt, an diesem Turnier teilnehmen darf, bleibt ein Rätsel. Der kann nun wirklich kein bisschen kämpfen und ist ein reiner Kraftprotz. Aber er ist eben die obligatorische „ehrliche Haut“, der gutmütige Koloss, der hinter der rauen Schale ein gutes Herz verbirgt. So einer darf da einfach nicht fehlen.

A: Genauso wenig wie das love interest. Die Klunte – ich halte dieses weibliche Etwas, dass durch den Film stolpert und sich als Aufdecker-Journalistin feiert, nicht mal für würdig, ihren Namen zu erwähnen – sieht aus wie eine schlecht operierte Transe und wird im Abschlusskampf in ihren ungünstigsten Szenen eingefangen.

FH: Unfassbar naiv auch die Darstellung ihres Berufsstandes: Sie will über das Kumite berichten, stellt dann in Hongkong aber fest, dass sie keinen Zugang dazu erhält. So verballert sie untätig die Spesen ihres Auftraggebers, bis sie Frank um den kleinen Finger wickelt und so endlich zu ihrer Story kommt.

A: Wenn wir noch mal auf den starken Einfluss kommen, den BLOODSPORT sowohl in seiner Kreierung um falsches Wissen in der Kampfsportszene hatte, als auch auf den Kampfsportfilm generell, dann darf noch ein dritter Punkt nicht fehlen: die Beeinflussung der Computerspiele. Sobald die Kämpfe beginnen, hat man das Gefühl, eine Münze wurde eingeworfen. Es fehlt nur noch eine dunkel-versoffene Stimme, die ein „ROUND ONE – FIGHT“ grölt. Das wird durch die technoide Musik von Paul Hertzog noch unterstützt, die sich bei weiterem Voranschreiten der Technik in den 1990ern so oder ähnlich auch in jedem zweiten Computer-Kampfsportspiel finden lässt.

FH: Auch der Anfang, wo einem die ganzen Kämpfer vorgestellt werden, erinnert sehr an ein Computerspiel-Intro. Und offensichtlich haben die Macher diese Parallelen durchaus auch gesehen, jedenfalls gibt es da diese Szene, in der Dux und Jackson zusammen in einer Spielhalle ein altes Karatespiel zocken ...

A: … das ich damals auch aufm C64 hatte.

FH: Ich auch, „International Karate“ ...

A: Da erkennt man die Reziprozität moderner Medien. Das Spiel beeinflusst den Film, dieser wiederum das Spiel usw.

FH: Ansonsten müht sich der Film redlich, seinen Star ins rechte Licht zu rücken. Jean-Claude Van Damme erhält ausgiebig Raum, seine Kunststückchen zu präsentieren. Einen Großteil des Filmes verbringt er demzufolge im Spagat.


A: Seine Ballettausbildung kommt ihm da mehr zugute, als seine bescheidenen Martial-Arts-Fähigkeiten. Bei aller Meckerei muss ich aber mal loswerden, dass der Film mich bei dieser Betrachtung ordentlich weggeblasen hat. Ich habe schon lange nichts mehr gesehen, was so unverhohlen raushängen lassen muss, dass es in den 80ern produziert wurde und dabei so billig und doch funktionierend erscheint. Die Kämpfe haben mich ordentlich mitgerissen.

FH: Jaja, die 80er. Die Macher hatten wahrscheinlich nicht nur das zu geringe Budget im Sinn, als sie beschlossen, das von Frank Dux auf die 70er datierte Kumite einfach in die 80er zu verlegen. Abschließend möchte ich noch anmerken, dass diese tumben Kickbox- und Karate-Filme mich in ihrer grenzenlosen Naivität fast zu Tränen rühren. Das hat sowohl etwas mit der inszenatorischen und erzählerischen Grobschlächtigkeit zu tun, als auch mit dieser dargestellten Kampfsportler-Ehre. Wer klar bei Verstand ist, weiß, dass Van Damme mitnichten ein edler, selbstloser Recke ist, sondern ein koksender Prolet, der nach dem Fitnesstraining direkt ins Solarium tapert und danach erstmal mit dem Porsche zum Bahnhof fährt, um neuen Stoff und Pornos zu verhaften. Die großen Gefühle, die in jeder Szene behauptet werden, stellen sich einfach nicht ein, wenn man die Mechanismen erst einmal durchschaut hat und sich nicht vom ganzen Schabernack blenden lässt.

A: Das lässt sich aber nur bedingt verallgemeinern, denn mein Großvater hat mal bei Betrachtung des Films im Endkampf im gleichen Moment wie Van Damme das Bein gereckt und ist ordentlich gegen die Tischkante gestoßen.

FH: Haha, ein echter Fighter also ... Dennoch, ich bleibe dabei: Es liegt etwas ungemein Tragisches in dieser Unfähigkeit, den eigenen Emotionen Ausdruck zu verleihen und in dem Glauben, durch einen gezielten Hieb vor die Schnauze des Opponenten Ruhm und Ehre zu erlangen. Großes Kino, wie Schein und Sein da immer mehrere Meter aneinander vorbeisegeln ...