Kampf der Asozialen
Todesschwadron (Deadly Force)
USA 1983
Regie: Paul Aaron, Drehbuch: Ken Barnett, Robert Vincent O’Neill, Barry Schneider, Kamera: John Kranhouse, Norman Leigh, Musik: Gary S. Scott
Darsteller: Wings Hauser (Stoney Cooper), Joyce Ingalls (Eddie Cooper), Paul Shenar (Joshua Adams), Al Ruscio (Sam Goodwin), Arlen Dean Snyder (Ashley Maynard), Lincoln Kilpatrick (Otto Hoxley)
Synopsis: Der ehemalige Polizist des LAPD und jetzige New Yorker, Stoney Cooper, wird von einem Freund Sam an seine alte Wirkungsstätte gerufen. Dort treibt ein Serienmörder sein Unwesen, auf dessen Konto auch der Tod von Sams Tochter geht. Cooper, der sich als bewaffneter Problemlöser seinen Unterhalt verdient, reist sofort an die Westküste, wo er auch gleich Kontakt zu seiner Exfrau Eddie aufnimmt. Eddie ist aber nicht die einzige, die Stoneys Rückkehr mit gemischten Gefühlen entgegensieht: Sowohl Polizei als auch Mafia sind wenig begeistert davon, dass der unbequeme Kerl sich auf ihrem Territorium herumtreibt ...
FUNKHUNDD: Vorhang auf für Wings Hauser, einen der meistbeschäftigten B-Action-Film-Helden der Achtziger. Sein expressives Gesicht mit den markanten Zügen prädestinierte ihn für die etwas zwiespältigen Charaktere – seine Filmografie wird von vereinzelten Schurkenrollen aufgelockert – und einen solchen spielt er auch im vorliegenden Film. TODESSCHWADRON ist leider nicht gerade eine filmische Sternstunde und noch nicht einmal ein kleiner Klassiker: Er bewegt sich inszenatorisch und dramaturgisch auf dem Niveau einer Serienepisode und grast wirklich sämtliche Klischees und Versatzstücke ab, die das Cop-Genre zu bieten hat. Innerhalb unseres Serienkiller-Blocks bringt TODESSCHWADRON zudem nur wenige Erkenntnisse, weil er sein Thema lediglich als sensationsheischenden Aufhänger benutzt und sehr oberflächlich abhandelt.
DER AUSSENSEITER: Eigentlich sollte der Film ja innerhalb einer noch folgenden Wings-Hauser-Reihe besprochen werden, doch als Funk und ich uns über Actionfilme mit Serienkillerbezug Gedanken gemacht hatten, fiel mir sofort dieser Streifen ein, da er ein herrliches Beispiel dafür ist, wie das Genre die Serienkillerthematik aufs äußerste instrumentalisieren kann, ohne auch nur noch im Entferntesten etwas mit den Grundelementen zu tun zu haben. Mit anderen Worten: TODESSCHWADRON ist so scheiße zum Quadrat, dass er schon wieder unterhaltsam wird. Das Drehbuch lässt auch nicht eine stereotype Situation des Cop-Genres aus und bietet Wings Hauser die Möglichkeit, eine nahezu unerträglich-amüsante One-Man-Show abzuliefern. Der Serienkiller, der, wie uns der Verleih und die Werbung glauben machen wollen, Los Angeles terrorisiert und die angebliche Hauptstory darstellt, ist nur ein reiner Aufhänger, um eine der üblichen Einzelgänger-Storys abzuspulen.
STEFAN: Die Instrumentalisierung des Serienmörders ist in TODESSCHWADRON nicht neu – es ist sogar eher so, dass dieser Tätertypus bereits bei seinem ersten Auftauchen im Kino „missbraucht“ wurde. Natürlich dient er als Schauerfigur und als Figur, die das neue Unbehagen an der Moderne symboliliert. Insofern ist er als Zugabe zu Filmen wie Paul Lenis DAS WACHSFIGURENKABINETT (1924), Pabsts DIE BÜCHSE DER PANDORA (1929) oder Hitchcocks DER MIETER (1927) ein Statthalter für jene neue Bedrohung, die so fern ab des erhabenen Schauers der Gothic Novel viel realer für seine Zuschauer ist. Aber auch als „narrativer Kitt“ ist der Serienmörder, der damit ja zu einer Art Schnittstellen-Figur zwischen den Epochen und Ästhetiken wird – immer wieder herangezogen worden. Das fängt bei Robert Siodmaks PIÈGES (1939) an – quasi ein Episodenfilm, in dem eine Tänzerin als verdeckte Polizeiermittlerin einen Frauenmörder sucht und auf ihrem Weg allerlei kleine und große Gaunereien aufdeckt (und schließlich Maurice Chevalier heiratet). Wäre nicht der Frauenmörder, der dem Film sein Thema (immer wieder) vorgibt, zerfiele PIÈGES in eine Hand voll Kurzfilme. Am Ende dieser Entwicklung stehen dann solche Filme wie TODESSCHWADRON. Eigentlich ein Polizeifilm, dient der Serienmörder hier nicht nur als Anreiz der Aktion für die verschiedenen Figuren – und als Kondensationspunkt ihrer Konflikte miteinander, er ist nicht einmal jener Tätertyp, nach dem die ganze Zeit gesucht wird. Denn obwohl der Film wirklich einigermaßen stupide daherkommt, kann man an ihm dennoch sehr schön die Thematisierung der Serienmörder-Instrumentalisierung unterstellen. Wie konsequent das ist, wenn sich am Ende herausstellt, dass der Täter kein sexual-pathologisches Motiv hat! Er hat ja nicht einmal eine Handschrift und einen Modus operandi. Er muss in seine Opfer – die Männer und Frauen sind, die erschossen, erstochen oder einfach aus dem Fenster geworfen werden – sogar ein „x“ ritzen, damit die Polizei überhaupt auf die Idee eines Zusammenhangs kommt. Dass der Serienmord hier also nur als sog. Verdeckungstat für einen von langer Hand geplanten Rachefeldzug dient, ist eine pointierte Umkehrung des Normalfalles (wenn man sich einmal anschaut, was die HENRY-Figur nur wenige Jahre später in John McNaughtons gleichnamigem Film für einen Aufwand betreibt, um genau das Gegenteil zu erreichen).
FH: Diesen Aufwand betreibt der Film bei der Zeichnung des Killers jedoch zu keiner Sekunde und es wird doch sehr augenfällig, dass der Gegenstand des Interesses hier (und eigentlich im gesamten Genre des Cop-Films) der Polizist – bzw. in diesem Fall der Ex-Polizist – Stoney Cooper ist. Dass es sich beim vermeintlichen Bösewicht um einen Serienkiller handelt, wird lediglich behauptet, aber kaum durch Bilder gestützt. Wenn er die Protagonisten beschattet und Augenzeugen um die Ecke bringt, um seine Spuren zu verwischen, dann hat das mit dem von inneren, unkontrollierbaren Zwängen bestimmten Serienkillerdasein rein gar nichts zu tun, sondern kommt eher einer ziemlich ungeschickten Diffamierung des eigentlichen Aufhängers von TODESSCHWADRON gleich. Der aus der Handlung heraus kaum motivierte Auftritt von Paul Shenar als Selbstfindungsguru Joshua Adams zerstört den kläglichen Rest von Spannung, weil man ihn nach dessen Rolle in Brian De Palmas SCARFACE sofort als eigentlichen Schurken des Films zu enttarnen weiß.
A: Ich bin damals bei erstmaliger Betrachtung voll darauf reingefallen, da ich Shenar nicht zuordnen konnte. Übrigens ein Top-Schauspieler, der leider viel zu früh an Aids verstorben ist. Doch um mal den Faden der von Stefan so schön erwähnten Beispiele aufzunehmen, ist das Bemerkenswerte an TODESSCHWADRON gerade seine absolut plagiierende Hülle. Geradezu dreist bedienen sich die Drehbuchautoren bei der gesamten Filmgeschichte und schaffen es nicht die einzelnen, losen Stationen, die Stoney Coopers Unschlagbarkeit illustrieren sollen, tatsächlich zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzufügen. Barnett, O’Neill und Schneider waren, ähnlich wie Regisseur Paul Aaron, größtenteils fürs Fernsehen tätig und das sieht man auf allen Ebenen. Die Repetition der immer gleichen Genre-Mechanismen ist es somit, die einen gewissen Reiz bei Betrachtung des Filmes auslöst. Man muss sich über nichts mehr Gedanken machen und schaut einfach nur noch drauf. Doch dieses Draufschauen erleichtert uns den Blick auf das Eigentliche. Abseits von fehlgeschlagener Narration und Dramaturgie sehen wir den Versuch, die Einzelgänger-Figur der 1970er Filthy-Cop-Movies in das neue Jahrzehnt zu implementieren und man macht aus ihm eine Art pubertären, superindividualistischen Alleskönner, dessen Unfähigkeit, innerhalb der gesellschaftlichen Konventionen zu funktionieren, unfreiwillig selbstparodistisch auf die Spitze getrieben wird. Was bei DIRTY HARRY noch interpretiert werden muss, ist bei Stoney Cooper, von Hauser treffend verkörpert, offensichtlich: Er ist ein absoluter Soziopath.
STEFAN: Übrigens ein wie ich finde wichtiges Detail, was Funky hier anspricht: Die Rollenerwartung des Zuschauers bei bestimmten Besetzungen. Mir war Paul Shenar nicht als Filmbösewicht präsent (obwohl ich SCARFACE natürlich kenne), aber dass die Produzenten von TODESSCHWADRON auch dieses Register ziehen würden, um den recht langweiligen und – ich sage mal – nicht aus sich selbst heraus motivierten Serienmörderfilm-Plot in die Gänge zu bringen, ist überaus konsequent. Da gibt es Vorgänger, die das ganz ähnlich gemacht haben, um Zuschauererwartungen an Figuren durch deren Besetzung zu erzeugen (die Besetzungsorgien von George Sanders in Serienmörderfilmen der 40er und 50er Jahre) oder zu unterlaufen (Karlheinz Böhm in AUGEN DER ANGST). In TODESSCHWADRON ergänzt sich diese „Erwartungserwartung“ der Produzenten mit einigen formalästhetischen und diskursiven Strategien, die den Zuschauer auf jeden Fall im Glauben lassen sollen, einen Serienmörderfilm zu sehen (auch oder erst recht, weil er keiner ist). Dazu gehört auch eine recht subtile Inszenierung von Authentizität, die aus sicherlich unabsichtlich, aber überaus häufig sichtbaren Mikrofonen und Mikrogalgen am oberen Bildrand besteht (normalerweise werden solche Fehler beim Beschneiden des Films auf das Kinoformat entfernt – in der 4:3-Fernsehfassung sind sie jedoch alle enthalten und müssen aus filmwissenschaftlicher Perspektive berücksichtigt werden). Diese wären mir nicht so deutlich in den Sinn geraten, wenn es nicht die eine Szene gegeben hätte, die genauso intensiv auf die Anwesenheit des kinematografischen Apparates hingewiesen hätte: Nachdem die Polizei ein neues Opfer des „X-Mörders“ gefunden hat, sieht man wie der Assistent von Hoxley durch eine Meute Presseleute auf die Kamera zuläuft. Der Zuschauer wähnt sich in einer neutralen Perspektive, doch als er das Objektiv bzw. „unseren Blick“ plötzlich packt und zur Seite stößt, merken wir zum einen, dass wir in der „Subjektive“ einer am Set anwesenden Fernsehkamera waren, zum anderen werden wir damit recht unsanft aus unserer verborgenen Beobachterperspektive gerissen. Ich will nicht behaupten, dass TODESSCHWADRON mit dieser Szene irgendeine tiefere, vielleicht sogar selbstreflexive Absicht verbindet – dazu hat der Film ansonsten zu wenige solcher Intellektualismen zu bieten. Ich sehe darin aber eine deutliche Wiederaufnahme ganz ähnlicher Strategien der „medialen Demedialisierung“ (Jan Berg), wie sie sich in der gesamten Geschichte des Serienmörderfilms finden.
FH: Der Serienmord und der Voyeurismus hängen wohl relativ eng zusammen: beim Täter selbst, der seinem Opfer beim Sterben zusieht – auf die Spitze getrieben im schon erwähnten AUGEN DER ANGST, in dem sich Serienmörder Karlheinz Böhm ja gleich in zweifacher Hinsicht zum Regisseur aufschwingt –, aber eben auch in der Rolle der schockiert (und neugierig) teilnehmenden Bevölkerung. Wir haben ja beim letzten Film, EIN MANN WIE DYNAMIT, schon darauf hingewiesen, wie der Serienmörder dazu instrumentalisiert wurde, das Volk gewissermaßen in einen permanenten Zustand der Wachsamkeit und der latenten Panik zu versetzen. Das funktioniert deshalb so gut, weil der Serienmord eben keinen Unterschied macht, potenziell jeden treffen kann und das Muster, nach dem er vorgeht, nur schwer zu durchschauen ist. Der medial aufbereitete Serienmord hat eine ähnliche Wirkung und Funktion wie die öffentliche Hinrichtung: Er ist gleichzeitig Mahnung, aber auch und vor allem Zeichen der Macht. Diese Macht ist, glaube ich, entscheidend: Der Serienmörder ist Schurke und Held in einem, was sich viele Serienmörderfilme auf geniale Weise zu Eigen machen, man denke etwa an die Hannibal-Lecter-Reihe. Darin liegt aber auch das Problem dieser speziellen Konstellation für unser Genre: Ein Actionfilm kann schwerlich zwei Helden auf entgegen gesetzten Seiten haben. TODESSCHWADRON weiß auf dieses Problem nur eine Antwort: Der Killer darf als handelnde Figur nicht bzw. kaum vorkommen. Wir sehen ihn nur ein paar Mal – ein großer Unterschied zu den beiden vorangegangenen Filmen. Damit gelingt es Aaron zu Beginn noch einigermaßen – unterstützt durch die von Stefan erwähnten Mittel – eine Atmosphäre der Unruhe und Angst abzubilden (wenn auch nicht auf den Zuschauer zu übertragen), wenn dem Zuschauer dann jedoch die Auflösung präsentiert wird, kann er das kaum anders wie als Betrug empfinden, auch wenn die Zeichen – ich sage nur: Shenar – deutlich erkennbar waren. TODESSCHWADRON erzählt im Grunde eine Detektivgeschichte im Rahmen eines Actioners. Damit meine ich, dass die Enttarnung des Killers und seines cleveren Plans eigentlich klassischerweise durch logisches Kombinieren und Ermittlungsgeschick erfolgen müsste. Doch Aaron setzt an die Stelle Sherlock Holmesscher Brillanz die Mittel des Actionfilms. Der Killer offenbart sich selbst und führt Cooper mit einer Verfolgungsjagd zum Ziel. Letzten Endes verrät ihn bezeichnenderweise ein Gesichtsausdruck, den man im Film gar nicht sieht.
A: Die Darstellung und gleichzeitige Thematisierung medialer Strukturen ist im Serienkiller-Film seit jeher ein wichtiges Thema gewesen, nehmen diese Killer doch durch die Medien für den Bürger überhaupt erst Gestalt an. Sie bieten aufgrund ihrer psychischen Disposition ein dankbares Feld für reißerische Berichterstattung und Fehlinformationen, die im Verlauf des vergangenen Jahrhunderts kaum zu einem wirklich tieferen Verständnis für die seelischen Abgründe geführt haben, die der Geist dieser Täter offeriert. Somit geht TODESSCHWADRON einen ähnlichen Weg wie EIN MANN WIE DYNAMIT in einer Dekade, wo eine Ästhetik der Oberflächen die narzisstischen Spiegelungen von Persönlichkeitsdimensionen wiedergab, aber nicht den nativen Moment der Dimension selbst. Dieses Entfremdungsprinzip vom Fühlbaren hin zu einer neuen Synthetik des Menschseins ist ein elementares Grundprinzip für den Verlust seiner Identität in den 1980ern. Thompsons Film ist, nicht zuletzt durch die Musik Robert O. Raglands und den Schnitt von Thompson Sohn Peter, ein minimaler Versuch, diese Ästhetik durch Bild und Ton einzufangen. Aaron versagt hier völlig und somit ist TODESSCHWADRON zwar immer noch ein Vertreter des 80er-Kinos, aber vollkommen roh. Obwohl die Grobkörnigkeit der Bilder und der ungeschönte Blick auf die Neonfassaden Los Angeles’ Authentizität vermitteln, ist der Film im Distanzaufbau in seiner Zeit gefangen. Nicht nur, dass der Killer innerhalb der Diegese kaum zu sehen ist und die Presse in ihrer Berichterstattung von Hoxleys Assistenten López behindert wird indem er die Kamera wegdrückt, nein, auch der Zuschauer im Kino scheint durch die von Stefan erwähnte Aktion vom Geschehen völlig weggedrückt zu werden. Dies macht den Raum frei für Stoney Cooper. Exemplarisch für die Reagan-Ära soll dem Bürger das Abgründige, „das Böse“, nicht zu Nahe kommen und der Held muss entsprechend charakterisiert werden, damit er als Verbrechensbekämpfer glaubwürdig erscheint. Und genau hier atmet der Film noch den Geist der 1970er, denn den Ordnungsmächten ist nichts mehr zutrauen und Stoney ist der von allen Behörden unabhängige Einzelgänger. Das nicht mehr ganz zeitgemäße Auf-die-Spitze-Treiben der Eigenschaften dieses Soziopathen führt schlussendlich dazu, dass die Behauptung, man würde keinen Serienkiller im Film sehen, ad absurdum führt. Der eigentliche Serienkiller ist nämlich Stoney Cooper, der sich durch den Film arbeitet, während er Andere einschüchtert, zusammenschlägt oder tötet und dabei vor keiner asozialen Verhaltensweise zurückschreckt (vgl. "Soziopathie"). Als hätten die Macher doch einen Hauch verstanden, wird uns dies mit dem Monolog Joshua Adams vorgeführt, der Stoney bei dem sadistischen Todesspiel zum Schluss befragt, ob er nicht auch die Erregung kennt, wenn man jemanden tötet und ob er, Stoney, 10, 20, oder vielleicht doch noch viel mehr Menschen getötet hat, als der X-Mörder.
STEFAN: Wo du es gerade schon ansprichst: Vielleicht sollten wir zum Schluss noch mal einen Blick auf Stoney werfen. Es ist ja sehr deutlich, dass der Film fast vollständig um diese Figur herum konzipiert ist. Aber ist das ein „typischer Bulle“ im 80er-Jahre-Actionkino? Ich war ja einigermaßen hin- und hergerissen von der Darstellung Wings Hausers und vor allem von seinem Mut ständig zwischen an Trash grenzende Selbstinszenierung als abgebrühter Actionheld und einer schon beinahe homophilen, dann auch verletzlichen Darstellung (vor allem in Privatsituationen). Als ich den Film vollständig fertig gesehen hatte, war ich zuerst der Meinung, er sei eine Gurke: die inkonsequente Serienmörder-Erzählung, die schlechte Verknüpfung mit dem Cop-Film-Sujet und die ziemlich blassen Figuren. Dann wurde er beim Nachdenken jedoch „größer“, was vor allem an Stoney Cooper lag. Man denke da an die unglaublich skurrile Szene, als er den Mafia-Boss besucht, der gerade mit einer Frau im Bett liegt: Er pennt, sie schaut einen Lesben-Porno und Cooper versucht sich da reinzubringen, indem er mit dem halb Schlafenden einen überaus witzig inszenierten Dialog und hinterher noch einen kleinen Diskurs über Sexualität und Pornografie mit der Frau führt. Oder jene Szene, als Cooper es aus mir unerfindlichen Gründen schafft, seine Exfrau wieder zu sich ins Bett zu bekommen (allein, indem er sich da reinlegt, und schlafend auf ihre Rückkehr nach Hause wartet – was sie dann auch gleich als Aufforderung richtig interpretiert). Da gibt es eine Draufsicht auf das liebende Paar, die wohl einen der besten männlichen ass-shots des 80er-Actionfilms liefern dürfte. Getoppt wird der nur noch durch den Überfall in der Badewanne, wo man Cooper, der unter Beschuss eines Heckenschützen steht, nackt durch die Wohnung hechten sieht. (Es ging das Gerücht, dass Wings Hauser sein bestes Teil hier mit einer Socke verdeckt haben soll. Detailanalysen meinerseit haben ergeben: Es müsste schon eine ziemlich kleine Socke gewesen sein. :-D ). Was also ist Stoney Cooper für ein Held, der sich so derart die Blöße gibt?
FH: Ich versuche mal eine Antwort: In der Zeichnung und Besetzung Coopers ist TODESSCHWADRON zwar unverkennbar reinster Achtziger-Trash, doch so viel die Figur auch mit anderen Actionhelden gemein hat – Cooper erscheint als eine Mischung aus einem in der Gosse aufgewachsenen Harry Callahan und dem A-Team in Personalunion – so sehr unterscheidet er sich in anderen Elementen von diesen: Man denke nur an seine Klaviereinlage gleich zu Anfang des Films, mit der er geschickt sentimentalisiert wird. Die Publikumsanbindung soll vor allem dadurch erreicht werden, dass Cooper konsequent als Loser und damit als „einer von uns“ gezeichnet wird – das wird ganz deutlich als er mit dem verzweifelten Attentäter zu Beginn (einem gehörnten Ehemann, der dem Beschläfer seiner Frau – seinem Chef – einen explosiven Denkzettel verpassen will) einen Deal aushandelt und ihm einen Teil seiner Bezahlung zukommen lässt. Die von Stefan sehr schön geschilderten Demütigungen durch die Inszenierung finden ihre Fortsetzung in der Gängelei durch die Ex-Kollegen, die Mafia und die eigene Noch-Ehefrau. Doch Cooper lässt sich einfach nicht unterkriegen, verfolgt seine Ziele nur umso bissiger. Solche Typen sind uns einfach sympathisch, auch wenn sie gleichzeitig Charakterzüge an den Tag legen, die kaum akzeptabel sind. Die Unbelehrbarkeit etwa, mit der er seiner Frau nachsteigt, erinnert an einen Stalker: Man stelle sich vor, wie Cooper uns in diesen Szenen erschiene, wäre der Film aus der Perspektive seiner Frau erzählt. Dass die Verhaltensweisen seines Protagonisten sich nicht gegen den Film richten, liegt einzig und allein an der Bagatellisierung aller Handlungen Coopers: Die Frau ändert ihre Meinung sehr schnell zugunsten Coopers, die Gängelei der Informanten dient letztlich einem gerechten Ziel und die auf das Gesetzbuch beharrenden Polizisten sind uns aus zahlreichen anderen Filmen schon als die lahmen Bürokratenärsche bekannt, die jedem Ermittlungserfolg im Weg stehen. Aber dass Hauser ein massiv psychopathisches Potenzial in sich trägt, haben auch andere erkannt: In dem 1989 entstandenen Slasherfilm THE CARPENTER spielt nämlich Hauser selbst den Killer.
A: Genau das faszinierte mich immer an ihm. Dieser Hang zum Irrsinn. 1982 sollte der von Variety als „Jack Nicholson des C-Films“ bezeichnete Hauser nämlich seine erste größere Rolle spielen, die ihm zu Bekanntheit verhalf. In NACHTRATTEN gab er den misogynen Zuhälter Ramrod, mit schrecklich großem Cobwboy-Hut und Schlangenlederstiefeln, der einen zurechtgebogenen Drahtkleiderbügel in die ihm nicht gehorchenden Prostituierten einführt. Direkt im Anschluss kam TODESSCHWADRON, in DIE BLUTSPUR DES SATANS ist er ein Teufelspriester und mit CLINT HARRIS – MIT DEM RÜCKEN ZUR WAND hat er mit seiner schizoiden Ausstrahlung das Actiongenre bereichert. Ein Darsteller, dem wir uns bestimmt noch widmen werden.
USA 1983
Regie: Paul Aaron, Drehbuch: Ken Barnett, Robert Vincent O’Neill, Barry Schneider, Kamera: John Kranhouse, Norman Leigh, Musik: Gary S. Scott
Darsteller: Wings Hauser (Stoney Cooper), Joyce Ingalls (Eddie Cooper), Paul Shenar (Joshua Adams), Al Ruscio (Sam Goodwin), Arlen Dean Snyder (Ashley Maynard), Lincoln Kilpatrick (Otto Hoxley)
Synopsis: Der ehemalige Polizist des LAPD und jetzige New Yorker, Stoney Cooper, wird von einem Freund Sam an seine alte Wirkungsstätte gerufen. Dort treibt ein Serienmörder sein Unwesen, auf dessen Konto auch der Tod von Sams Tochter geht. Cooper, der sich als bewaffneter Problemlöser seinen Unterhalt verdient, reist sofort an die Westküste, wo er auch gleich Kontakt zu seiner Exfrau Eddie aufnimmt. Eddie ist aber nicht die einzige, die Stoneys Rückkehr mit gemischten Gefühlen entgegensieht: Sowohl Polizei als auch Mafia sind wenig begeistert davon, dass der unbequeme Kerl sich auf ihrem Territorium herumtreibt ...
FUNKHUNDD: Vorhang auf für Wings Hauser, einen der meistbeschäftigten B-Action-Film-Helden der Achtziger. Sein expressives Gesicht mit den markanten Zügen prädestinierte ihn für die etwas zwiespältigen Charaktere – seine Filmografie wird von vereinzelten Schurkenrollen aufgelockert – und einen solchen spielt er auch im vorliegenden Film. TODESSCHWADRON ist leider nicht gerade eine filmische Sternstunde und noch nicht einmal ein kleiner Klassiker: Er bewegt sich inszenatorisch und dramaturgisch auf dem Niveau einer Serienepisode und grast wirklich sämtliche Klischees und Versatzstücke ab, die das Cop-Genre zu bieten hat. Innerhalb unseres Serienkiller-Blocks bringt TODESSCHWADRON zudem nur wenige Erkenntnisse, weil er sein Thema lediglich als sensationsheischenden Aufhänger benutzt und sehr oberflächlich abhandelt.
DER AUSSENSEITER: Eigentlich sollte der Film ja innerhalb einer noch folgenden Wings-Hauser-Reihe besprochen werden, doch als Funk und ich uns über Actionfilme mit Serienkillerbezug Gedanken gemacht hatten, fiel mir sofort dieser Streifen ein, da er ein herrliches Beispiel dafür ist, wie das Genre die Serienkillerthematik aufs äußerste instrumentalisieren kann, ohne auch nur noch im Entferntesten etwas mit den Grundelementen zu tun zu haben. Mit anderen Worten: TODESSCHWADRON ist so scheiße zum Quadrat, dass er schon wieder unterhaltsam wird. Das Drehbuch lässt auch nicht eine stereotype Situation des Cop-Genres aus und bietet Wings Hauser die Möglichkeit, eine nahezu unerträglich-amüsante One-Man-Show abzuliefern. Der Serienkiller, der, wie uns der Verleih und die Werbung glauben machen wollen, Los Angeles terrorisiert und die angebliche Hauptstory darstellt, ist nur ein reiner Aufhänger, um eine der üblichen Einzelgänger-Storys abzuspulen.
STEFAN: Die Instrumentalisierung des Serienmörders ist in TODESSCHWADRON nicht neu – es ist sogar eher so, dass dieser Tätertypus bereits bei seinem ersten Auftauchen im Kino „missbraucht“ wurde. Natürlich dient er als Schauerfigur und als Figur, die das neue Unbehagen an der Moderne symboliliert. Insofern ist er als Zugabe zu Filmen wie Paul Lenis DAS WACHSFIGURENKABINETT (1924), Pabsts DIE BÜCHSE DER PANDORA (1929) oder Hitchcocks DER MIETER (1927) ein Statthalter für jene neue Bedrohung, die so fern ab des erhabenen Schauers der Gothic Novel viel realer für seine Zuschauer ist. Aber auch als „narrativer Kitt“ ist der Serienmörder, der damit ja zu einer Art Schnittstellen-Figur zwischen den Epochen und Ästhetiken wird – immer wieder herangezogen worden. Das fängt bei Robert Siodmaks PIÈGES (1939) an – quasi ein Episodenfilm, in dem eine Tänzerin als verdeckte Polizeiermittlerin einen Frauenmörder sucht und auf ihrem Weg allerlei kleine und große Gaunereien aufdeckt (und schließlich Maurice Chevalier heiratet). Wäre nicht der Frauenmörder, der dem Film sein Thema (immer wieder) vorgibt, zerfiele PIÈGES in eine Hand voll Kurzfilme. Am Ende dieser Entwicklung stehen dann solche Filme wie TODESSCHWADRON. Eigentlich ein Polizeifilm, dient der Serienmörder hier nicht nur als Anreiz der Aktion für die verschiedenen Figuren – und als Kondensationspunkt ihrer Konflikte miteinander, er ist nicht einmal jener Tätertyp, nach dem die ganze Zeit gesucht wird. Denn obwohl der Film wirklich einigermaßen stupide daherkommt, kann man an ihm dennoch sehr schön die Thematisierung der Serienmörder-Instrumentalisierung unterstellen. Wie konsequent das ist, wenn sich am Ende herausstellt, dass der Täter kein sexual-pathologisches Motiv hat! Er hat ja nicht einmal eine Handschrift und einen Modus operandi. Er muss in seine Opfer – die Männer und Frauen sind, die erschossen, erstochen oder einfach aus dem Fenster geworfen werden – sogar ein „x“ ritzen, damit die Polizei überhaupt auf die Idee eines Zusammenhangs kommt. Dass der Serienmord hier also nur als sog. Verdeckungstat für einen von langer Hand geplanten Rachefeldzug dient, ist eine pointierte Umkehrung des Normalfalles (wenn man sich einmal anschaut, was die HENRY-Figur nur wenige Jahre später in John McNaughtons gleichnamigem Film für einen Aufwand betreibt, um genau das Gegenteil zu erreichen).
FH: Diesen Aufwand betreibt der Film bei der Zeichnung des Killers jedoch zu keiner Sekunde und es wird doch sehr augenfällig, dass der Gegenstand des Interesses hier (und eigentlich im gesamten Genre des Cop-Films) der Polizist – bzw. in diesem Fall der Ex-Polizist – Stoney Cooper ist. Dass es sich beim vermeintlichen Bösewicht um einen Serienkiller handelt, wird lediglich behauptet, aber kaum durch Bilder gestützt. Wenn er die Protagonisten beschattet und Augenzeugen um die Ecke bringt, um seine Spuren zu verwischen, dann hat das mit dem von inneren, unkontrollierbaren Zwängen bestimmten Serienkillerdasein rein gar nichts zu tun, sondern kommt eher einer ziemlich ungeschickten Diffamierung des eigentlichen Aufhängers von TODESSCHWADRON gleich. Der aus der Handlung heraus kaum motivierte Auftritt von Paul Shenar als Selbstfindungsguru Joshua Adams zerstört den kläglichen Rest von Spannung, weil man ihn nach dessen Rolle in Brian De Palmas SCARFACE sofort als eigentlichen Schurken des Films zu enttarnen weiß.
A: Ich bin damals bei erstmaliger Betrachtung voll darauf reingefallen, da ich Shenar nicht zuordnen konnte. Übrigens ein Top-Schauspieler, der leider viel zu früh an Aids verstorben ist. Doch um mal den Faden der von Stefan so schön erwähnten Beispiele aufzunehmen, ist das Bemerkenswerte an TODESSCHWADRON gerade seine absolut plagiierende Hülle. Geradezu dreist bedienen sich die Drehbuchautoren bei der gesamten Filmgeschichte und schaffen es nicht die einzelnen, losen Stationen, die Stoney Coopers Unschlagbarkeit illustrieren sollen, tatsächlich zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzufügen. Barnett, O’Neill und Schneider waren, ähnlich wie Regisseur Paul Aaron, größtenteils fürs Fernsehen tätig und das sieht man auf allen Ebenen. Die Repetition der immer gleichen Genre-Mechanismen ist es somit, die einen gewissen Reiz bei Betrachtung des Filmes auslöst. Man muss sich über nichts mehr Gedanken machen und schaut einfach nur noch drauf. Doch dieses Draufschauen erleichtert uns den Blick auf das Eigentliche. Abseits von fehlgeschlagener Narration und Dramaturgie sehen wir den Versuch, die Einzelgänger-Figur der 1970er Filthy-Cop-Movies in das neue Jahrzehnt zu implementieren und man macht aus ihm eine Art pubertären, superindividualistischen Alleskönner, dessen Unfähigkeit, innerhalb der gesellschaftlichen Konventionen zu funktionieren, unfreiwillig selbstparodistisch auf die Spitze getrieben wird. Was bei DIRTY HARRY noch interpretiert werden muss, ist bei Stoney Cooper, von Hauser treffend verkörpert, offensichtlich: Er ist ein absoluter Soziopath.
STEFAN: Übrigens ein wie ich finde wichtiges Detail, was Funky hier anspricht: Die Rollenerwartung des Zuschauers bei bestimmten Besetzungen. Mir war Paul Shenar nicht als Filmbösewicht präsent (obwohl ich SCARFACE natürlich kenne), aber dass die Produzenten von TODESSCHWADRON auch dieses Register ziehen würden, um den recht langweiligen und – ich sage mal – nicht aus sich selbst heraus motivierten Serienmörderfilm-Plot in die Gänge zu bringen, ist überaus konsequent. Da gibt es Vorgänger, die das ganz ähnlich gemacht haben, um Zuschauererwartungen an Figuren durch deren Besetzung zu erzeugen (die Besetzungsorgien von George Sanders in Serienmörderfilmen der 40er und 50er Jahre) oder zu unterlaufen (Karlheinz Böhm in AUGEN DER ANGST). In TODESSCHWADRON ergänzt sich diese „Erwartungserwartung“ der Produzenten mit einigen formalästhetischen und diskursiven Strategien, die den Zuschauer auf jeden Fall im Glauben lassen sollen, einen Serienmörderfilm zu sehen (auch oder erst recht, weil er keiner ist). Dazu gehört auch eine recht subtile Inszenierung von Authentizität, die aus sicherlich unabsichtlich, aber überaus häufig sichtbaren Mikrofonen und Mikrogalgen am oberen Bildrand besteht (normalerweise werden solche Fehler beim Beschneiden des Films auf das Kinoformat entfernt – in der 4:3-Fernsehfassung sind sie jedoch alle enthalten und müssen aus filmwissenschaftlicher Perspektive berücksichtigt werden). Diese wären mir nicht so deutlich in den Sinn geraten, wenn es nicht die eine Szene gegeben hätte, die genauso intensiv auf die Anwesenheit des kinematografischen Apparates hingewiesen hätte: Nachdem die Polizei ein neues Opfer des „X-Mörders“ gefunden hat, sieht man wie der Assistent von Hoxley durch eine Meute Presseleute auf die Kamera zuläuft. Der Zuschauer wähnt sich in einer neutralen Perspektive, doch als er das Objektiv bzw. „unseren Blick“ plötzlich packt und zur Seite stößt, merken wir zum einen, dass wir in der „Subjektive“ einer am Set anwesenden Fernsehkamera waren, zum anderen werden wir damit recht unsanft aus unserer verborgenen Beobachterperspektive gerissen. Ich will nicht behaupten, dass TODESSCHWADRON mit dieser Szene irgendeine tiefere, vielleicht sogar selbstreflexive Absicht verbindet – dazu hat der Film ansonsten zu wenige solcher Intellektualismen zu bieten. Ich sehe darin aber eine deutliche Wiederaufnahme ganz ähnlicher Strategien der „medialen Demedialisierung“ (Jan Berg), wie sie sich in der gesamten Geschichte des Serienmörderfilms finden.
FH: Der Serienmord und der Voyeurismus hängen wohl relativ eng zusammen: beim Täter selbst, der seinem Opfer beim Sterben zusieht – auf die Spitze getrieben im schon erwähnten AUGEN DER ANGST, in dem sich Serienmörder Karlheinz Böhm ja gleich in zweifacher Hinsicht zum Regisseur aufschwingt –, aber eben auch in der Rolle der schockiert (und neugierig) teilnehmenden Bevölkerung. Wir haben ja beim letzten Film, EIN MANN WIE DYNAMIT, schon darauf hingewiesen, wie der Serienmörder dazu instrumentalisiert wurde, das Volk gewissermaßen in einen permanenten Zustand der Wachsamkeit und der latenten Panik zu versetzen. Das funktioniert deshalb so gut, weil der Serienmord eben keinen Unterschied macht, potenziell jeden treffen kann und das Muster, nach dem er vorgeht, nur schwer zu durchschauen ist. Der medial aufbereitete Serienmord hat eine ähnliche Wirkung und Funktion wie die öffentliche Hinrichtung: Er ist gleichzeitig Mahnung, aber auch und vor allem Zeichen der Macht. Diese Macht ist, glaube ich, entscheidend: Der Serienmörder ist Schurke und Held in einem, was sich viele Serienmörderfilme auf geniale Weise zu Eigen machen, man denke etwa an die Hannibal-Lecter-Reihe. Darin liegt aber auch das Problem dieser speziellen Konstellation für unser Genre: Ein Actionfilm kann schwerlich zwei Helden auf entgegen gesetzten Seiten haben. TODESSCHWADRON weiß auf dieses Problem nur eine Antwort: Der Killer darf als handelnde Figur nicht bzw. kaum vorkommen. Wir sehen ihn nur ein paar Mal – ein großer Unterschied zu den beiden vorangegangenen Filmen. Damit gelingt es Aaron zu Beginn noch einigermaßen – unterstützt durch die von Stefan erwähnten Mittel – eine Atmosphäre der Unruhe und Angst abzubilden (wenn auch nicht auf den Zuschauer zu übertragen), wenn dem Zuschauer dann jedoch die Auflösung präsentiert wird, kann er das kaum anders wie als Betrug empfinden, auch wenn die Zeichen – ich sage nur: Shenar – deutlich erkennbar waren. TODESSCHWADRON erzählt im Grunde eine Detektivgeschichte im Rahmen eines Actioners. Damit meine ich, dass die Enttarnung des Killers und seines cleveren Plans eigentlich klassischerweise durch logisches Kombinieren und Ermittlungsgeschick erfolgen müsste. Doch Aaron setzt an die Stelle Sherlock Holmesscher Brillanz die Mittel des Actionfilms. Der Killer offenbart sich selbst und führt Cooper mit einer Verfolgungsjagd zum Ziel. Letzten Endes verrät ihn bezeichnenderweise ein Gesichtsausdruck, den man im Film gar nicht sieht.
A: Die Darstellung und gleichzeitige Thematisierung medialer Strukturen ist im Serienkiller-Film seit jeher ein wichtiges Thema gewesen, nehmen diese Killer doch durch die Medien für den Bürger überhaupt erst Gestalt an. Sie bieten aufgrund ihrer psychischen Disposition ein dankbares Feld für reißerische Berichterstattung und Fehlinformationen, die im Verlauf des vergangenen Jahrhunderts kaum zu einem wirklich tieferen Verständnis für die seelischen Abgründe geführt haben, die der Geist dieser Täter offeriert. Somit geht TODESSCHWADRON einen ähnlichen Weg wie EIN MANN WIE DYNAMIT in einer Dekade, wo eine Ästhetik der Oberflächen die narzisstischen Spiegelungen von Persönlichkeitsdimensionen wiedergab, aber nicht den nativen Moment der Dimension selbst. Dieses Entfremdungsprinzip vom Fühlbaren hin zu einer neuen Synthetik des Menschseins ist ein elementares Grundprinzip für den Verlust seiner Identität in den 1980ern. Thompsons Film ist, nicht zuletzt durch die Musik Robert O. Raglands und den Schnitt von Thompson Sohn Peter, ein minimaler Versuch, diese Ästhetik durch Bild und Ton einzufangen. Aaron versagt hier völlig und somit ist TODESSCHWADRON zwar immer noch ein Vertreter des 80er-Kinos, aber vollkommen roh. Obwohl die Grobkörnigkeit der Bilder und der ungeschönte Blick auf die Neonfassaden Los Angeles’ Authentizität vermitteln, ist der Film im Distanzaufbau in seiner Zeit gefangen. Nicht nur, dass der Killer innerhalb der Diegese kaum zu sehen ist und die Presse in ihrer Berichterstattung von Hoxleys Assistenten López behindert wird indem er die Kamera wegdrückt, nein, auch der Zuschauer im Kino scheint durch die von Stefan erwähnte Aktion vom Geschehen völlig weggedrückt zu werden. Dies macht den Raum frei für Stoney Cooper. Exemplarisch für die Reagan-Ära soll dem Bürger das Abgründige, „das Böse“, nicht zu Nahe kommen und der Held muss entsprechend charakterisiert werden, damit er als Verbrechensbekämpfer glaubwürdig erscheint. Und genau hier atmet der Film noch den Geist der 1970er, denn den Ordnungsmächten ist nichts mehr zutrauen und Stoney ist der von allen Behörden unabhängige Einzelgänger. Das nicht mehr ganz zeitgemäße Auf-die-Spitze-Treiben der Eigenschaften dieses Soziopathen führt schlussendlich dazu, dass die Behauptung, man würde keinen Serienkiller im Film sehen, ad absurdum führt. Der eigentliche Serienkiller ist nämlich Stoney Cooper, der sich durch den Film arbeitet, während er Andere einschüchtert, zusammenschlägt oder tötet und dabei vor keiner asozialen Verhaltensweise zurückschreckt (vgl. "Soziopathie"). Als hätten die Macher doch einen Hauch verstanden, wird uns dies mit dem Monolog Joshua Adams vorgeführt, der Stoney bei dem sadistischen Todesspiel zum Schluss befragt, ob er nicht auch die Erregung kennt, wenn man jemanden tötet und ob er, Stoney, 10, 20, oder vielleicht doch noch viel mehr Menschen getötet hat, als der X-Mörder.
STEFAN: Wo du es gerade schon ansprichst: Vielleicht sollten wir zum Schluss noch mal einen Blick auf Stoney werfen. Es ist ja sehr deutlich, dass der Film fast vollständig um diese Figur herum konzipiert ist. Aber ist das ein „typischer Bulle“ im 80er-Jahre-Actionkino? Ich war ja einigermaßen hin- und hergerissen von der Darstellung Wings Hausers und vor allem von seinem Mut ständig zwischen an Trash grenzende Selbstinszenierung als abgebrühter Actionheld und einer schon beinahe homophilen, dann auch verletzlichen Darstellung (vor allem in Privatsituationen). Als ich den Film vollständig fertig gesehen hatte, war ich zuerst der Meinung, er sei eine Gurke: die inkonsequente Serienmörder-Erzählung, die schlechte Verknüpfung mit dem Cop-Film-Sujet und die ziemlich blassen Figuren. Dann wurde er beim Nachdenken jedoch „größer“, was vor allem an Stoney Cooper lag. Man denke da an die unglaublich skurrile Szene, als er den Mafia-Boss besucht, der gerade mit einer Frau im Bett liegt: Er pennt, sie schaut einen Lesben-Porno und Cooper versucht sich da reinzubringen, indem er mit dem halb Schlafenden einen überaus witzig inszenierten Dialog und hinterher noch einen kleinen Diskurs über Sexualität und Pornografie mit der Frau führt. Oder jene Szene, als Cooper es aus mir unerfindlichen Gründen schafft, seine Exfrau wieder zu sich ins Bett zu bekommen (allein, indem er sich da reinlegt, und schlafend auf ihre Rückkehr nach Hause wartet – was sie dann auch gleich als Aufforderung richtig interpretiert). Da gibt es eine Draufsicht auf das liebende Paar, die wohl einen der besten männlichen ass-shots des 80er-Actionfilms liefern dürfte. Getoppt wird der nur noch durch den Überfall in der Badewanne, wo man Cooper, der unter Beschuss eines Heckenschützen steht, nackt durch die Wohnung hechten sieht. (Es ging das Gerücht, dass Wings Hauser sein bestes Teil hier mit einer Socke verdeckt haben soll. Detailanalysen meinerseit haben ergeben: Es müsste schon eine ziemlich kleine Socke gewesen sein. :-D ). Was also ist Stoney Cooper für ein Held, der sich so derart die Blöße gibt?
FH: Ich versuche mal eine Antwort: In der Zeichnung und Besetzung Coopers ist TODESSCHWADRON zwar unverkennbar reinster Achtziger-Trash, doch so viel die Figur auch mit anderen Actionhelden gemein hat – Cooper erscheint als eine Mischung aus einem in der Gosse aufgewachsenen Harry Callahan und dem A-Team in Personalunion – so sehr unterscheidet er sich in anderen Elementen von diesen: Man denke nur an seine Klaviereinlage gleich zu Anfang des Films, mit der er geschickt sentimentalisiert wird. Die Publikumsanbindung soll vor allem dadurch erreicht werden, dass Cooper konsequent als Loser und damit als „einer von uns“ gezeichnet wird – das wird ganz deutlich als er mit dem verzweifelten Attentäter zu Beginn (einem gehörnten Ehemann, der dem Beschläfer seiner Frau – seinem Chef – einen explosiven Denkzettel verpassen will) einen Deal aushandelt und ihm einen Teil seiner Bezahlung zukommen lässt. Die von Stefan sehr schön geschilderten Demütigungen durch die Inszenierung finden ihre Fortsetzung in der Gängelei durch die Ex-Kollegen, die Mafia und die eigene Noch-Ehefrau. Doch Cooper lässt sich einfach nicht unterkriegen, verfolgt seine Ziele nur umso bissiger. Solche Typen sind uns einfach sympathisch, auch wenn sie gleichzeitig Charakterzüge an den Tag legen, die kaum akzeptabel sind. Die Unbelehrbarkeit etwa, mit der er seiner Frau nachsteigt, erinnert an einen Stalker: Man stelle sich vor, wie Cooper uns in diesen Szenen erschiene, wäre der Film aus der Perspektive seiner Frau erzählt. Dass die Verhaltensweisen seines Protagonisten sich nicht gegen den Film richten, liegt einzig und allein an der Bagatellisierung aller Handlungen Coopers: Die Frau ändert ihre Meinung sehr schnell zugunsten Coopers, die Gängelei der Informanten dient letztlich einem gerechten Ziel und die auf das Gesetzbuch beharrenden Polizisten sind uns aus zahlreichen anderen Filmen schon als die lahmen Bürokratenärsche bekannt, die jedem Ermittlungserfolg im Weg stehen. Aber dass Hauser ein massiv psychopathisches Potenzial in sich trägt, haben auch andere erkannt: In dem 1989 entstandenen Slasherfilm THE CARPENTER spielt nämlich Hauser selbst den Killer.
A: Genau das faszinierte mich immer an ihm. Dieser Hang zum Irrsinn. 1982 sollte der von Variety als „Jack Nicholson des C-Films“ bezeichnete Hauser nämlich seine erste größere Rolle spielen, die ihm zu Bekanntheit verhalf. In NACHTRATTEN gab er den misogynen Zuhälter Ramrod, mit schrecklich großem Cobwboy-Hut und Schlangenlederstiefeln, der einen zurechtgebogenen Drahtkleiderbügel in die ihm nicht gehorchenden Prostituierten einführt. Direkt im Anschluss kam TODESSCHWADRON, in DIE BLUTSPUR DES SATANS ist er ein Teufelspriester und mit CLINT HARRIS – MIT DEM RÜCKEN ZUR WAND hat er mit seiner schizoiden Ausstrahlung das Actiongenre bereichert. Ein Darsteller, dem wir uns bestimmt noch widmen werden.
<< Home