Dienstag, Mai 15, 2007

Frauen und Technik

Retaliator (The Retaliator/Programmed to Kill)
USA 1986
Regie: Allan Holzman, Robert Short, Drehbuch: Robert Short, Kamera: Ernest Holzman, Nitcho Lion Nissim, Musik: Craig Hundley, Jerrold Immel, Schnitt: Michael Kelly
Darsteller: Robert Ginty (Eric Mathews), Sandahl Bergman (Samira), James Booth (Dr. Brock), Paul Walker (Jason), Arnon Zadok (Hassim), Louise Caire Clark (Sharon)

Synopsis: Eine Nahost-Terrororganisation veranstaltet ein Blutbad auf Kreta und nimmt diverse US-Amerikaner als Geiseln. Die amerikanische Regierung schaltet daraufhin Eric Mathews ein, der schon häufiger für sie die Kastanien aus dem Feuer holen musste. Tatsächlich gelingt es ihm, die Geiseln zu befreien und die Topterroristin Samira gefangen zu nehmen. Kaum in den USA angelangt verschwindet diese allerdings unter mysteriösen Umständen. Eric macht sich auf die Suche nach ihr und kommt dem rätselhaften „Cybertron“-Projekt des Wissenschaftlers Dr. Brock auf die Schliche. Mittels moderner Computertechnologie will dieser Samira zur perfekten Kampfmaschine umbauen ...

FUNKHUNDD: Zum Abschluss unserer kleinen Robert-Ginty-Werkschau widmen wir uns einem Film, der in vielerlei Hinsicht idealtypisch für den B-Actionfilm der Achtziger ist. Vordergründig präsentiert sich RETALIATOR als unverhohlener TERMINATOR-Nachklapp, die Nähe zu Verhoevens wenig später entstandenem ROBOCOP legt den Verdacht nahe, dass ein findiger Produzent mit dem Trendthema Kasse machen wollte, bevor es der große Bruder aus Hollywood ganz für sich vereinnahmen konnte. Unter diesem spekulativen Deckmantel verbirgt sich aber ein erstaunlich cleverer kleiner Reißer, der sich auf ungewöhnlich hohem Niveau der Gender-Thematik widmet und die klassische Rollenverteilung des Actionfilms hinterfragt.


DER AUSSENSEITER: Du sagst es. RETALIATOR ist auch ein idealer Abschlussfilm zu unserer Ginty-Reihe, nicht nur, weil er von den besprochenen Filmen als letzter entstanden ist und hier mit einer Cyborg-Frau, die gegen ihre Programmierung verstößt, eine interessante Antagonistin präsentiert, sondern auch, weil Ginty als „Actionfigur“ einen deutlichen Reifungsprozess durchgemacht hat. Er schlägt sich hier nunmehr nicht als verlorener Einzelkämpfer herum, sondern hat eine Familie, um die er sich kümmern muss. Die C.I.A. hat ihn bezeichnenderweise aufs Abstellgleis geschoben und ruft ihn nur noch in absoluten Notfällen. Eric Mathews wird nur noch bei aussichtslosen Fällen und unter viel Kritik vonseiten der Vorgesetzten als Gegenmaßnahme bestimmt.

FH: Dennoch ist er zwischen seinen beiden Filmpersönlichkeiten noch hin- und hergerissen, es fällt ihm sichtlich schwer, ganz Zivilperson zu sein. Zwar hat er keine richtige Lust mehr, für den Staat zu arbeiten, doch ganz zu Hause zu bleiben ist auch nichts für ihn. So klammert er sich an „seinen“ Auftrag, auch als er von diesem abgezogen wird. Er kann nicht loslassen. Im Schoße der Familie erscheint er so unruhig wie ein Raubtier im Käfig. Seiner Frau bleibt nichts anderes übrig, als seinem Treiben taten- und hilflos zuzusehen. Erst ganz am Schluss deutet sich an, dass Mathews seine innere Unruhe überwunden hat, mit der Vergangenheit endgültig abschließen kann: Sein Auftrag ist erfüllt, seine Familie konnte ihm bei der Erledigung seines Jobs als Zuschauer beiwohnen, ihm so endlich einen Teil seines Geheimnisses entreißen und ihm die Absolution erteilen. Es ist ein extrem verwirrender, irgendwie beängstigender und im Actiongenre seinesgleichen suchender Moment, wenn Frau und Sohn mit weit aufgerissenen Augen am Fenster stehen und in einem Zustand zwischen Erregung, Begeisterung und Angst dem Vater bei der Erledigung seiner Arbeit zusehen.

A: Hier offenbart sich wieder die die Konservativität des Actiongenres, denn es kann nicht sein, was nicht sein darf. Doch fangen wir am Anfang an: Nachdem eine terroristische Gruppierung ein Massaker auf Kreta verübt und dabei ein paar Dutzend Zivilisten umgelegt sowie zwei amerikanische Kinder als Geiseln genommen hat, sieht man es beim amerikanischen Geheimdienst an der Zeit, etwas gegen den Terroristen Hassim und seine Gefolgschaft zu unternehmen. Zu dieser gehört auch die rassige Samira, die wohl eher aus dem westlichen Kulturkreis stammt und mit ihrem freien Gebaren und Stolzieren vor den arabischen Männern, die sie im Grunde als Hassims Stellvertreterin befehligt, einigen Zorn auf sich zieht. Schon bei dem Terroranschlag zu Beginn, den sie in vorderster Front anführt, wird erkennbar, dass sie ihren eigenen Weg geht. Sie hat als einzige Freude am Töten und spielt ihre Macht über andere mit Vergnügen aus. Es muss wohl an Sandahl Bergmanns Ausstrahlung liegen, dass dies nicht zum nervigen, frauenfeindlichen Klischee verkommt. Schon durch ihre herbe Erscheinung geht von ihr mehr aus als einfach nur die böse Schlampe. Dieser ungezügelten weiblichen Kraft steht nun ein inzwischen etwas gealterter und korpulenter Robert Ginty gegenüber, doch wirkt sein Eric Mathews in seinen müden und unlustigen Bewegungen genau wie der Familiendaddy, der er sein soll. Wie Du schon meintest, steht er nun unentschlossen zwischen dem Nervenkitzel, den die Spezialaufträge mit sich bringen, und dem ruhigen Leben mit Frau und Kind. Die Konfrontation, die zwischen Samira und Mathews im Verlauf des Filmes aufgebaut wird, lässt sich bereits bei der Befreiungsaktion der amerikanischen Kindergeiseln erkennen, wenn Samira die größte Gegenwehr leistet, einen Soldaten der Spezialeinheit tötet und Ginty schwer verletzt, worauf dieser sie nur mit größter Mühe überwältigen kann. Stark genug jedoch, dass sie im Krankenhaus an ihren Verletzungen sterben wird.

FH: Samira wird von Beginn als Überfrau mystifiziert, die den Männern mehr als nur einen Schritt voraus, ihnen sogar weit überlegen ist. In der Bedrohung, die von ihrer sadistischen Mordlust und ihrem lüstern-berechnenden Blick ausgeht und die dann ihre krasse Pointierung in ihrer Umfunktionierung zur gefühllosen Mordmaschine erfährt, spiegelt sich explizit die Angst des Mannes vor der Frau, dem unbekannten Wesen, wider. Ihre ungezügelte, primitive Wut wird mit ihrer Maschinenwerdung auch in die für Männer handhabbaren Bahnen gelenkt und zwar durch typisch männliches Werkzeug, die Technik. Dass Männer- und Frauenwelt scharf getrennte Systeme sind, macht der Film zu jeder Sekunde deutlich: in dem von dir angesprochenen Misstrauen, das Samira von den Männern Hassims entgegenschlägt, den ausschließlich männlichen Entscheidungsträgern im Staatsdienst, den sexistischen Sprüchen und Abwertungen, die über der gehirntoten Samira während ihrer Operation ausgeschüttet werden – ohne Rücksichtnahme auf die beiwohnende OP-Schwester –, der bereits erwähnten Ausgrenzung der Ehefrau Mathews’ aus seinen Belangen. Die Frau ist in RETALIATOR erst Objekt und dann sogar Produkt der Männer. Infolgedessen ist Samiras Rachefeldzug gegen ihre Peiniger auch als Rachefeldzug einer unterdrückten Frau gegen die Männerwelt zu lesen. Eric Mathews ist als Wanderer zwischen diesen Welten dann auch der Einzige, der ihren Attacken etwas entgegenzusetzen hat und der sie am Ende besiegen kann. Mit dieser Tat verabschiedet er sich konsequenterweise aus dem Staatsdienst und wird – das Ende legt dies nahe – ganz Familienmensch.

A: Trotzdem deutet der Film aber an, dass es die Welt der Frau gibt, auch wenn sie nicht weiter ausgeleuchtet wird. Nachdem Mathews sich von seinen Verletzungen erholt hat, ist er geradezu besessen davon, herauszufinden, wo Samira steckt, doch seine Vorgesetzten winken ab. Offiziell kann man Mathews jetzt zwar als Held vorführen, da es ihm gelungen ist die Kinder aus der Hand der Geiseln zu befreien, hinter den Kulissen wird ihm die Angelegenheit jedoch entzogen und er hat sich nicht weiter einzumischen. Das kann er nicht auf sich sitzen lassen und bricht auf eigene Faust in den „Cybertron“-Komplex ein, in dem der forschungsorientierte Dr. Brock die Operation an Samira durchführt. Sharon Mathews kann dies nicht länger ertragen und droht ihrem Mann ihn zu verlassen. Als sie dann auch mit dem Sohnemann aus dem luxuriösen Eigenheim auszieht, ist Eric zwar betroffen, muss aber trotzdem weitermachen. Ein weiterer interessanter Punkt des Films ist die Authentizität, mit der man die Cyborg-Thematik einführt. Das Team erhielt Beratung vom "Department of Neurological Surgery" des LAC/USC Medical Center sowie der USC School of Medicine, wodurch die Dialoge der Wissenschaftler kein von einem unwissenden Drehbuchautor hingeschluderter Müll sind, sondern geschickt Überlegungen, die mit dem Voranschreiten der Neurowissenschaften in den frühen 1980er Jahren aufkamen, mit den Topoi klassischer sowie moderner Science-Fiction-Geschichten verbunden werden: die Idee vom künstlichen Menschen des Isaac Asimov, die Frage der K.I. aus den 1960ern und der Kybernetik neuronaler Netze, da das Gehirn immer noch der interessanteste aller „Computer“ ist. So wird hier vor Verhoevens ROBOCOP ein mit höchsten technologischen Mitteln versehener – ursprünglich rein biologischer – Körper moduliert und konstruiert und gesteuert wird er von einem manipulierten, menschlichen Gehirn.

FH: Nochmal kurz zur „Trennung“ der beiden Welten: In RETALIATOR wird durch die Ausblendung der Frauenwelt ziemlich deutlich gemacht, dass sie den Männern ebenso fremd bleibt wie deren Welt den Frauen. In RETALIATOR wird so expliziert, was sonst im Actiongenre immer nur implizit bleibt: nämlich dass es in erster Linie eine männliche Perspektive abbildet. Das Cyborg-Thema bleibt trotz der von dir erwähnten ungewöhnlichen Genauigkeit – man denke nur daran, auf welch hanebüchene Weise es in anderen Filmen dieses Themas abgehandelt wird – eher Katalysator, um den Genderdiskurs in Gang zu bringen. Die moralische Kritik, die in ROBOCOP noch ziemlich wichtig ist, bleibt hier bloße Folie. Wenn Samiras menschliche Persönlichkeit hervorbricht, die Macht über die kybernetischen Prozesse gewinnt und ihren Amoklauf verursacht, so ist das reine Genrekonvention. Der Film muss diesen Umschwung gar nicht vorbereiten, weil er dem Topos des Maschinenmenschen ja immer schon inhärent ist. Das Mitleid, dass etwa in ROBOCOP für Murphy beim Zuschauer evoziert wird und den Film vorantreibt, bleibt Samira verwehrt, da sie von Anfang an kaum menschliche Züge trägt. Im Grunde genommen verändert sie sich durch ihren Umbau gar nicht: Sie ist nach wie vor die gewissenlose Mordmaschine, nur dass sie nicht mehr auf eigene Rechnung töten darf, sondern eben im Dienste des Staates und vor allem der Männer steht.

A: Hier kann ich Dir nur teilweise zustimmen. Wir gehen absolut d’accord, dass der Film sehr schön das „Nebeneinander-her-Existieren“ der Welten aufzeigt, Mathews ein Wanderer zwischen maskuliner Mordwelt und femininer Familienwelt ist und sowohl Samira wie auch Mathews versuchen, diese Widersprüche in sich zu vereinen. Auch in der mangelnden Empathiegestaltung nach ihrer anschließenden Umwandlung in einen Killer-Cyborg kann ich mich Dir anschließen. Beim eigentlich wichtigsten Punkt kommen wir ins Gehege: Es ist eben nicht nur die Genrekonvention, die Samira gegen ihre Programmierung verstoßen lässt, sondern etwas, was von Dr. Brock sogar angedeutet wird. Die hirnspezifischen Bereiche, die für Vorgänge verantwortlich sind, die den Menschen überhaupt erst zum Menschen werden lassen, nämlich Empathie, Ethik, Ästhetikempfinden, können von ihnen – den Wissenschaftlern – nicht direkt manipuliert werden, da sie viel zu komplex sind. Sie müssen „in Ruhe gelassen" werden und ein spezieller Chip im Gehirn Samiras soll dafür sorgen, dass eventuell durch diese Bereiche auftretende Störungen unterdrückt werden können. Es wird nun also gehofft, dass sich diese verdrängten,sich in ihrer Gesamtheit zu Samiras Unter-Bewusstsein konstituierenden Parameter nicht negativ auf die Programmierung auswirken, doch eben genau dies geschieht. Samiras Unter-Bewusstsein ist zu stark, die Empfindungen, die durch ihren eigenen Tod ausgelöst werden, zu intensiv, sodass sie bei der Reaktivierung durch die Wissenschaftler noch nicht aus dem Gehirn verschwunden sind. Die neurowissenschaftliche Genauigkeit sowie die Dialoge zwischen Brock und seinen Mitarbeitern zeigen auf, dass hier der tiefste Punkt für die Interpretation zu finden ist. Der Mensch manipuliert Vorgänge, die er – wie er ja sogar selbst einräumt – nicht in seiner Gänze versteht, um der Natur auf die Sprünge zu helfen, doch virtuelle Vorgänge, die von Freud als Unbewusstes zusammengefasst worden sind, greifen die vom Menschen geschaffenen Entitäten an. Es ist der Chip, der ebendiese Vorgänge unterdrücken soll, der Symbol für die Fehlerhaftigkeit des Menschen und seiner Gott-Versuche ist. Dies wird vom Film explizit wie implizit getragen. Seine Bemühungen, psychoanalytische und biopsychologische Überlegungen zu verbinden, sind verblüffend präzise und alten Fragen sowie neuen Erkentnissen der Verhaltensforschung und Technikmöglichkeiten angepasst. Der gesamte Genderdiskurs ist dann die sich in der Gesellschaft ergebende Folge, denn natürlich ist es der Mann, der sich über die Schöpfung stellen möchte, indem er ein Wesen schafft, dass besser konstruiert sein soll als die Natur es vermag. Entsprechend die Witzelei am OP-Tisch, wenn Dr. Brock auf das Hirnareal verweist, in welchem sich das Sprachzentrum befindet, und er anmerkt, dass man bei Entfernung endlich die perfekte Frau hätte. Welches Unheil sie heraufbeschwören, ist ihnen nicht klar, denn Samiras Unter-Bewusstsein ist stärker als jede von Männern entwickelte Technologie und dadurch, dass sie körperlich verbessert wurde, werden die ausschließlich männlichen Beteiligten des Projekts Opfer der Geister, die sie riefen bzw. bauten.

FH: Schön auf den Punkt gebracht, Kollege! Das "Versagen" der Maschine wird jedoch relativ zügig abgehandelt. Schon der erste Einsatz der Maschinenfrau, den der Zuschauer zu Gesicht bekommt, endet mit ihrem Ausfall, wird nicht erst lang vorbereitet. Wie effektiv sie als Maschine ist, sehen wir nur in einer kurzen Demonstration nach ihrer „Fertigstellung“, ansonsten müssen wir, was ihre Effizienz angeht, den Berichten der Agenten glauben, die sie von Einsatzort zu Einsatzort kutschieren. Und bei deren Gesprächen steht wieder die sexuelle Komponente im Mittelpunkt: Die Männer genießen ihre Aufgabe nicht nur, weil sie sich den ganzen Tag in der unmittelbaren Nähe Samiras befinden, der gegenüber sie zu keiner schamvollen Dezenz mehr verpflichtet sind, weil sie sie eh nicht „verstehen“ kann, sondern auch, weil sie durch die moderne Technologie in der Lage sind, durch ihre Augen zu blicken, also in den Körper der Frau zu schlüpfen. Da kommen auch latente sadomasochistische Triebe zum Ausdruck, wenn sie aus Sicht der Frau dabei zusehen können, wie diese reihenweise Männer umbringt.

A: Dennoch nimmt der neurowissenschaftliche Aspekt einen größeren Raum im Film ein als der Genderaspekt, da letzterer nur implizit vorhanden ist und anhand von Aussagen und Verhaltensweisen der Figuren interpretiert werden muss. Das Neuro-Science-Institute „Cybertron“ ist allerdings expliziter Bestandteil der Handlung und die bereits erwähnten, präzisen Dialoge der Wissenschaftler sowie die ständig wiederkehrenden Flashbacks Samiras, in denen sie ihren und den Tod ihres Geliebten durchleidet, machen ja deutlich, dass ihre Antriebsfeder nicht nur eine Rebellion gegen patriarchalische Strukturen ist, sondern sie von tiefer sitzenden Vorgängen angetrieben wird, die, obwohl sie doch ein Teil des Menschen sind – das in ihm nicht konkretisierbare Unbewusste –, von keiner Wissenschaft, ja nicht mal von der menschlichen Vorstellungskraft erfasst werden können. Warum auch sonst sollte man so genau die wissenschaftliche Seite schildern? Eben weil so nach dem Amoklauf Samiras ihr Scheitern noch offensichtlicher wird. Und aufbauend auf dieser Prämisse kommt dann der Genderdiskurs zum Tragen, weil es doch wieder Männer sind, die sich solcherlei Machtspielereien verschrieben haben. Die von Dir genannten Punkte treffen somit alle zu und sind Folge der von Männern eingeleiteten Ereignisse. In genau dieser Verknüpfung sehe ich die Besonderheit des Filmes.

FH: Es gehört zu den Meriten dieses Films, dass mehrere Deutungsebenen ziemlich geschickt verbunden werden; auf viele können wir hier ja gar nicht eingehen – und das erstaunt umso mehr, wenn man bedenkt, um was für eine Art Film es sich hier eigentlich handelt. RETALIATOR ist ja kein philosophischer Science-Fiction-Film, sondern ein kleiner B-Action-Film. Die für einen solchen Film typische Männerperspektive wird sehr krass in Frage gestellt, das dürfte dem männlichen Zuschauer den gemütlichen Videoabend recht ordentlich verhagelt haben: Richtiggehend geschockt hat mich die Szene kurz vor Schluss, wenn Mathews nach einem sakral ausgeleuchteten Abendessen im Kreis seiner Familie vom Tisch aufsteht, unter dem er die ganze Zeit ein Gewehr auf dem Schoß hatte, weil er weiß, dass der große Showdown kurz bevorsteht. Das Hohelied auf die Wehrhaftigkeit, das im Vigilantenfilm gesungen wird, erhält da doch deutliche Störgeräusche. Überhaupt bleibt in der Arbeit Mathews’ wenig Platz für heroische Taten. Zwar siegt er am Schluss, doch gibt es keinen Triumph, keine Jubelbilder, weil er ja nur das Unrecht beendet hat, das sein eigener Staat begangen hat. Im Gegensatz zu anderen Filmen kommt hierin aber nicht das typische Misstrauen gegenüber „denen da oben“ zum Ausdruck, vielmehr ist die gesamte Männerwelt infiziert. Die Soldaten sind hier keine aufrechten Krieger mehr, sondern üble Chauvinisten und Vollstreckungsgehilfen, deren großspuriger Omnipotenzwahn gegenüber der Frau sie aber dann schließlich teuer zu stehen kommt.

A: Interessant auch noch die Seitenhiebe auf die Kulturen. Der amerikanische Geheimdienst entwickelt mit Samira einen „Cyborg-Maulwurf“, der in der Lage ist, die arabischen Terroristen mit dem zu unterwandern und zu vernichten, wovor dieser Kulturkreis die größte Angst hat: weibliche Sexualität. Auf die Amerikaner kommt dies dann wie ein Bumerang zurück, wenn ihr selbst erschaffener Golem an ihnen Rache übt. Der Begriff des Golems funktioniert hier im babylonischen – ein weibliches Wesen, das nicht empfangen kann – wie im jüdischen Sinne, wo es sich um ein Befehle entgegennehmendes künstliches Geschöpf handelt. Um den Kreis zur anfangs erwähnten Konservativität des Actiongenres zu schließen, muss nun erwähnt werden, dass Samiras Treiben ein deutlicher Riegel vorgeschoben wird. Dies liegt in den Händen Mathews, der sich, als Samira inzwischen völlig verrückt spielt und droht eine ganze Militärbasis auszulöschen, auf die nächstbeste Planierraupe schwingt und sie in Grund und Boden stampft. Die Situation schien aussichtslos, die Zahl der durch sie getöteten Soldaten nahm extremste Ausmaße an und so ist es der völlig ruhig bleibende Mathews, der einer Amok laufenden Weiblichkeit Einhalt gebietet. Samira wurde mit allem Technik-Schnickschnack ausgestattet, doch was die Konstrukteure nicht berücksichtigten, war ihre weibliche Kraft, die sie schließlich gegen ihre Schöpfer rebellieren ließ. Nachdem ihr Dutzende Männer zum Opfer fielen, tötet sie der Mann, der den Dualismus in sich vereinen kann. Die Kamera schenkt uns nach Samiras Zerstörung keinen Blick mehr auf Mathews Gesicht. Sie ist am Boden neben der Planierraupe positioniert und wir sehen nur von hinten wie er hinunterspringt, mit beiden Beinen auf dem Boden landet und sich humpelnd vorwärts schleppt. Die Soldaten sind scheinbar alle tot, er humpelt an Samira vorbei und kann nun als erster Actionheld, den wir hier bisher besprochen haben, einer sinnvollen Existenz entgegengehen. Nachdem er sich von allem Männlich-Destruktiven erlöst hat, kann er in die Arme seiner Familie gehen, einer gebenden, ihn aufnehmenden und beschützenden Weiblichkeit. Er ist zu Hause.

3 Comments:

Blogger Mooren18Quiz said...

Für mich immer wieder interessant, wo man manche Schauspieler wieder entdeckt -
Von einem Kliier-Cyborg zur nymphoman-nervigen kleinen Schwester einer fettleibigen Vorstadt Proletin.
Was für ein Aufstieg ;-)

Endlich gabs mal wieder was zu lesen, danke dafür!!!

11:27 AM  
Blogger Funkhundd said...

Hi ... Chrisse? anonym? :)

Lustig, dass du das schreibst, denn auch meine werte Gattin hat Sandahl Bergman mit Laurie Metcalf, der Jackie aus ROSEANNE, verwechselt.

Sandahl Bergman ist aber tatsächlich nicht jene, sondern vielmehr die leicht bekleidete Barbarenfreundin von Conan, Valeria.

Alles klar?

Viele Grüße

11:44 AM  
Anonymous Anonym said...

Hmmm... schau mal einer an...

Da hätte ich mal was zum Klugscheißen gehabt und Du machst es mal wieder kapott -
tolle Wurst!

Einen schönen Tag ud bis dahin -
werd ab Mitte nächster Woche eine Woche in London verbringen, melde mich danach mal!
Grüße an die Gattin und den Rest...

P.S.: Trug Sandahl Bergman den auch Sandahlen bei Conan? Jau-Ho-Ho, ich liebe die Pupertät...

12:14 PM  

Kommentar veröffentlichen

<< Home