Die Kampfwurst
Hard to kill (Hard to kill)
USA 1990
Regie: Bruce Malmuth, Drehbuch: Steven McKay, Musik: David Michael Frank, Kamera: Matthew F. Leonetti, Schnitt: John F. Link, Darsteller: Steven Seagal (Mason Storm), Kelly LeBrock (Andy Stewart), William Sadler (Senator Vernon Trent), Frederick Coffin (Lt. Kevin O’Malley), Bonnie Burroughs (Felicia Storm), Andrew Bloch (Capt. Dan Hulland)
Synopsis: Der Supercop Mason Storm belauscht, wie ein hoher Politiker einen Killer engagiert, um einen Konkurrenten zu eliminieren. Leider befindet sich in Storms Einheit ein Maulwurf, der den Polizisten verrät. Bei dem folgenden Anschlag wird seine Frau getötet, er selbst so schwer verwundet, dass er ins Koma fällt. Als er sieben Jahre später aufwacht, hat er nur eines im Sinn: Rache ...
DER AUSSENSEITER: In den ganz späten 1980ern zeichnete sich ab, wo es für den Actionfilm in Zukunft hingehen würde. Der Weg des Genres gabelte sich in zwei Richtungen: Der A-Klasse-Actionfilm der frühen 1990er extrahierte den gigantomanischen Aufwand, der in den 1980ern etabliert wurde, und schuf so die Materialschlachten, die in diesem Jahrzehnt Kasse machten. Die Gewaltintensität verschwand dahin, wo sie ursprünglich herkam: in den Bereich der B-Movies. Selbstverständlich hat jeder Einflüsse vom anderen mit drin, aber an HARD TO KILL wird deutlich, wie man geringes Produktionsbudget mit einigen Knochenbrüchen kaschiert.
FUNKHUNDD: Diese Aufspaltung, die du da ansprichst, lässt sich inhaltlich noch weiter differenzieren. Denn der kleine, gewaltreiche Actionstreifen bedient sich zunehmend vor allem der Künste von Martial-Arts-Schauspielern wie Jean-Claude van Damme oder eben Steven Seagal, um nur die prominentesten Vertreter zu nennen. Aufwändige Shootouts und Explosionen rücken zugunsten von preisgünstigen Keilereien in den Hintergrund. Somit steht bei diesen Filmen immer mehr ein „sportlicher“ Aspekt im Zentrum des Interesses. Die einzelne Szene, der Zweikampf wird zum eigentlichen Augenmerk, um das die Geschichte drumherum gestrickt wird.
A: Wobei die Kampfsportelemente ja auch schon in B-Movies der 70er zu finden sind. Man denke nur an die ganz frühen Norris-Vehikel, allen voran BREAKER! BREAKER!, ein Truckerkrimi um einen mit orientalischer Weisheit und Kampfsporterfahrung versehenen Lastwagenfahrer.
FH: Ja, aber dieses Genre erlebt eben erst in den späten 80ern ein Revival, mit Filmen wie KARATE TIGER oder BLOODSPORT ...
A: Noch auffälliger ist die Metamorphose des Actionfilms auf der Inhaltsebene: Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde ein dichotomes Blockdenken obsolet und die Welt erschien auf einmal ungleich komplexer, aber irgendwie auch langweiliger. Die alten Feinde waren weg und hinter dem „eisernen Vorhang“ warteten keine 15-köpfigen Hydren, sondern menschliche Wesen, die bei WAL-Mart einkaufen wollten. Also fing man an, sich wieder auf kleinere Dinge zu konzentrieren. Der ideologische Überbau vieler Actionfilme der 80er verschwand und so erscheint auch dieser Film dramaturgisch als das was er ist: ein kleiner harter Krimi mit Kampfsportelementen.
FH: Genau. Dem ganzen Film – und überhaupt allen Seagals – geht die ideologische Einfärbung, die wir bei den bisher besprochenen Filmen konstatiert haben, beinahe völlig ab. In HARD TO KILL werden keine innen- und außenpolitischen Probleme der USA mehr gelöst, man ist deutlich bescheidener geworden. Zwar kann man immer noch deutlich die Züge einer autoritären Gesellschaft herauslesen, die glaubt, Verbrechen müsse härter bestraft werden, aber das wird selbst nicht mehr thematisiert. Vielmehr ist es zum strukturellen Inventar des Actionfilms geworden. Als ein deutliches Zeichen für das Aufweichen der Fronten darf bei HARD TO KILL die Tatsache betrachtet werden, dass der Oberschurke nun kein Ausländer mehr ist, der die USA infiltrieren möchte, und auch kein Punk, der das System von innen heraus zersetzt, sondern ein angehender Politiker, der einzig und allein seinen eigenen Profit im Sinn hat.
A: Auch wieder ein Element, dass dem B-Movie vorbehalten ist. Hier kann man oftmals viel unverhohlener Kritik an bestimmten Missständen üben, doch muss sich dann am Ende auch alles wieder in geordnete und vor allem angenehme Bahnen begeben. Das Happy End des Filmes kommt bei all der Macht, die der Senator hat, viel zu schnell und wirkt dadurch aufgesetzt. Um noch mal auf den ideologischen Überbau und dessen Verschwinden zu kommen: Die Hauptfigur rückt stärker in den Fokus und bei Seagal kann das nur bedeuten: the man, the myth. Er lässt den Film um sich bauen und glaubt sich mit seinen von Marlon Brando abgeschauten DER PATE-Manierismen auch noch auf der ernstzunehmenden Seite. Er werkelt munter an seinem Privatmythos und bringt deshalb gleich alles unter, was ihm wichtig ist: das Gebet vorm Schlafen gehen, orientalische Glückskeksweisheiten, den überlebensgroßen Familienvater. Alles Elemente, die sich in Seagals ersten vier Filmen wiederfinden lassen. Vor allem die Verbindung Katholizismus/Buddhismus, die abstrahiert nichts anderes darstellt als amerikanischer Westen/asiatischer Osten.
FH: Toller Steilpass, Herr Aussenseiter! Seagal inszeniert sich noch viel mehr selbst als seine Kollegen. Hätte man ziemliche Schwierigkeiten etwa van Dammes Filmfiguren bestimmte unverwechselbare Charaktereigenschaften zuzuweisen, so hat Seagal einen sehr eigenen Typus kultiviert: den des polyglotten, intelligenten, gebildeten, gleichzeitig jedoch mit sehr viel street credibility ausgezeichneten, religiösen und spirituell veranlagten Unbesiegbaren. Diese Figur, die mit Seagals „realem“ Ich verschmilzt (man beachte seine von Brüchen, Lügengeschichten und Legenden geprägte Biografie), ist das eigentlich Interessante seiner Filme.
A: Doch im Gegensatz zu seinen späteren Filmen, wie dem unmittelbar folgenden ZUM TÖTEN FREIGEGEBEN, ist dieser Typ noch nicht etabliert. Er muss dem Zuschauer hier erst noch als Supercop nahe gebracht werden. Das ewige Geseiere darüber wie tough und unverwundbar er doch ist, ging mir in HARD TO KILL manchmal ganz schön auf die Nerven. Es lassen sich bei Seagal auch noch kleinere Unsicherheiten im Spiel finden. Die sind später auch verschwunden. Sein Gesicht, insbesondere seitdem er so fett geworden ist, ähnelt allerdings eher einem Schmalztopf mit zwei Oliven drin. Hier ist der Schmalztopf noch etwas schlanker, die Oliven besser erkennbar und auch beweglicher.
FH: Mich erinnert er eher an eine große aufgeplatzte Fleischwurst! Aber Spaß beiseite: Begreift man HARD TO KILL tatsächlich als Seagal-Einführungsfilm (obwohl es nicht sein Debüt ist) hat man einige Aha-Erlebnisse. Die typischen „Seagalismen“ werden nämlich in der Story entwickelt und gebündelt und machen aus HARD TO KILL tatsächlich so etwas wie einen Meta-Seagalfilm. Das beginnt schon beim kongenialen Titel ...
A: ... der, weil sich die Amis ja immer ganz gerne auf so einen Asia-Firlefanz einlassen, so aussieht als wäre er mit Pinsel in die Credits gemalt...
FH: ... und vor allem von vornherein jeden Anflug von Spannung im Keim erstickt, weil er Seagals wichtigste Eigenschaft in allen seinen Filmen betont: Selbst drei Schüsse aus der Pumpgun mitten in den Wanst können ihn nicht umbringen. Und um Rache zu üben, kehrt er sogar aus dem Jenseits zurück – komplett mit Jesus-Bart!
A: Für seine nachfolgende Rehabilitation braucht er auch keinen Arzt, sondern lediglich einige Kräuter und Akupunkturnadeln aus dem Chinaladen, die er mit großer Kennerschaft anzuwenden weiß, weil er im Orient aufwuchs, wo sein Vater Missionar war.
FH: Seine Religiösität wird ja auch in einer für Seagal typischen und von dir eben schon erwähnten Familienszene zu Beginn des Films thematisiert, in der er mit seinem Sohn das Nachtgebet spricht. Aber der Ernst, mit dem Seagal sich inszeniert und zum Verteidiger traditioneller Werte macht, wird konterkariert von seinem mangelnden Schauspieltalent, seinem äußeren Erscheinungsbild, das ihn immer als schmierigen Proleten ausweist, und der rücksichtslosen Brutalität, mit der er gegen seine Gegner vorgeht.
A: Ich habe ja von Anfang an große Schwierigkeiten mit Seagal gehabt, weil ich in ihm immer nur diesen Vollproleten gesehen habe, der mühevoll versucht, dies mit seinem Zen-Buddhismus zu kaschieren. Diese freundschaftlich gemeinten Backpfeifen, die er immer großherzig verteilt, oder wie er kleinere Leute mit seinen Fettpranken im Nacken fasst und herumführt: All das hat ihn mir immer massiv unsympathisch gemacht. Er wäre zwar gern ein Edelmafiosi, ist aber bestenfalls ein Rausschmeißer.
FH: Aber gerade in diesem Widerspruch zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung liegt doch der Reiz Seagals begründet. Auch in diesem Film wird das ganz offenkundig: Storms Leidensgeschichte versinkt durch Seagals ausdrucksloses Gesicht, das nun auch noch von einem angeklebten Bart verziert wird, in unfreiwilligem Humor, sein Gepose in den Trainingssequenzen wirkt angesichts seines sehr teigigen, unförmigen Körpers albern und seine buddhistische Haltung, seine Religiösität schlicht lächerlich, wenn man sieht, mit welch beachtlicher Brutalität er gegen seine Gegner vorgeht. Sein post-homizidaler one liner gegen Ende – „This is for my wife. Fuck you and die!“ – drückt diese schmucklose, ultrapragmatische Art zu töten, die sich auch in seinem Kampfstil widerspiegelt, perfekt aus. Deshalb wirkt es auch so lachhaft, wenn er wenig später Wortwitz zelebrieren will: Vernon Trents catchphrase „You can take that to the bank“ wird von ihm umgewandelt in: „Now I’m gonna take you to the bank. The blood bank.“
A: Man sieht die 12-Jährigen Kinder, die ihrem Drehbuch schreibenden Papa diesen Witz zugesteckt haben, förmlich vor sich, wie sie sich vor Lachen krümmen ...
FH: Wir hatten ja zu Beginn vom Wandel des Actionfilms hin zum Kampfsportfilm gesprochen. Dieser Sportcharakter ist bei Seagal besonders ausgeprägt (auch wenn er nie einen klassischen Turnierfilm a la BLOODSPORT gemacht hat), wird aber gleichzeitig ad absurdum geführt: Seagal hat nie auch nur einen annähernd gleichwertigen Gegner. Die Spannung besteht niemals darin, wie der Kampf ausgeht, sondern allein darin, auf welche Art und Weise Seagal mit seinem Kontrahenten abrechnen wird und wie lange er dafür braucht.
A: Mit einer Behauptung hast du Unrecht: In dem grottigen HARD TO FIGHT dürfen wir Seagal ja 2004 auch in einem Turnierfilm „bewundern“. Ansonsten stimme ich dir zu, in HARD TO KILL ist er jedenfalls selbst dann noch überlegen, wenn er halbgelähmt in seinem Krankenbett liegt. Er braucht dafür nur einen Wischmob, mit dem er sich aus dem Krankenhaus in die Freiheit rudert.
FH: Hör auf, so abfällig über den Meister zu reden, du gehst ihm auch noch irgendwann auf den Leim. Wie die Krankenschwester – bezeichnenderweise hat er die Darstellerin Kelly LeBrock kurz darauf tatsächlich geheiratet –, die sich sogar in ihn verliebt, als er im Koma liegt. Wie sie unverhohlen sein Geschlechtsteil bewundert, ist für mich eine der ganz großen Szenen dieses ansonsten eher schwachen Seagal-Films.
A: Ich bin froh, dass du das sagst. Ich war beim Gucken jedenfalls ganz schön überrascht, wie wenig Substanz dieser Film aufweist. Aber ich freu mich schon darauf, wenn wir seine späteren Filme in Angriff nehmen. Da gibt’s dann nämlich richtig was in die Fresse.
USA 1990
Regie: Bruce Malmuth, Drehbuch: Steven McKay, Musik: David Michael Frank, Kamera: Matthew F. Leonetti, Schnitt: John F. Link, Darsteller: Steven Seagal (Mason Storm), Kelly LeBrock (Andy Stewart), William Sadler (Senator Vernon Trent), Frederick Coffin (Lt. Kevin O’Malley), Bonnie Burroughs (Felicia Storm), Andrew Bloch (Capt. Dan Hulland)
Synopsis: Der Supercop Mason Storm belauscht, wie ein hoher Politiker einen Killer engagiert, um einen Konkurrenten zu eliminieren. Leider befindet sich in Storms Einheit ein Maulwurf, der den Polizisten verrät. Bei dem folgenden Anschlag wird seine Frau getötet, er selbst so schwer verwundet, dass er ins Koma fällt. Als er sieben Jahre später aufwacht, hat er nur eines im Sinn: Rache ...
DER AUSSENSEITER: In den ganz späten 1980ern zeichnete sich ab, wo es für den Actionfilm in Zukunft hingehen würde. Der Weg des Genres gabelte sich in zwei Richtungen: Der A-Klasse-Actionfilm der frühen 1990er extrahierte den gigantomanischen Aufwand, der in den 1980ern etabliert wurde, und schuf so die Materialschlachten, die in diesem Jahrzehnt Kasse machten. Die Gewaltintensität verschwand dahin, wo sie ursprünglich herkam: in den Bereich der B-Movies. Selbstverständlich hat jeder Einflüsse vom anderen mit drin, aber an HARD TO KILL wird deutlich, wie man geringes Produktionsbudget mit einigen Knochenbrüchen kaschiert.
FUNKHUNDD: Diese Aufspaltung, die du da ansprichst, lässt sich inhaltlich noch weiter differenzieren. Denn der kleine, gewaltreiche Actionstreifen bedient sich zunehmend vor allem der Künste von Martial-Arts-Schauspielern wie Jean-Claude van Damme oder eben Steven Seagal, um nur die prominentesten Vertreter zu nennen. Aufwändige Shootouts und Explosionen rücken zugunsten von preisgünstigen Keilereien in den Hintergrund. Somit steht bei diesen Filmen immer mehr ein „sportlicher“ Aspekt im Zentrum des Interesses. Die einzelne Szene, der Zweikampf wird zum eigentlichen Augenmerk, um das die Geschichte drumherum gestrickt wird.
A: Wobei die Kampfsportelemente ja auch schon in B-Movies der 70er zu finden sind. Man denke nur an die ganz frühen Norris-Vehikel, allen voran BREAKER! BREAKER!, ein Truckerkrimi um einen mit orientalischer Weisheit und Kampfsporterfahrung versehenen Lastwagenfahrer.
FH: Ja, aber dieses Genre erlebt eben erst in den späten 80ern ein Revival, mit Filmen wie KARATE TIGER oder BLOODSPORT ...
A: Noch auffälliger ist die Metamorphose des Actionfilms auf der Inhaltsebene: Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde ein dichotomes Blockdenken obsolet und die Welt erschien auf einmal ungleich komplexer, aber irgendwie auch langweiliger. Die alten Feinde waren weg und hinter dem „eisernen Vorhang“ warteten keine 15-köpfigen Hydren, sondern menschliche Wesen, die bei WAL-Mart einkaufen wollten. Also fing man an, sich wieder auf kleinere Dinge zu konzentrieren. Der ideologische Überbau vieler Actionfilme der 80er verschwand und so erscheint auch dieser Film dramaturgisch als das was er ist: ein kleiner harter Krimi mit Kampfsportelementen.
FH: Genau. Dem ganzen Film – und überhaupt allen Seagals – geht die ideologische Einfärbung, die wir bei den bisher besprochenen Filmen konstatiert haben, beinahe völlig ab. In HARD TO KILL werden keine innen- und außenpolitischen Probleme der USA mehr gelöst, man ist deutlich bescheidener geworden. Zwar kann man immer noch deutlich die Züge einer autoritären Gesellschaft herauslesen, die glaubt, Verbrechen müsse härter bestraft werden, aber das wird selbst nicht mehr thematisiert. Vielmehr ist es zum strukturellen Inventar des Actionfilms geworden. Als ein deutliches Zeichen für das Aufweichen der Fronten darf bei HARD TO KILL die Tatsache betrachtet werden, dass der Oberschurke nun kein Ausländer mehr ist, der die USA infiltrieren möchte, und auch kein Punk, der das System von innen heraus zersetzt, sondern ein angehender Politiker, der einzig und allein seinen eigenen Profit im Sinn hat.
A: Auch wieder ein Element, dass dem B-Movie vorbehalten ist. Hier kann man oftmals viel unverhohlener Kritik an bestimmten Missständen üben, doch muss sich dann am Ende auch alles wieder in geordnete und vor allem angenehme Bahnen begeben. Das Happy End des Filmes kommt bei all der Macht, die der Senator hat, viel zu schnell und wirkt dadurch aufgesetzt. Um noch mal auf den ideologischen Überbau und dessen Verschwinden zu kommen: Die Hauptfigur rückt stärker in den Fokus und bei Seagal kann das nur bedeuten: the man, the myth. Er lässt den Film um sich bauen und glaubt sich mit seinen von Marlon Brando abgeschauten DER PATE-Manierismen auch noch auf der ernstzunehmenden Seite. Er werkelt munter an seinem Privatmythos und bringt deshalb gleich alles unter, was ihm wichtig ist: das Gebet vorm Schlafen gehen, orientalische Glückskeksweisheiten, den überlebensgroßen Familienvater. Alles Elemente, die sich in Seagals ersten vier Filmen wiederfinden lassen. Vor allem die Verbindung Katholizismus/Buddhismus, die abstrahiert nichts anderes darstellt als amerikanischer Westen/asiatischer Osten.
FH: Toller Steilpass, Herr Aussenseiter! Seagal inszeniert sich noch viel mehr selbst als seine Kollegen. Hätte man ziemliche Schwierigkeiten etwa van Dammes Filmfiguren bestimmte unverwechselbare Charaktereigenschaften zuzuweisen, so hat Seagal einen sehr eigenen Typus kultiviert: den des polyglotten, intelligenten, gebildeten, gleichzeitig jedoch mit sehr viel street credibility ausgezeichneten, religiösen und spirituell veranlagten Unbesiegbaren. Diese Figur, die mit Seagals „realem“ Ich verschmilzt (man beachte seine von Brüchen, Lügengeschichten und Legenden geprägte Biografie), ist das eigentlich Interessante seiner Filme.
A: Doch im Gegensatz zu seinen späteren Filmen, wie dem unmittelbar folgenden ZUM TÖTEN FREIGEGEBEN, ist dieser Typ noch nicht etabliert. Er muss dem Zuschauer hier erst noch als Supercop nahe gebracht werden. Das ewige Geseiere darüber wie tough und unverwundbar er doch ist, ging mir in HARD TO KILL manchmal ganz schön auf die Nerven. Es lassen sich bei Seagal auch noch kleinere Unsicherheiten im Spiel finden. Die sind später auch verschwunden. Sein Gesicht, insbesondere seitdem er so fett geworden ist, ähnelt allerdings eher einem Schmalztopf mit zwei Oliven drin. Hier ist der Schmalztopf noch etwas schlanker, die Oliven besser erkennbar und auch beweglicher.
FH: Mich erinnert er eher an eine große aufgeplatzte Fleischwurst! Aber Spaß beiseite: Begreift man HARD TO KILL tatsächlich als Seagal-Einführungsfilm (obwohl es nicht sein Debüt ist) hat man einige Aha-Erlebnisse. Die typischen „Seagalismen“ werden nämlich in der Story entwickelt und gebündelt und machen aus HARD TO KILL tatsächlich so etwas wie einen Meta-Seagalfilm. Das beginnt schon beim kongenialen Titel ...
A: ... der, weil sich die Amis ja immer ganz gerne auf so einen Asia-Firlefanz einlassen, so aussieht als wäre er mit Pinsel in die Credits gemalt...
FH: ... und vor allem von vornherein jeden Anflug von Spannung im Keim erstickt, weil er Seagals wichtigste Eigenschaft in allen seinen Filmen betont: Selbst drei Schüsse aus der Pumpgun mitten in den Wanst können ihn nicht umbringen. Und um Rache zu üben, kehrt er sogar aus dem Jenseits zurück – komplett mit Jesus-Bart!
A: Für seine nachfolgende Rehabilitation braucht er auch keinen Arzt, sondern lediglich einige Kräuter und Akupunkturnadeln aus dem Chinaladen, die er mit großer Kennerschaft anzuwenden weiß, weil er im Orient aufwuchs, wo sein Vater Missionar war.
FH: Seine Religiösität wird ja auch in einer für Seagal typischen und von dir eben schon erwähnten Familienszene zu Beginn des Films thematisiert, in der er mit seinem Sohn das Nachtgebet spricht. Aber der Ernst, mit dem Seagal sich inszeniert und zum Verteidiger traditioneller Werte macht, wird konterkariert von seinem mangelnden Schauspieltalent, seinem äußeren Erscheinungsbild, das ihn immer als schmierigen Proleten ausweist, und der rücksichtslosen Brutalität, mit der er gegen seine Gegner vorgeht.
A: Ich habe ja von Anfang an große Schwierigkeiten mit Seagal gehabt, weil ich in ihm immer nur diesen Vollproleten gesehen habe, der mühevoll versucht, dies mit seinem Zen-Buddhismus zu kaschieren. Diese freundschaftlich gemeinten Backpfeifen, die er immer großherzig verteilt, oder wie er kleinere Leute mit seinen Fettpranken im Nacken fasst und herumführt: All das hat ihn mir immer massiv unsympathisch gemacht. Er wäre zwar gern ein Edelmafiosi, ist aber bestenfalls ein Rausschmeißer.
FH: Aber gerade in diesem Widerspruch zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung liegt doch der Reiz Seagals begründet. Auch in diesem Film wird das ganz offenkundig: Storms Leidensgeschichte versinkt durch Seagals ausdrucksloses Gesicht, das nun auch noch von einem angeklebten Bart verziert wird, in unfreiwilligem Humor, sein Gepose in den Trainingssequenzen wirkt angesichts seines sehr teigigen, unförmigen Körpers albern und seine buddhistische Haltung, seine Religiösität schlicht lächerlich, wenn man sieht, mit welch beachtlicher Brutalität er gegen seine Gegner vorgeht. Sein post-homizidaler one liner gegen Ende – „This is for my wife. Fuck you and die!“ – drückt diese schmucklose, ultrapragmatische Art zu töten, die sich auch in seinem Kampfstil widerspiegelt, perfekt aus. Deshalb wirkt es auch so lachhaft, wenn er wenig später Wortwitz zelebrieren will: Vernon Trents catchphrase „You can take that to the bank“ wird von ihm umgewandelt in: „Now I’m gonna take you to the bank. The blood bank.“
A: Man sieht die 12-Jährigen Kinder, die ihrem Drehbuch schreibenden Papa diesen Witz zugesteckt haben, förmlich vor sich, wie sie sich vor Lachen krümmen ...
FH: Wir hatten ja zu Beginn vom Wandel des Actionfilms hin zum Kampfsportfilm gesprochen. Dieser Sportcharakter ist bei Seagal besonders ausgeprägt (auch wenn er nie einen klassischen Turnierfilm a la BLOODSPORT gemacht hat), wird aber gleichzeitig ad absurdum geführt: Seagal hat nie auch nur einen annähernd gleichwertigen Gegner. Die Spannung besteht niemals darin, wie der Kampf ausgeht, sondern allein darin, auf welche Art und Weise Seagal mit seinem Kontrahenten abrechnen wird und wie lange er dafür braucht.
A: Mit einer Behauptung hast du Unrecht: In dem grottigen HARD TO FIGHT dürfen wir Seagal ja 2004 auch in einem Turnierfilm „bewundern“. Ansonsten stimme ich dir zu, in HARD TO KILL ist er jedenfalls selbst dann noch überlegen, wenn er halbgelähmt in seinem Krankenbett liegt. Er braucht dafür nur einen Wischmob, mit dem er sich aus dem Krankenhaus in die Freiheit rudert.
FH: Hör auf, so abfällig über den Meister zu reden, du gehst ihm auch noch irgendwann auf den Leim. Wie die Krankenschwester – bezeichnenderweise hat er die Darstellerin Kelly LeBrock kurz darauf tatsächlich geheiratet –, die sich sogar in ihn verliebt, als er im Koma liegt. Wie sie unverhohlen sein Geschlechtsteil bewundert, ist für mich eine der ganz großen Szenen dieses ansonsten eher schwachen Seagal-Films.
A: Ich bin froh, dass du das sagst. Ich war beim Gucken jedenfalls ganz schön überrascht, wie wenig Substanz dieser Film aufweist. Aber ich freu mich schon darauf, wenn wir seine späteren Filme in Angriff nehmen. Da gibt’s dann nämlich richtig was in die Fresse.
1 Comments:
Ich lach mich schlapp - dieser Jesus-Bart und die Betrachtung des Seagal-Penis ist zum Brüllen komisch! Ob der auch unverwundbar ist?
Mehr gibt´s nicht zu kommentieren ;-)
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