Dienstag, August 29, 2006

... and the home of the Psychos

Young Warriors (Young Warriors)
USA 1983
Regie: Lawrence D. Foldes, Drehbuch: Russell W. Colgin, Lawrence D. Foldes, Kamera: Mac Ahlberg, Jacques Haitkin, Musik: Robert J. Walsh, Schnitt: Ted Nicolaou
Darsteller: Ernest Borgnine (Lt. Bob Carrigan), Richard Roundtree (Sergeant John Austin), Lynda Day George (Beverly Carrigan), James van Patten (Kevin Carrigan), Anne Lockhart (Lucy), Tom Reilly (Scott), Mike Norris (Fred), Linnea Quigley (Ginger)

Synopsis: Der Polizistensohn Kevin führt mit seinen alten Highschool-Kumpels ein unbeschwertes Studentenleben voller One Night Stands, Besäufnisse und der typischen Demütigungen für die Neuankömmlinge. Doch dann fällt seine Schwester Tiffany einer Bande Gewaltverbrecher zum Opfer. Kevin ist schockiert und als sich abzeichnet, dass die Polizei im Dunklen tappt, beschließen er und seine Freunde, das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen.

FUNKHUNDD: YOUNG WARRIORS ist ein absolut außergewöhnlicher Film und in diesem Blog eigentlich völlig deplaziert, behandelte er nicht ein Thema, dass zur Eighties-Action gehört wie die Magnum zu Dirty Harry: Selbstjustiz. Also sicherte sich die Cannon die Vertriebsrechte und verpasste dem Film ein hübsch dulles Poster mit knackiger Tagline. Der Film wäre gut in einem Double Feature mit VIGILANTE aufgehoben, der das Thema ähnlich differenziert behandelt. Foldes zeigt in YOUNG WARRIORS, was mit ganz normalen jungen Männern passiert, die glauben, das Gesetz in die eigenen Hände nehmen zu können. Das spielt sich über weite Strecken ziemlich realitätsnah ab, sodass der Freund durchchoreografierter Actionballette nicht ganz auf seine Kosten kommt.

DER AUSSENSEITER: Also was die Deplatziertheit in unserem Blog angeht, kann ich Dir nicht so ganz zustimmen. Ganz im Gegenteil: Der Film ist ein Musterbeispiel für einen intelligenten B-Film. Sozusagen ein Schaf im Wolfspelz. Bei erster Betrachtung war ich schon etwas verwundert, erwartete ich doch den handelsüblichen Reißer mit „Aufräum-Ideologie“ und bekam stattdessen einen Actionfilm mit Drama-Einschlag, der tatsächlich funktionierte.

FH: Um mal kurz einzuhaken: Hier geht es ja nun nicht in erster Linie um den intelligenten B-Film, sondern eben um das Actionkino der Achtziger. Und da fällt YOUNG WARRIORS vom Ton her schon ziemlich raus ...

A: Sicher, aber gerade diese interessante Melange aus 80er Action und didaktischer Konzeption, anhand derer erkennbar wird, dass es auch anders geht, macht doch den Reiz aus. Die Budgetierung, die Schauspieler – unter anderen Chuckies Sohn Mike – und die Produktionsstandards weisen den Film klar als Low Budget aus, doch Regisseur Lawrence D. Foldes schafft es mit den geringen Möglichkeiten auszukommen und die negativen Punkte oftmals in positive umzuwandeln. Sicherlich ist es die Drehbuchebene, auf der YOUNG WARRIORS am interessantesten ist. Foldes hat hier mit Richard W. Colgin zusammengearbeitet, der mit Ausnahme von NIGHT FORCE – SCHRECKENSKOMMANDO, der ebenfalls mit Foldes realisiert wurde, nie wieder an einem Film gearbeitet hat. Rückschlüsse darüber, warum das Drehbuch so gelungen ist, lassen sich somit nur schwer anhand ihrer Arbeiten ziehen. Es könnte genauso ein Zufallstreffer sein, doch man merkt dem Film die Ambitioniertheit junger Menschen an, die endlich eine Chance sahen, einen Film etwas aufwändiger umzusetzen.

FH: Da möchte ich dir zwar beipflichten, man muss aber einräumen, dass YOUNG WARRIORS deutlich besser hätte sein können, wäre ein versierterer Regisseur am Werk gewesen und hätte diesem etwas mehr Geld zur Verfügung gestanden. Foldes ist ein Phantom, er hat sechs Filme inszeniert, diese auch geschrieben und zum Teil produziert. Seine Filme sind in dem Zeitraum zwischen 1978 und 2003 entstanden, was unweigerlich die Frage aufwirft, womit er sonst sein Geld verdient. Die Darsteller der Studentenclique – vor allem James van Patten – sind allesamt ein bisschen zu alt für ihre Rollen und die Darstellung des Universitätsalltags mutet etwas unbeholfen an, zumal Foldes in einigen Szenen eine Art Intellektuellenkritik vorgeschwebt haben dürfte: Die Professoren – vielleicht auch bedingt durch die ziemlich miese deutsche Synchronisation – kommen jedenfalls alles andere als intellektuell daher. Das trägt dazu bei, dass YOUNG WARRIORS wie ein Schundfilm daherkommt, der er zumindest inhaltlich überhaupt nicht ist.

A: Auch hier muss ich Dir widersprechen, sehe ich doch weniger eine Kritik an den Intellektuellen, als eine Darstellung ihrer Hilflosigkeit in Anbetracht emotional schockierender Situationen im Alltag. Auch mit Foldes würde ich nicht so hart ins Gericht gehen, denn das Verblüffende ist, dass die seltsame Mixtur des Filmes tatsächlich aufgeht. Er versucht eine stereotype Selbstjustizgeschichte mit den Mitteln des Actionfilms und Melodrams zu erzählen. Dabei werden die Standardsituationen des „Rape-and-Revenge“-Filmes durchgespielt: Wir bekommen den Schmerz von Opfern vorgeführt, die Brutalität der Täter und jede Menge klischeehafter Dialoge.

FH: Hmmm, ich glaube, du hast Recht. Möglicherweise lassen sich Kevins Ausbrüche gegen das „gelehrte Geschwätz“ der Uniprofessoren, die ich eben als Intellektuellenkritik verstanden habe, eher im Sinne einer solchen falschen Fährte lesen, auf die ich ganz offensichtlich hereingefallen bin. Diese Tiraden gehören zum Selbstjustizfilm und zum Rächertypus einfach dazu.

A: Warum funktioniert der Film also? Als die Schwester der Hauptfigur Kevin bestialisch vergewaltigt wird und schließlich den Verletzungen im Krankenhaus erliegt, findet eine extreme Invertierung der Grundstimmung des Filmes statt, die vom Zuschauer tatsächlich nachempfunden wird. Das könnte fast ein Zufall sein, denn schließlich benötigt die Geschichte diesen Motivationsschub für die folgende Selbstjustiz, doch dann wird eine falsche Fährte nach der anderen gelegt. Der Film suggeriert den üblichen Ablauf, doch schon gleich bei der ersten Ausübung von Selbstjustiz fahren Kevin und seine College-Freunde gegen die Wand.

FH: Foldes behandelt das Phänomen „Selbstjustiz“ weniger auf einer soziologischen als vielmehr auf einer psychologischen Ebene. YOUNG WARRIORS ist beinahe ein Psychogramm. Der schon etwas orientierungslose und getrieben wirkende Held Kevin verliert nach dem Tod seiner Schwester völlig den Halt und gerät in eine Gewaltspirale, die erst durch seinen Freitod gestoppt werden kann. Sein Bedürfnis nach Rache entpringt einem rein persönlichen Motiv, dass er jedoch nach und nach transzendiert.
Er will mit seinen Freunden die Gesellschaft vor dem Verbrechen retten. Es kommt zur Eskalation, weil ihm keine anderen Handlungsoptionen aufgezeigt werden.

A: Die Dissonanzen des Filmes, der mit vertrauten Genreelementen einen zunehmend unkonventionellen und dem gängigen Selbstjustizfilm entgegen gesetzten Verlauf zeigt, lassen sich entscheidend an Kevin exemplifizieren. So wie er sich selbst nicht versteht und schon vor dem Verbrechen versucht, seine aufgewühlte Psyche durch Animationsfilme auszudrücken, entlädt sich in ihm eine regelrechte Wut auf alle Kriminellen. Doch im Gegensatz zu allen anderen Leinwandrächern wird hier nicht ausgeblendet, was psychologisch eklatant ist: Ein Mensch, der aufgrund eines Gewaltverbrechens Familienangehörige verliert und sich dann auserkoren fühlt, die Kriminalität mit Waffengewalt zu bekämpfen, ist desintegriert und außerstande, ein normales Leben zu führen. Dies wird bei Figurenzeichnungen natürlich meistens ausgespart, aber Foldes unterschlägt es nicht. Wie selbstverständlich lässt er dies einfach mitlaufen, doch der Zuschauer hat Schwierigkeiten es einzuordnen, da Kevin weiterhin als Sympathiefigur fungiert.

FH: Die von dir angesprochenen Filme Kevins symbolisieren sein zerrissenes Seelenleben: wilde Farbexplosionen aus dem Computer, die an eine Videospielversion der berühmten Sternentorpassage aus 2001 erinnern. Abseits dieser Bilder, die auf den Zuschauer zunächst wie ein Gimmick wirken, erwartet man doch einen typischen Rächerfilm, deutet in den ersten zwanzig Minuten nichts konkret auf seine psychische Disposition hin, man ist als Zuschauer zunächst geneigt, über diese Sequenz hinwegzusehen. Auch Kevins Professor weiß mit Kevins Kurzfilm nichts anzufangen, wischt dessen Erklärung, er wolle seinen Gefühlen der inneren Desorientierung Ausdruck verleihen, einfach weg: Gefühle hätten mit Kunst nichts zu tun.

A: Kevin sagt ganz wörtlich, er verstehe nicht, was in ihm vorgehe ...

FH: Genau. Und der letzte Film – eine sehr exzessive, selbstzerstörerische Vision, in der auch sein Selbstmord vorweggenommen wird – wird dann endgültig als „entartet“ und „krank“ diffamiert. Hier, wie auch in einer anderen Szene, in der Kevin Beistand bei einem Professor sucht, von diesem aber nur an den Psychiater verwiesen wird, zeigt sich, dass das Abrutschen Kevins prädisponiert und nicht zuletzt der Gleichgültigkeit seiner Umwelt geschuldet ist ...

A: … und gleichzeitig wieder der Hilflosigkeit des Lehrapparates. Die Charakterisierung Kevins ist ungewöhnlich durchdacht. Foldes und Colgin zeigen ihn nicht nur als einen durch einen Stimulus zum Töten bereiten Automaten, sondern gehen schon vor der Tat auf seine eher unangepasste Art ein: Sein High-School-Diplom holt er sich buchstäblich im Vorbeifahren ab, indem er mit dem Motorrad über die Bühne fährt; er tobt sich bei Pennälerspäßen aus, legt aber eine extreme Ernsthaftigkeit bei seinem Studium an den Tag; dann seine wilden Animationen. All dies steht vor dem eigentlichen Auslöser.

FH: „Unangepasst“ trifft es nicht ganz, finde ich. Kevin verhält sich so, wie man es vom „Anführer“ einer Clique in den jeweiligen Situationen erwarten darf: So muss er am Graduation Day seine Missachtung für die High-School-Etikette zeigen, im Studium dann zumindest tagsüber aber die Rolle des verantwortungsbewussten Vaters mimen. Das Problem scheint eher zu sein, dass er sich in der Rolle des Leaders gar nicht wohl fühlt und deutlich sensibler und unsicherer ist als er sich gibt.

A: Kevin hat bereits die psychische Disposition einer dissozialen Persönlichkeitsstörung und das Verhängnis nimmt seinen Lauf, als er glaubt, durch die Rache für den Tod seiner Schwester seinen unkontrollierten Gefühlen eine Richtung geben zu können. Das wirklich Kuriose ist aber, dass Foldes trotz dieser Psychologisierung den Film weiterhin wie einen 80er-Actionfilm aussehen lässt. Hier scheinen Elemente verquickt, die nicht zusammenpassen.

FH: Die Frage, die YOUNG WARRIORS aufwirft: Wie findet man ein nötiges rationales Argument gegen Handlungen, die einen rein emotionalen Ursprung haben? Kevins Trauer, Wut und Hilflosigkeit lassen sich nicht wegrationalisieren. So spielt der Film geschickt inhaltlich wie formal Rationalität gegen Emotionalität aus. Der Gefühlsmensch Kevin sieht sich seiner Meinung nach verkopften Phrasendreschern gegenüber, die bei allem Verstand vor allem Einfühlungsvermögen vermissen lassen. In seiner Struktur hat mich YOUNG WARRIORS etwas an den kürzlich gelaufenen HOSTEL erinnert: Die ersten zwanzig Minuten des Films sind geprägt von den ausgelassenen Späßen der Protagonisten, dem wilden Studentenalltag. Der Film begibt sich hier in die Nähe von solchen Teenie- und College-Komödien wie PORKY’S etc. Der Wandel im Ton kommt danach umso härter, die Gewalt bricht genauso unvermittelt in den Film wie in Kevins Leben ein. Die Vergewaltigung ist von frappierender Brutalität und bricht völlig mit dem bis dahin aufrecht gehaltenen Ton des Films. Das wird noch dadurch potenziert, dass Foldes sie parallel zu einem Streich der College-Clique montiert. Kein Wunder, dass der Zuschauer sich ebenso wenig von diesem Schock erholt wie Kevin.

A: Kevin und seine Freunde Scott, Stan und Fred leben zu Beginn nach dem klassischen Muster amerikanischer College-Boys. Sie sind jung, sehen gut aus, haben nur Spaß und das Studium wird nebenbei auch noch erledigt. Sie scheinen die junge Generation zu sein, auf die Amerika bauen kann. Auch darin offenbart sich die gallige Kritik des Films. Sie könnten gar nicht amerikanischer sein und infolgedessen erscheint ihnen auch der Griff zur Waffe nur bedingt fragwürdig. Doch auch hier meldet einer Zweifel an und meint, dass dies doch den Ärger erst anziehen würde. Die Aktionen der Gruppe sind nichts weiter als blindwütiger Aktionismus. Keiner ihrer Streifzüge ist wirklich erfolgreich, sie bringen im Endeffekt alle mehr Schaden als Nutzen, sowohl für sich selbst als auch für die, die sie schützen wollen. Wenn man genau hinsieht, wird man feststellen, dass jede Szene des Filmes überaus differenziert gestaltet wurde und versucht wird, jedes Für und Wider anklingen zu lassen.

FH: Dazu gehören auch die üblichen Argumente des Selbstjustiz-Films: Kevins Vater, der brave Polizist, versucht seinem Sohn zu erklären, dass die Jagd auf Verbrecher eine Sache der Polizei ist, dass nicht jeder einfach bewaffnet losziehen kann, um „Recht zu sprechen“. Das ist in diesem Moment aber keine hohle Phrase, die Warnung erwächst vielmehr aus dem Wissen, dass der Schuss für Kevin im wahrsten Sinne des Wortes nur nach hinten losgehen kann. Man sieht dem Vater förmlich an, wie sehr auch er darunter leidet, an die Vorschriften gebunden zu sein. Kevins Vorwürfe, die Polizeimethoden würden allesamt nicht greifen, kann sein Vater nicht erwidern, was ihn deshalb auch doppelt hart trifft. Die Darstellung der Streifzüge von Kevin und seinen Freunden lassen aber letztlich keinen Zweifel an der Aussage des Films.

A: Auch in anderen Belangen wirkt der Film seltsam komplex. Während VIGILANTE die weibliche Sicht nur andeutet, erhält sie in YOUNG WARRIORS einen eigenen Raum. Kevins Freundin Lucy macht sich Sorgen um ihn und versucht herauszufinden, warum er sich immer weniger mit ihr Treffen möchte und immer schneller überreagiert. Er weist sie nur schroff ab und während in anderen Filmen die Angelegenheit damit erledigt gewesen wäre, gibt es im Anschluss eine vergleichsweise lange Szene, in der sie mit Ginger, Scotts Freundin, ein Zwiegespräch über das merkwürdige Verhalten ihrer Freunde führt. Die Eindringlichkeit ihrer Situation wird durch ein permanentes Umrunden der beiden mit der Kamera entsprechend unterstrichen.

FH: Was in anderen Filmen der Dekade überhaupt nicht problematisiert wird, nämlich dass die Gewalt meist von den männlichen Vertretern der Spezies ausgeht, zeigt Foldes in aller Deutlichkeit. Kevins Schwester stirbt auch nur, weil ihr Freund eine eigentlich schon entschärfte Situation durch männliches Imponiergehabe erneut anheizt. Überhaupt ist die Darstellung der Gewaltakte einer der faszinierendsten und intelligentesten Aspekte des Films.

A: Überhaupt die Szene, in der Kevin nach einer ihrer Touren zu einer Nutte geht, um sich dort abzureagieren. Hier wird sogar auf den im Actionfilm gerne unterschlagenen Zusammenhang von Sexualität und Gewalt verwiesen. Kevin geilt sich an der Gewalt auf.

FH: Zunächst gehen die Protagonisten völlig unbedarft auf die Jagd und werden sogleich von der Polizei geschnappt. Der einsetzende Lernprozess führt zwar dazu, dass das nicht mehr passiert, aber ihre Einsätze laufen nie glimpflich ab: Entweder lassen Leute aus den eigenen Reihen ihr Leben, werden verwundet oder Unschuldige werden getötet. Der Ernst der Lage scheint den Jungs nicht klar zu sein: Ihre Haltung vermittelt den Eindruck, als hielten sie ihre Streifzüge lediglich für eine Fortsetzung ihrer Streiche. Die Jagd nach den tatsächlichen Mördern von Kevins Schwester rückt schon bald in den Hintergrund, es werden wahllos Verbrecher und Gesocks gejagt. Am Ende uniformieren sich unsere Helden und ziehen in voller Kampfmontur und Bewaffnung in den Kampf. Doch sie müssen schmerzhaft feststellen, dass die Verkleidung noch keinen Soldaten macht. Der letzte Einsatz ist beinahe vollständig in Zeitlupen aufgelöst: Es wird deutlich, dass die Helden eine Schwelle überschritten haben und es kein Zurück mehr gibt. Sie haben sich in ihren Gewaltfantasien völlig verloren.

A: Ja, das endgültige Scheitern der Jungs offenbart sich in diesem Ende, wenn die Kneipe gestürmt wird, in der sie die Vergewaltiger von Kevins Schwester vermuten. Hier fallen nun endgültig alle Grenzen, denn in diesem von Kriminellen frequentierten Etablissement ist weder für die Freunde, noch für den Zuschauer ersichtlich, wer tatsächlich die eigentliche Tat begangen hat. Die einzige Verbindungsfigur, die wir zu den Tätern haben, ist ein schmieriger, dunkler Typ, der hinter einer riesigen Sonnenbrille versteckt ist und im ganzen Film kein Wort sagt ...

FH: ... und außerdem ein geil schäbiges Totenkopftattoo auf dem Handrücken trägt.

A: Dadurch, dass er an der Schießerei ebenfalls beteiligt ist, lässt sich wenigstens erahnen, dass ein Verantwortlicher „zur Strecke“ gebracht wird, aber alle anderen, die ihre Waffen ziehen, könnten ebenso Unbeteiligte sein, die sich verständlicherweise darüber wundern, dass eine schwer bewaffnete Horde von paramilitärischen Jugendlichen ihre Stammkneipe stürmen.

FH: Innerhalb unseres bisherigen „Kanons des Actionfilms“ nimmt YOUNG WARRIORS mit Sicherheit eine Sonderstellung ein. Foldes hat so etwas gemacht wie einen Actionfilm, der sich der Action verweigert. Die Glorifizierung von Gewalt, die die handelsübliche Ästhetisierung meist bewirkt, findet hier nicht statt. Die wenigen „Actionsequenzen“ sind beinahe statisch, das Morden von Verbrechern wird nicht als Heldentat, sondern seinerseits als Verbrechen dargestellt. Es ist geradezu schmerzhaft, Kevin bei seinem Abstieg zusehen zu müssen. Die Parenthese des Films – gemeinsamer Schulabschluss zu Beginn, ein altes verblichenes Highschool-Foto am Ende – verleiht YOUNG WARRIORS eine durchschlagende Tragik, einen mahnenden Ton. Ziemlich erstaunlich für die Reagan-Eighties.

A: Zumal dieses alte Highschool-Bild dann auch noch mit einer wehklagenden, leicht verzerrten E-Gitarrenversion der amerikanischen Nationalhymne unterlegt ist. Das macht die Aussage endgültig klar. Sowohl bei der Zeitlupeninszenierung der Schießerei am Schluss als auch bei der Dekonstruktion von Gewaltmustern zeigt sich, dass Foldes sich gern bei Peckinpah verorten würde. Hier kann es keine Gewinner geben: Gewalt erzeugt Gegengewalt und diese abgedroschene Phrase wird im Film eindrucksvoll umgesetzt. Und überraschend noch dazu, da man es bei einem Film, der in dieser Verpackung daherkommt, keinesfalls erwartet hätte. Während der Abspann an meinem Auge vorüber zog, das alte Highschool-Foto ausgeblendet wurde und die Musik sich in synthetische Sounds umwandelte, wurde es mir klar: Diesen Film hätte ich gerne gedreht.