Die Banalität des Blöden
Macho Man
Deutschland 1984
Regie & Drehbuch: Alexander Titus Benda, Kamera: Adi Gürtner, Klaus Werner, Musik: Michael Landau
Darsteller: René Weller (Dany Wagner), Peter Althof (Andreas), Bea Fiedler (Sandra Petersen), Jacqueline Elber (Lisa), Michael Messing (Markus), Horst Schreiner (Doktor)
Synopsis: Nürnberg Drug City. Der Boxweltmeister Dany kommt der drallen Blondine Sandra gerade noch rechtzeitig zur Hilfe, bevor ihr drei Ganoven aus Rache auf offener Straße einen Druck setzen können. Sandra hatte vor kurzem ihre Freundin aus den gierigen Klauen der Drogenmafia befreit. Doch die Freude über die Rettung durch Sunnyboy Dany währt nur kurz, denn die besagte Freundin wird am nächsten Tag tot aufgefunden, die fränkische Metropole scheint dem endgültigen Verfall geweiht. Gott sei Dank trifft Dany bei einem Banküberfall auf seinen Bruder im Geiste, Karate-As Andreas. Und nachdem die beiden Titanen ihr Revier abgesteckt haben – Dany kriegt Sandra, Andreas die neureiche Lisa –, beschließen sie, ihren Größenwahn und ihre Selbstverliebtheit produktiv zu kompensieren und die Straßen des Molochs Nürnberg endgültig von der miesen Drogenbrut zu befreien.
DER AUSSENSEITER: MACHO MAN hätte ein ungemein wichtiger Film, nicht nur im fränkischen bzw. deutschen Raum sein können, nein, er hätte sich als einer der wichtigeren Kulturbeiträge des postmodernen Diskurses empfehlen können. Eine völlige neue Genrebezeichnung wäre denkbar gewesen, die in diesem Film dann tatsächlich nicht nur im übertragenen, sondern im Wortsinne als terminus technicus sinnvoll gewesen wäre: der Proletenfilm.
FUNKHUNDD: Immerhin ist MACHO MAN bzw. HARTE FÄUSTE einer von wenigen deutschen Versuchen aus den Achtzigern, einen waschechten Actionfilm zu machen. Es gibt einige typische Zutaten: einen Selbstjustizplot und zwei Darsteller, die sich durch ihre sportlichen Erfolge für Superheldentaten qualifizieren. Leider sind in MACHO MAN außer diesem großen Besetzungscoup nur wenig mehr Ideen eingeflossen. Die Story ist eigentlich noch nicht mal als Plot zu bezeichnen, einen durchgehenden Spannungsaufbau gibt es nicht und filmisch ist das alles mit „bieder“ noch überbewertet. Dafür bekommt man einen mehr als provinziell anmutenden Ultrabaddie, der aber in der Sparte „Deutscher Boxerfilm“ absolut einzigartig sein dürfte.
A: „Von Inkompetenten, für Inkompetente“ ist dann auch die Losung, unter der man den Film goutieren kann. Bei der gesamten Gestaltung von Bild und Ton als künstlerischer Einheit, den schauspielerischen Leistungen und der Botschaft, die transportiert werden soll, lässt sich die Fremdscham kaum vermeiden. Sehen wir uns MACHO MAN an, dann sehen wir einen stinkenden, völlig heruntergekommenen Obdachlosen, der irgendwie zu Geld gekommen ist und nun in einem piekfeinen Restaurant verzweifelt versucht „einen auf dicke Hose zu machen“. Es kann nicht funktionieren.
FH: Toller Hinweis von dir! Den Eindruck, den Brian De Palma in der großen Szene aus SCARFACE – Tony Montana beschimpft die empört herumsitzenden Snobs in einem piekfeinen Restaurant – in wenigen Minuten entwickelt, dehnt Benda auf Spielfilmlänge. MACHO MAN weiß dann auch über den immensen Trashfaktor hinaus vor allem dann zu überzeugen, wenn man sich das Milieu vor Augen führt, in dem die naive Selbstjustizmär angesiedelt ist. Wie in dem zuletzt vorgestellten HELDEN USA hat sich bei MACHO MAN niemand die Mühe gemacht, die reaktionäre Geisteshaltung irgendwie zu verbergen. In dem bedingungslosen Glauben, zur guten Seite zu gehören, lassen Weller und Althof jegliche Zurückhaltung fahren.
A: Schon im Kampf zu Beginn können wir erkennen, welch Geistes Kind de’ René, Entschuldigung, Dany, is’. Mit prolligen Rummelboxermanieren versucht er seinen Gegner geschickt aus dem Konzept zu bringen und auch ansonsten legt er eine ungeheuer grazile Kampweise an den Tag, die uns den gewieften Taktiker und gnadenlosen Fighter in all seiner körperlich ausdefinierten Pracht vorführt. Die Musik von Michael Landau, einer der wenigen am Film Beteiligten, die sich nach der Produktion nicht sofort entsetzt vom Medium Film abwandten und in Mittelamerika Anschluss zu einer Christussekte suchten, fetzt uns ordentlich was weg, dass der Casio-Synthie nur so geraucht haben wird. Ökonomisch, aber gleichzeitig raffiniert in seiner Konzeption, verwendet der Regisseur für den Vorspann Filmausschnitte, die wir später nochmals zu sehen bekommen, um uns auf das Künftige einzustellen. Im Grunde ein genialer Clou, denn wer jetzt noch im Kino sitzen bleibt, der gehört zu den Härtesten der Harten.
FH: Jau, sogar das Schlussbild bekommt man vorverabreicht. Damit dreht Benda allen Spoiler-Verächtern eine lange Nase: Die Helden werden überleben, die schnieken Ischen abgreifen und Dany wird dazu einen gelben Overall vorführen. MACHO MAN ist eine reine Selbstdarstellungsplattform für die narzisstische Verblendung Wellers und Althofs. Der Vater des Letztgenannten hat den Film dann auch mitfinanziert und sich in einer kleinen Nebenrolle verewigt. Beide halten sich für absolut unwiderstehlich, talentiert und erfolgreich und offensichtlich glaubten sie daran, eine Art Vorbildfunktion übernehmen zu können. Die Darstellung der beiden outet sie aber vielmehr als Proleten, Chauvis und außerdem als absolut untalentierte Schauspieler und gibt sie so vollends der Lächerlichkeit preis. In einem anderen Film wären der schnurrbärtige Boxprolet Dany ideales Schurkenmaterial, das von einem echten Helden so beherzt aus der Stone-Washed-Jeans gedroschen würde, dass nur noch die Wildledercowboystiefel zurückblieben. Nie lagen Gut und Böse so eng beieinander ...
A: Danys Rettungsaktion am Anfang zeigt ihn in allen Belangen als Weltmann. Mehr an die Karikatur eines Storches erinnernd, stakst er in seinen Stretchjeans durch die Nacht und haut mal eben die drei Typen zusammen, die de’ Sandra an’ne Wäsche wollen. Die zeigt sich erkenntlich, indem sie, eben noch dem Tode nahe und völlig aufgelöst, große Lust hat, sich von ihm in die Disco einladen zu lassen, damit er sie mit seinem Schnauzer ordentlich glattbürsten kann. Wellis Schnauzer macht dann auch immer mal wieder einige Wandlungen durch, von ausgedünnt über buschig bis Walross, aber nicht immer in dieser Reihenfolge. Die Vertonung der Prügeleien erinnert an die guten, alten Shaw Brothers Klassiker, wo Schläge krachen wie eine Massenkarambolage auf der A3 und 2cl Schnaps noch wie 10 Liter Milch plätschern. Sandra hingegen, von Ex-Playmate Bea Fiedler gegeben, könnte blöder, aber auch draller gar nicht sein und so heißt für sie die Devise: Vögeln, was kommt.
FH: Ja, die Frauen in MACHO MAN ... Im Traum habe ich schon Abhandlungen über die „Rolle der Frau“ im überschaubaren Gesamtwerk Bendas geschrieben. Wie auch Dany und Andreas zwei Supertypen sein sollen, die sie ganz augenscheinlich nicht sind, werden diese beiden Friseusen als echte Klassefrauen angepriesen. Bea Fiedler, Dyanne Thorne in ihren männlich-herben Gesichtszügen nicht ganz unähnlich, ist dabei die Gutbürgerliche, die als Arzthelferin mit beiden Beinen fest im Leben steht und einfach ein fesches Maderl ist.
A: Es hätte mich gar nicht mal so wenig gefreut, wenn sie auch fest mit beiden Beinen auf dem Weller gestanden hätte.
FH: Sie ist beim handfesten Dany natürlich gut aufgehoben und kann sich ordentlich die Hupen einseifen, während der Dany die Brötchen auf den Tisch räumt (= progressives Rollenverständnis). Ihre Konkurrentin Lisa hingegen ist mehr so die kultivierte Luxusbiene, die mal eben für den Sportunterricht die Cessna aus der Garage holt und folglich auch dem erfolgreichen Jungunternehmer Andreas verfällt, der etwas mehr nach „großer, weiter Welt“ aussieht, was aus Nürnberger Perspektive wahrscheinlich bedeutet, dass er es auch in Augsburg zu was bringen könnte. Untrügliches Zeichen für seine polyglotte Ader ist die Koreaflagge, die am Kopfende seines Bettes hängt und wahrscheinlich das pubertäre Ferrariposter verdrängt hat.
A: Peter Althof schafft es, sich in seiner Rolle noch eine Spur wichtiger als de’ René zu nehmen, da er sich als unschlagbarer Karatechampion mit einer Karatschule, die offensichtlich im gleichen Raum mit der örtlichen Kegelbahn untergebracht ist, erst noch beim Zuschauer anbiedern muss. Er konnte halt nicht wie de’ René den Weltmeistertitel des völlig unbedeutenden Boxsportverbandes WAA vorweisen.
FH: Und er besitzt nicht das geringste Bewegungstalent. Gegen ihn hat selbst so eine Kartoffel wie Gary Daniels noch pantherhafte Grazie.
A: Ja, als er beim Trainingskampf mit Jimmy leicht gegen einen Pfeiler prallt, muss er erst mal mit dem RTW – hätte die Kohle für einen Hubschrauber gereicht, dann hätte man wohl den genommen – ins Krankenhaus gebracht werden, zwecks Notoperation. Sein dort behandelnder Arzt sieht dann auch aus als wäre er zu lange Fan von Insterburg & Co. gewesen und würde sich abends seine Kinderpornos reinziehen.
FH: Der Doktor ist für mich – neben Faktotum Markus – der heimliche Star des Films. Er wird mit „Du, Doktor“ angesprochen und gern auch mal mit in die Disco genommen, wo er dann, kaum am Tisch der wilden Jungs angekommen, allein zurückgelassen wird und erst mal ein Pfeifchen schmaucht. Den Dany hält er für einen „großartigen Sportsmann“, obwohl er ihn kurz zuvor zum ersten Mal gesehen hat. Überhaupt reden die Figuren die ganze Zeit darüber, wie geil denn jetzt der Dany oder der Andreas sind, fast wie in einem Seagal-Film. Aber kein Wunder, der Dany trägt das Herz halt am Revers seiner aufgeplusterten Blousons, die außerdem treffend sein Ego widerspiegeln, ihn aber eher aussehen lassen wie eine magersüchtige Cracknutte.
A: Die Klamotten, die de’ Dany trägt, haben „den schönen René“ offensichtlich Jahre später zu seiner eigenen Kleidermarke inspiriert, dienen heute aber eher nur noch Zuhältern als Kugelfang und können etwas zu klein geratenen Machomännern den Luxus ermöglichen, aufgrund der Backsteine in den Jackenschultern links und rechts im Sonnenstudio die Bank alleine haben zu dürfen.
FH: Aber eigentlich sehen alle einfach nur absurd aus: in die Röhrenjeans gesteckte Pullis mit U-Boot-Kragen, Leggings unterm goldenen Abendkleid, bonbonfarbene Overalls und schmale Lederkrawatten. Hier nähert sich MACHO MAN beinahe dem Horrorfilm an, denn was die Charaktere des Films zur Schau tragen, lässt jede Eighties-Revival-Party vor Neid erblassen. Die Garderobe des Films ist wahrscheinlich nach der letzten Klappe in Containern im Marianengraben versenkt worden, auf dass niemals jemand damit in Verbindung gebracht werden würde.
A: Auch auf Drehbuchebene zeigt Regisseur Alexander Titus (sic) Benda sich auf der Höhe einschlägiger, nie ausgestrahlter Fernsehserien, die in den Archiven der Sender verschimmeln. Die Ereignisse, die dazu führen, dass sowohl Andreas und Sandra als auch Andreas und Lisa als auch Andreas und Dany sich kennen lernen – offensichtlich musste erst Andreas alle kennen lernen –, wirken derart konstruiert, dass sie von jedem Grundschüler durchschaut werden. Der Banküberfall, der von unseren beiden Superrecken verhindert werden kann, bietet bei diesen zufälligen Begegnungen actionmäßig den inszenatorischen Höhepunkt.
FH: Das Actionhighlight des gesamten Films ist natürlich der Kampf zwischen Dany und Andreas: Aber auch der ist so dermaßen langweilig und unästhetisch anzusehen, dass es wehtut ...
A: ... und anscheinend in der Abstellkammer einer Turnhalle gedreht worden.
FH: Das gilt übrigens für alle Schlägereien des Films, die jegliche Choreografie und das Gespür für einen Schnitt, der über ein simples Aneinanderkleben von Zelluloidfetzen hinausgeht, vermissen lassen. Das Erscheinungsbild Nürnbergs trägt aber ebenfalls einiges dazu bei, dass MACHO MAN sich nicht mit den Vorbildern aus Übersee messen lassen kann. Der angesprochene Banküberfall wird auf die Filiale der „Raiffeisenbank Knoblauchsland“ verübt, die heißen Diskotheken, in denen sich Dany und Andreas mit Vorliebe rumtreiben – das „Superfly“ und das „Le Bateau“ –, sehen aus wie die letzten Loddelschuppen.
A: Gefürchtet auch der Tanz, den de’ René zelebriert als er de’ Bea im „Superfly“ beeindrucken möchte. In seinem blauen Ski-Anzug, den heute vorzugsweise die Nutten in der Davidstraße auf St. Pauli tragen, sieht er aus wie der kleine schwule Bruder vom Michelin-Männchen und geht mit vorsichtigen Trippelschritten über die Tanzfläche als wolle er Kaffeebohnen mit den Arschbacken zerreiben. Seine unerschütterliche Hoch-Haar-Frisur zeigt den Hahn mit stolz geschwollenem Kamm.
FH: In der Boxarena, in der eine Geräuschkulisse herrscht wie weiland beim Rumble in the Jungle, treiben sich vielleicht 15 armselige Sozialhilfeempfänger rum, das Geschäftslokal von „City Schuhe“ wird ebenso gefilmt wie der Gebrauchtwagenhandel mit dem falschen Apostroph auf dem Schild und wenn die heiße Lisa aus Düsseldorf am Nürnberger Flughafen landet, weil sich der Ruf von Andreas’ Karateschule im ganzen Land wie ein Lauffeuer verbreitet hat, fährt Markus erstmal an allen fünf Sehenswürdigkeiten der Stadt vorbei. An MACHO MAN zeigt sich recht deutlich, warum Deutschlands Großstädte einfach nicht so ganz das Format haben, den Hintergrund für einen Urban-Crime-Film abzugeben.
A: Zumindest nicht die der Südregion. Es bedürfte in so einem Fall dann aber auch mal eines eigenständigen Versuchs, d. h., dass nicht immer nur amerikanische Vorbilder abgekupfert werden, sondern man ein Drehbuch entwickelt, das an heimische Gefilde angepasst ist und tatsächlich auch Thematiken behandelt, die man als Deutscher nachvollziehen kann. Eine Actionstory? Gerne, aber bitte nicht um zwei grenzdebile Typen, die mit der Drogenmafia aufräumen wollen. Dass René Weller 1999 wegen Kokainhandels, Hehlerei, Anstiftung zur Urkundenfälschung und unerlaubten Waffenbesitzes zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt wurde, zeigt dann noch die Diametralität von Fiktion und Wirklichkeit.
FH: Man könnte endlos weitermachen, die Doofheiten und Verfehlungen des Films aufzuzählen: Andreas’ Lieblingsschüler, der Schwarze Jimmy, hat wohl den hässlichsten Fuß, der je in einem Film abgelichtet wurde; als sich Andreas das Kreuz verrenkt, benutzt sein Doktor zur Diagnose den Reflexhammer und sagt dann: „Zum Glück ist das Rückenmark nicht verletzt.“; auf die Frage, warum Sandra sich einen Boxkampf anschaut, antwortet sie: „Man muss doch wissen was alles passieren kann und warum.“; der an die Wand gemalte Totenkopf in der Dealerhöhle sieht aus wie ein Monchichi; der Urlaubsvorschlag von Dany, wird wirklich SOFORT umgesetzt, die wollen noch nichtmal kurz zum Kacken nach Hause. Bloß schnell weg aus Nürnberg, der Geißel Gottes. Und dann ist da noch das sensationelle Abschlussstandbild: Fertig ist eine deutsche Filmlegende. Dieser Film zeigt deutlich die Grenzen unseres Blogs auf. Wie sagte einst schon René Weller? „Worüber man nicht reden kann, darüber muss man schweigen.“
Deutschland 1984
Regie & Drehbuch: Alexander Titus Benda, Kamera: Adi Gürtner, Klaus Werner, Musik: Michael Landau
Darsteller: René Weller (Dany Wagner), Peter Althof (Andreas), Bea Fiedler (Sandra Petersen), Jacqueline Elber (Lisa), Michael Messing (Markus), Horst Schreiner (Doktor)
Synopsis: Nürnberg Drug City. Der Boxweltmeister Dany kommt der drallen Blondine Sandra gerade noch rechtzeitig zur Hilfe, bevor ihr drei Ganoven aus Rache auf offener Straße einen Druck setzen können. Sandra hatte vor kurzem ihre Freundin aus den gierigen Klauen der Drogenmafia befreit. Doch die Freude über die Rettung durch Sunnyboy Dany währt nur kurz, denn die besagte Freundin wird am nächsten Tag tot aufgefunden, die fränkische Metropole scheint dem endgültigen Verfall geweiht. Gott sei Dank trifft Dany bei einem Banküberfall auf seinen Bruder im Geiste, Karate-As Andreas. Und nachdem die beiden Titanen ihr Revier abgesteckt haben – Dany kriegt Sandra, Andreas die neureiche Lisa –, beschließen sie, ihren Größenwahn und ihre Selbstverliebtheit produktiv zu kompensieren und die Straßen des Molochs Nürnberg endgültig von der miesen Drogenbrut zu befreien.
DER AUSSENSEITER: MACHO MAN hätte ein ungemein wichtiger Film, nicht nur im fränkischen bzw. deutschen Raum sein können, nein, er hätte sich als einer der wichtigeren Kulturbeiträge des postmodernen Diskurses empfehlen können. Eine völlige neue Genrebezeichnung wäre denkbar gewesen, die in diesem Film dann tatsächlich nicht nur im übertragenen, sondern im Wortsinne als terminus technicus sinnvoll gewesen wäre: der Proletenfilm.
FUNKHUNDD: Immerhin ist MACHO MAN bzw. HARTE FÄUSTE einer von wenigen deutschen Versuchen aus den Achtzigern, einen waschechten Actionfilm zu machen. Es gibt einige typische Zutaten: einen Selbstjustizplot und zwei Darsteller, die sich durch ihre sportlichen Erfolge für Superheldentaten qualifizieren. Leider sind in MACHO MAN außer diesem großen Besetzungscoup nur wenig mehr Ideen eingeflossen. Die Story ist eigentlich noch nicht mal als Plot zu bezeichnen, einen durchgehenden Spannungsaufbau gibt es nicht und filmisch ist das alles mit „bieder“ noch überbewertet. Dafür bekommt man einen mehr als provinziell anmutenden Ultrabaddie, der aber in der Sparte „Deutscher Boxerfilm“ absolut einzigartig sein dürfte.
A: „Von Inkompetenten, für Inkompetente“ ist dann auch die Losung, unter der man den Film goutieren kann. Bei der gesamten Gestaltung von Bild und Ton als künstlerischer Einheit, den schauspielerischen Leistungen und der Botschaft, die transportiert werden soll, lässt sich die Fremdscham kaum vermeiden. Sehen wir uns MACHO MAN an, dann sehen wir einen stinkenden, völlig heruntergekommenen Obdachlosen, der irgendwie zu Geld gekommen ist und nun in einem piekfeinen Restaurant verzweifelt versucht „einen auf dicke Hose zu machen“. Es kann nicht funktionieren.
FH: Toller Hinweis von dir! Den Eindruck, den Brian De Palma in der großen Szene aus SCARFACE – Tony Montana beschimpft die empört herumsitzenden Snobs in einem piekfeinen Restaurant – in wenigen Minuten entwickelt, dehnt Benda auf Spielfilmlänge. MACHO MAN weiß dann auch über den immensen Trashfaktor hinaus vor allem dann zu überzeugen, wenn man sich das Milieu vor Augen führt, in dem die naive Selbstjustizmär angesiedelt ist. Wie in dem zuletzt vorgestellten HELDEN USA hat sich bei MACHO MAN niemand die Mühe gemacht, die reaktionäre Geisteshaltung irgendwie zu verbergen. In dem bedingungslosen Glauben, zur guten Seite zu gehören, lassen Weller und Althof jegliche Zurückhaltung fahren.
A: Schon im Kampf zu Beginn können wir erkennen, welch Geistes Kind de’ René, Entschuldigung, Dany, is’. Mit prolligen Rummelboxermanieren versucht er seinen Gegner geschickt aus dem Konzept zu bringen und auch ansonsten legt er eine ungeheuer grazile Kampweise an den Tag, die uns den gewieften Taktiker und gnadenlosen Fighter in all seiner körperlich ausdefinierten Pracht vorführt. Die Musik von Michael Landau, einer der wenigen am Film Beteiligten, die sich nach der Produktion nicht sofort entsetzt vom Medium Film abwandten und in Mittelamerika Anschluss zu einer Christussekte suchten, fetzt uns ordentlich was weg, dass der Casio-Synthie nur so geraucht haben wird. Ökonomisch, aber gleichzeitig raffiniert in seiner Konzeption, verwendet der Regisseur für den Vorspann Filmausschnitte, die wir später nochmals zu sehen bekommen, um uns auf das Künftige einzustellen. Im Grunde ein genialer Clou, denn wer jetzt noch im Kino sitzen bleibt, der gehört zu den Härtesten der Harten.
FH: Jau, sogar das Schlussbild bekommt man vorverabreicht. Damit dreht Benda allen Spoiler-Verächtern eine lange Nase: Die Helden werden überleben, die schnieken Ischen abgreifen und Dany wird dazu einen gelben Overall vorführen. MACHO MAN ist eine reine Selbstdarstellungsplattform für die narzisstische Verblendung Wellers und Althofs. Der Vater des Letztgenannten hat den Film dann auch mitfinanziert und sich in einer kleinen Nebenrolle verewigt. Beide halten sich für absolut unwiderstehlich, talentiert und erfolgreich und offensichtlich glaubten sie daran, eine Art Vorbildfunktion übernehmen zu können. Die Darstellung der beiden outet sie aber vielmehr als Proleten, Chauvis und außerdem als absolut untalentierte Schauspieler und gibt sie so vollends der Lächerlichkeit preis. In einem anderen Film wären der schnurrbärtige Boxprolet Dany ideales Schurkenmaterial, das von einem echten Helden so beherzt aus der Stone-Washed-Jeans gedroschen würde, dass nur noch die Wildledercowboystiefel zurückblieben. Nie lagen Gut und Böse so eng beieinander ...
A: Danys Rettungsaktion am Anfang zeigt ihn in allen Belangen als Weltmann. Mehr an die Karikatur eines Storches erinnernd, stakst er in seinen Stretchjeans durch die Nacht und haut mal eben die drei Typen zusammen, die de’ Sandra an’ne Wäsche wollen. Die zeigt sich erkenntlich, indem sie, eben noch dem Tode nahe und völlig aufgelöst, große Lust hat, sich von ihm in die Disco einladen zu lassen, damit er sie mit seinem Schnauzer ordentlich glattbürsten kann. Wellis Schnauzer macht dann auch immer mal wieder einige Wandlungen durch, von ausgedünnt über buschig bis Walross, aber nicht immer in dieser Reihenfolge. Die Vertonung der Prügeleien erinnert an die guten, alten Shaw Brothers Klassiker, wo Schläge krachen wie eine Massenkarambolage auf der A3 und 2cl Schnaps noch wie 10 Liter Milch plätschern. Sandra hingegen, von Ex-Playmate Bea Fiedler gegeben, könnte blöder, aber auch draller gar nicht sein und so heißt für sie die Devise: Vögeln, was kommt.
FH: Ja, die Frauen in MACHO MAN ... Im Traum habe ich schon Abhandlungen über die „Rolle der Frau“ im überschaubaren Gesamtwerk Bendas geschrieben. Wie auch Dany und Andreas zwei Supertypen sein sollen, die sie ganz augenscheinlich nicht sind, werden diese beiden Friseusen als echte Klassefrauen angepriesen. Bea Fiedler, Dyanne Thorne in ihren männlich-herben Gesichtszügen nicht ganz unähnlich, ist dabei die Gutbürgerliche, die als Arzthelferin mit beiden Beinen fest im Leben steht und einfach ein fesches Maderl ist.
A: Es hätte mich gar nicht mal so wenig gefreut, wenn sie auch fest mit beiden Beinen auf dem Weller gestanden hätte.
FH: Sie ist beim handfesten Dany natürlich gut aufgehoben und kann sich ordentlich die Hupen einseifen, während der Dany die Brötchen auf den Tisch räumt (= progressives Rollenverständnis). Ihre Konkurrentin Lisa hingegen ist mehr so die kultivierte Luxusbiene, die mal eben für den Sportunterricht die Cessna aus der Garage holt und folglich auch dem erfolgreichen Jungunternehmer Andreas verfällt, der etwas mehr nach „großer, weiter Welt“ aussieht, was aus Nürnberger Perspektive wahrscheinlich bedeutet, dass er es auch in Augsburg zu was bringen könnte. Untrügliches Zeichen für seine polyglotte Ader ist die Koreaflagge, die am Kopfende seines Bettes hängt und wahrscheinlich das pubertäre Ferrariposter verdrängt hat.
A: Peter Althof schafft es, sich in seiner Rolle noch eine Spur wichtiger als de’ René zu nehmen, da er sich als unschlagbarer Karatechampion mit einer Karatschule, die offensichtlich im gleichen Raum mit der örtlichen Kegelbahn untergebracht ist, erst noch beim Zuschauer anbiedern muss. Er konnte halt nicht wie de’ René den Weltmeistertitel des völlig unbedeutenden Boxsportverbandes WAA vorweisen.
FH: Und er besitzt nicht das geringste Bewegungstalent. Gegen ihn hat selbst so eine Kartoffel wie Gary Daniels noch pantherhafte Grazie.
A: Ja, als er beim Trainingskampf mit Jimmy leicht gegen einen Pfeiler prallt, muss er erst mal mit dem RTW – hätte die Kohle für einen Hubschrauber gereicht, dann hätte man wohl den genommen – ins Krankenhaus gebracht werden, zwecks Notoperation. Sein dort behandelnder Arzt sieht dann auch aus als wäre er zu lange Fan von Insterburg & Co. gewesen und würde sich abends seine Kinderpornos reinziehen.
FH: Der Doktor ist für mich – neben Faktotum Markus – der heimliche Star des Films. Er wird mit „Du, Doktor“ angesprochen und gern auch mal mit in die Disco genommen, wo er dann, kaum am Tisch der wilden Jungs angekommen, allein zurückgelassen wird und erst mal ein Pfeifchen schmaucht. Den Dany hält er für einen „großartigen Sportsmann“, obwohl er ihn kurz zuvor zum ersten Mal gesehen hat. Überhaupt reden die Figuren die ganze Zeit darüber, wie geil denn jetzt der Dany oder der Andreas sind, fast wie in einem Seagal-Film. Aber kein Wunder, der Dany trägt das Herz halt am Revers seiner aufgeplusterten Blousons, die außerdem treffend sein Ego widerspiegeln, ihn aber eher aussehen lassen wie eine magersüchtige Cracknutte.
A: Die Klamotten, die de’ Dany trägt, haben „den schönen René“ offensichtlich Jahre später zu seiner eigenen Kleidermarke inspiriert, dienen heute aber eher nur noch Zuhältern als Kugelfang und können etwas zu klein geratenen Machomännern den Luxus ermöglichen, aufgrund der Backsteine in den Jackenschultern links und rechts im Sonnenstudio die Bank alleine haben zu dürfen.
FH: Aber eigentlich sehen alle einfach nur absurd aus: in die Röhrenjeans gesteckte Pullis mit U-Boot-Kragen, Leggings unterm goldenen Abendkleid, bonbonfarbene Overalls und schmale Lederkrawatten. Hier nähert sich MACHO MAN beinahe dem Horrorfilm an, denn was die Charaktere des Films zur Schau tragen, lässt jede Eighties-Revival-Party vor Neid erblassen. Die Garderobe des Films ist wahrscheinlich nach der letzten Klappe in Containern im Marianengraben versenkt worden, auf dass niemals jemand damit in Verbindung gebracht werden würde.
A: Auch auf Drehbuchebene zeigt Regisseur Alexander Titus (sic) Benda sich auf der Höhe einschlägiger, nie ausgestrahlter Fernsehserien, die in den Archiven der Sender verschimmeln. Die Ereignisse, die dazu führen, dass sowohl Andreas und Sandra als auch Andreas und Lisa als auch Andreas und Dany sich kennen lernen – offensichtlich musste erst Andreas alle kennen lernen –, wirken derart konstruiert, dass sie von jedem Grundschüler durchschaut werden. Der Banküberfall, der von unseren beiden Superrecken verhindert werden kann, bietet bei diesen zufälligen Begegnungen actionmäßig den inszenatorischen Höhepunkt.
FH: Das Actionhighlight des gesamten Films ist natürlich der Kampf zwischen Dany und Andreas: Aber auch der ist so dermaßen langweilig und unästhetisch anzusehen, dass es wehtut ...
A: ... und anscheinend in der Abstellkammer einer Turnhalle gedreht worden.
FH: Das gilt übrigens für alle Schlägereien des Films, die jegliche Choreografie und das Gespür für einen Schnitt, der über ein simples Aneinanderkleben von Zelluloidfetzen hinausgeht, vermissen lassen. Das Erscheinungsbild Nürnbergs trägt aber ebenfalls einiges dazu bei, dass MACHO MAN sich nicht mit den Vorbildern aus Übersee messen lassen kann. Der angesprochene Banküberfall wird auf die Filiale der „Raiffeisenbank Knoblauchsland“ verübt, die heißen Diskotheken, in denen sich Dany und Andreas mit Vorliebe rumtreiben – das „Superfly“ und das „Le Bateau“ –, sehen aus wie die letzten Loddelschuppen.
A: Gefürchtet auch der Tanz, den de’ René zelebriert als er de’ Bea im „Superfly“ beeindrucken möchte. In seinem blauen Ski-Anzug, den heute vorzugsweise die Nutten in der Davidstraße auf St. Pauli tragen, sieht er aus wie der kleine schwule Bruder vom Michelin-Männchen und geht mit vorsichtigen Trippelschritten über die Tanzfläche als wolle er Kaffeebohnen mit den Arschbacken zerreiben. Seine unerschütterliche Hoch-Haar-Frisur zeigt den Hahn mit stolz geschwollenem Kamm.
FH: In der Boxarena, in der eine Geräuschkulisse herrscht wie weiland beim Rumble in the Jungle, treiben sich vielleicht 15 armselige Sozialhilfeempfänger rum, das Geschäftslokal von „City Schuhe“ wird ebenso gefilmt wie der Gebrauchtwagenhandel mit dem falschen Apostroph auf dem Schild und wenn die heiße Lisa aus Düsseldorf am Nürnberger Flughafen landet, weil sich der Ruf von Andreas’ Karateschule im ganzen Land wie ein Lauffeuer verbreitet hat, fährt Markus erstmal an allen fünf Sehenswürdigkeiten der Stadt vorbei. An MACHO MAN zeigt sich recht deutlich, warum Deutschlands Großstädte einfach nicht so ganz das Format haben, den Hintergrund für einen Urban-Crime-Film abzugeben.
A: Zumindest nicht die der Südregion. Es bedürfte in so einem Fall dann aber auch mal eines eigenständigen Versuchs, d. h., dass nicht immer nur amerikanische Vorbilder abgekupfert werden, sondern man ein Drehbuch entwickelt, das an heimische Gefilde angepasst ist und tatsächlich auch Thematiken behandelt, die man als Deutscher nachvollziehen kann. Eine Actionstory? Gerne, aber bitte nicht um zwei grenzdebile Typen, die mit der Drogenmafia aufräumen wollen. Dass René Weller 1999 wegen Kokainhandels, Hehlerei, Anstiftung zur Urkundenfälschung und unerlaubten Waffenbesitzes zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt wurde, zeigt dann noch die Diametralität von Fiktion und Wirklichkeit.
FH: Man könnte endlos weitermachen, die Doofheiten und Verfehlungen des Films aufzuzählen: Andreas’ Lieblingsschüler, der Schwarze Jimmy, hat wohl den hässlichsten Fuß, der je in einem Film abgelichtet wurde; als sich Andreas das Kreuz verrenkt, benutzt sein Doktor zur Diagnose den Reflexhammer und sagt dann: „Zum Glück ist das Rückenmark nicht verletzt.“; auf die Frage, warum Sandra sich einen Boxkampf anschaut, antwortet sie: „Man muss doch wissen was alles passieren kann und warum.“; der an die Wand gemalte Totenkopf in der Dealerhöhle sieht aus wie ein Monchichi; der Urlaubsvorschlag von Dany, wird wirklich SOFORT umgesetzt, die wollen noch nichtmal kurz zum Kacken nach Hause. Bloß schnell weg aus Nürnberg, der Geißel Gottes. Und dann ist da noch das sensationelle Abschlussstandbild: Fertig ist eine deutsche Filmlegende. Dieser Film zeigt deutlich die Grenzen unseres Blogs auf. Wie sagte einst schon René Weller? „Worüber man nicht reden kann, darüber muss man schweigen.“
18 Comments:
Oli - ich MUSS diesen Film sehen!!! Wann kommst Du vorbei???
Hab Euch nich vergessen und lese immer noch schmunzelnd Eure gekonnten Beiträge,
Euer Treuer,
Chrisse
Ha Ha, übrigens, Tippfehler vom Aussenseiter in seinem dritten Kommentar neben dem vierten Bild in der 10. Zeile das erste Wort...
Jawoll!
Hi Chrisse,
1. mul kacken, äh mal gucken. Mach ma'n Vorschlag!
2. Klugscheißer! (Wenn du die anderen Tippfehler in unserem Blog auch noch findest, kannst du das Originalstirnband von Stallone aus Rambo 2 gewinnen ...)
Viel Erfolg! ;)
Alles klar!
Ich habe den kompletten Blog grad kontrolliert und habe keine Fähler mehr gefunden!
Das Stirnband dann bitte an den herzförmigen Luftballon hängen,
besten Dank im Voraus...
Muss mal ganz doof nachfragen, welches Wort gemeint ist?
Da steht "Kampweise" statt "Kampfweise" ...
Ach so, das steht bei mir in der 12. Zeile. und ist das 6. Wort.
Stimmt, diese Spagatszene ist toll! Von dem legendären Status, den dieser Film in Nürnberg völlig zu Recht innehat, hörte ich schon – das wäre ja fast ein Grund, da mal hinzufahren. Das mit den Sehenswürdigkeiten kann ich nicht beurteilen – eigentlich habe ich diese ganzen "bösen" Sachen über Nürnberg auch nur geschrieben, weil ich damit den Zorn einiger Franken heraufbeschwören wollte.:) Jetzt muss sich nur noch der Immo zu Wort melden, dann ist meine Mission erfolgreich gewesen ...
Leute, dieser Beitrag ist alles das, was MACHO MAN NICHT ist... Großes Kino! Dafür nehme ich gerne das gerissene Zwerchfell in Kauf, denn selten wurden die (zahlreichen) Verfehlungen eines Films so trefflich in Worte gefasst... Muchas gracias für dieses großartige Vergnügen, denn jetzt hab ich wieder richtig Lust auf diesen Grottenstreifen, der eigentlich immer nur bei Haus-Parties als Video-Loop abgespielt wird.... Dieser zeitlose Klassiker enthält die Essenz aus sämtlichen 80er-Jahre-Geschmacksverfehlungen und ist eine krude Mischung aus Lindenstraße und Michael-Dudikoff-Plots... Großartig!
Hallo Duke,
vielen Dank für das Lob. Hoffentlich können wir mit unseren anderen Einträgen auch deine restlichen Organe, Muskeln und Sehnen zum Reißen, Platzen und Bersten bringen!
Beehr uns bald wieder!
Jetzt mal ehrlich... eine ernstgemeinte Besprechung und Kritik dieses Filmes mit einer eingehenden Fehlersuche? Mich erinnert das an einen Gourmet-Restaurantkritiker in der Frittenbude: Beurteilung mit Kriterien die an Ort und Stelle völlig unangebracht sind. Macho Man ist durch seine trashige Art sowas von unterhaltsam, ich habe Tränen gelacht, kein Gespür von eurer beschworenen Fremdscham. Euer ganzes Projekt finde ich aufgrund der ausgesuchten Filme im Großen und Ganzen überflüssig. Versucht euch doch einmal an Kritiken anspruchsvollerer Filme (Bergman, Truffaut, Fellini, Godard, Bunuel etc.) Mit der Besprechung von Filmen, die ja gerade ob ihrer Trashigkeit so unterhaltsam sind, ihr ihnen aber gerade diesen Trash-Faktor ankreidet, dreht ihr euch irgendwie im Kreis. Zeit lässt sich sinnvoller nutzen.
Ein Macho Man Fan
Hallo El Stego.
Erstmal danke für deine Kritik, auch wenn ich den Eindruck habe, dass du so Einiges falsch verstanden hast. Wenn du meinst, unser Text zu MACHO MAN sei eine "ernstgemeinte Besprechung" würde ich behaupten, dass du noch nie eine ernstgemeinte Besprechung gelesen hast. Wir haben uns wie du köstlich über den Film amüsiert. Und auch ich würde mich als Fan bezeichnen, was sich übrigens gerade darin äußert, dass ich hier zusammen mit dem Außenseiter einen ellenlangen Text über diesen Film geschrieben habe.
Ach so, und zu deinem Vorschlag, etwas zu Fellini, Godard oder Bunuel zu schreiben: DAS halte ich wiederum für vollkommen überflüssig, weil über diese Filme schon vor Jahrzehnten alles gesagt wurde. Es gibt Tausende von Seiten Literatur, die man zu jedem Pups, den diese Regisseure gelassen haben, lesen kann. Im Gegensatz eben zu den hier besprochenen Actionfilmen, die von deinesgleichen immer wieder als "Schwachsinn" abgetan werden, ohne dass dies wirklich begründet würde. Ein Film ist immer so klug wie der Betrachter, der ihn sich anschaut.
Danke für Veröffentlichung und Antwort. Zu deinem Kommentar: Zum einen wüsste ich nicht, an welcher Stelle ich den Film als Schwachsinn abtun würde, eher ist das Gegenteil der Fall (trashig ist hier nicht abwertend gemeint). Zum anderen: Meinen Hinweis auf eine Besprechung Fellinis etc. habe ich gegeben, da es eher zu dem von euch verwandten und durchaus gekonnten Kritikstil passen würde. Die Anspielungen auf Hannah Arendt im Titel oder Ludwig Wittgenstein gegen Ende, sowie Formulierungen und Sprache, lassen eher den Schluss einer ernst gemeinten Besprechung zu und würden da auch besser passen. (Ich hoffe dies gibt auch Antwort darauf, ob ich jemals eine Kritik dieser Art gelesen habe) Natürlich kann man das Ganze auch mit einer gehörigen Portion Ironie auffassen, aber irgendwie will sich unter dieser Annahme bei der Lektüre nicht das rechte Schmunzeln einstellen. Dass ihr euch über den Film amüsiert habt mag ja stimmen, mir ging es nicht anders, aber dafür kommt die Kritik dann einfach zu trocken, bieder und verrisshaft daher. Versteht mich nicht falsch, ich finde das Ganze nicht schlecht, aber einfach irgendwie unpassend und falsch angepackt:
- „Von Inkompetenten, für Inkompetente“ ist dann auch die Losung, unter der man den Film goutieren kann." - Was soll ich davon halten? Wenns ironisch gemeint ist, hat es keinen Biss und wenn es ernstgemeint ist, unterminiert ihr eure Kritik am Ende selbst. Aber wie dem auch sei: eine bescheidene Kritik zu einem im Aufbau und Schreibstil her nicht schlechtem Projekt, das dann doch an der Aufgabe scheitert, die es sich meines Erachtens nach vorgenommen hat.
Ich gehe jetzt mal in uncharmanten Paragrafen vor, das ist wohl einfacher:
1) Ob man einen Film als "Trash" oder, wie ich dir unterstellte, als "Schwachsinn" abtut, hat vielleicht etwas mit der Wertschätzung zu tun, die man dem Film entgegenbringt, aber doch weniger mit dem Film selbst. Ein Trashfilm zeichnet sich durch seine formalen und/oder inhaltlichen Unzulänglichkeiten aus sowie die Eigenschaft, seinem eigenen Anspruch nicht gerecht zu werden. Das trifft deiner Meinung nach sowohl auf MACHO MAN wie auch auf alle (oder die meisten) anderen bei uns besprochenen Filme zu. Unserer Meinung aber eben nicht: MACHO MAN ist Trash und als solcher ist er spitzenklasse. Dass wir ihn dennoch zumindest halbwegs ernst genommen haben (was du kritisierst), liegt eben daran, dass wir versuchen zu zeigen, warum MACHO MAN als ernstgemeinter Actionfilm deutscher Herkunft nicht funktioniert. Ob man das für sinnvoll erachtet oder nicht, ist eine andere Frage. Tatsächlich würden wir den Film wohl auch nicht mehr für unser Blog aufnehmen, weil er für eine differenzierte Betrachtung kaum Ansätze bietet. Das führt mich zu:
2) In unserer bisherigen Diskussion sind zwei Dinge durcheinander geraten: Nämlich betrachtest du unseren Text zu MACHO MAN als exemplarisch für die gesamte Arbeit in unserem Blog. Tatsächlich fällt er aber am weitesten heraus. Insofern hast du Recht: Unsere Texte sind tatsächlich nicht ironisch gemeint. Der Text zu MACHO MAN ist der einzige, bei dem der Trashtalk die ernstgemeinte Diskussion überwiegt. Eben weil es uns nicht gelungen ist, unseren sonstigen Ansatz, den Actionfilm einer Revision zu unterziehen, auf diesen Film anzuwenden. Er ist tatsächlich genau das, was du verallgemeinernd allen bei uns besprochenen Filmen unterstellst: Trash. (Zumindest bis jemand anderes das Gegenteil beweist.)Und nochmal zu deiner Kritik bezgl. der "Fehlersuche": Das ist doch genau das, was den Spaß an der Trashfilmbetrachtung ausmacht, oder nicht?
3) Wer bestimmt denn eigentlich, welcher interpretatorische Ansatz zu welchem Film passt bzw. welcher Film eine intensivere Beschäftigung lohnt und verdient hat? Du? Unsere Interpretationen und Lesarten sind unserer Meinung nach stichhaltig. Wir sehen Actionfilme so. Wir setzen uns nicht hin und überlegen uns, welche Philosophen und Denker wir in unsere Texte einbauen können, um unsere Leser an der Nase herumzuführen und uns wichtig zu machen. Diese Ansätze sind für uns in den Filmen enthalten. Nur weil Filme wie RAMBO II bisher immer entweder als Trash (was tatsächlich kompletter Unsinn ist) oder aber als Propaganda abgetan wurden, heißt das ja nicht, dass das die einzig gültige Art und Weise ist, sich diesen Filmen anzunähern. Wenn es so wäre, dann würde auch ein Alfred Hitchcock noch immer als belangloser Unterhaltungsfilmer betrachtet werden, als den man ihn angesehen hat, bevor er von den Akteuren der Nouvelle Vague eine Aufwertung erfahren hat. Übrigens stehen wir da nur exemplarisch für eine "Bewegung", die den (film-)wissenschaftlich bislang ausgesprochen stiefmütterlich behandelten Actionfilm einer Revision unterzieht. Mittlerweile tauchen mehr und mehr (meist englischsprachige) Bücher auf, die sich bemühen, eine Theorie des Actionfilms aufzustellen, und das Genre nüchtern, sprich ohne ideologische Vorurteile, zu betrachten.
4) Verstehe deinen letzten Absatz nicht. "Von Inkompetenten für Inkompetente" heißt, dass MM von Jemandem inszeniert wurde, der von Actioninszenierung keine Ahnung hat (und auch von sonst nicht viel) und auf ein Publikum abzielt, dem es reicht, vermeintlich coolen Leuten dabei zuzusehen, anderen auf die Mappe hauen. Dass mal eine unserer Anmerkungen nicht bissig oder schlagfertig genug ist, mal eine Textpassage misslingt, kann durchaus sein. Das ist bei schriftlichen Erzeugnissen nun mal so. Ich weiß aber nicht, ob diese Kritik ausreicht, um unserem ganzen Projekt die Daseinsberechtigung abzusprechen. Deinem Kommentar kann ich ja auch nicht zustimmen und trotzdem habe ich es veröffentlicht.
Ich hoffe, dass meine Ausführungen etwas Klarheit gebracht haben. Ob man unsere Texte nun mag (wie übrigens nicht wenige Leute) oder nicht, hängt wohl auch davon ab, inwieweit man sich von diversen Vorurteilen befreien kann (und natürlich davon, ob man das Genre mag oder nicht). Ich kenne die Kritik, die du übst (deswegen auch meine vielleicht ungerechte Rede über "deinesgleichen"): In den Köpfen gibt es eine Vorstellung von Filmen, über die man wissenschaftlich reden darf, und von solchen, die "nur zur Unterhaltung" da sind und die man gefälligst in Ruhe zu lassen habe. Als technisch-künstlerisches Konstrukt sind aber tatsächlich alle Filme gleich. Da kommt es dann eben auf den Betrachter an, etwas daraus zu machen. Du hältst Actionfilme eben per se für Trash. Wir nicht.
Hallo ElStego, :)
Hier prallen offensichtlich zwei verschiedene medientheoretische Konzepte aufeinander. Zum einen haben wir die intendierte produktionstechnische Ebene von MACHO MAN, der als ernstgemeinter Kampfsport-Action-Film produziert und in die deutschen Kinos gebracht wurde. Weiterhin dient er auch als ganz offensichtliche Plattform, die beiden Hauptdarsteller werbeträchtig in Szene zu setzen. Unter diesem Blickwinkel betrachtet, ist der Film tatsächlich ein recht inkompetentes Werk und scheint auch mehr für die Macher als für ein Publikum zu sein, das den Film Ernst nimmt. Insofern liegen wir eigentlich gar nicht so weit auseinander, denn Du selbst sagst ja, dass man einen Fehler macht, wenn man an diesen Film mit einer ernsten Kritik herangeht. Meine zugegebenermaßen etwas hart klingende Formulierung „von Inkompetenten, für Inkompetente“ bezog sich darauf, dass die Macher diesen Film mehr für sich selbst gedreht zu haben scheinen und das sie die filmischen Mittel nur zu einem bescheidenen Teil beherrschen. Eben dies sorgt für den hohe Spaßanteil, der schließlich zum anderen, möglichen medientheoretischen Konzept führt. Ich nehme das Angebot an, dem Film seinen Dilettantismus als positives Merkmal zugute zu halten und amüsiere mich köstlich mit/über ihn. In diesem Moment bin ich als Rezipient selbst bereit, mich den „inkompetenten Strukturen“ zu beugen. Somit schließe ich mich ebenfalls in den Personenkreis „der Inkompetenten“ ein, die ihre Freude daran haben. Nicht beleidigend ist dies, weil man sich dem ja freiwillig hingibt. Ich schmälere damit nicht die Intelligenz der Zuschauer, sondern werte sie im Gegenteil auf, weil ich annehme, dass jeder x-beliebige Zuschauer mit seinem Medien- und Filmwissen in der Lage ist, die Unzulänglichkeiten des Filmes zu erkennen.
Was den von Dir angesprochenen Punkt bzgl. unseres Projektes angeht. Das klingt sehr kulturkonservativ. Wir betreten Neuland, weil es zum Actiongenre, allein dieser Begriff ist schon sehr schwammig, noch nicht viel filmanalytisches gibt. Da ich dieses Genre sehr schätze, macht es mir viel Freude es auf seine kulturhistorischen Qualitäten abzuklopfen. Und die sind wesentlich größer, als man auf den ersten Blick glauben mag. Zu Fellini, Bergman etc. wird permanent geschrieben. Zu Zito oder Glickenhaus nur wenig.
Hallo. Vielen Dank für eure Antworten. Ich denke ich sehe eure Intention jetzt sehr viel besser und kann daher weitesgehend von meiner Kritik abrücken. Habt Dank für die nette kleine Diskussion :)
Vielen Dank ebenfalls. Auch für Deinen netten Abschlusskommentar.
Hi, sorry i'm asking this in English. Can somebody tell me what music is used in the disco scene with Danny & Sandra. And also the breakdance scene. There isn't much information about Michael Landau, i guess he's not the bluesguitarist from the United States :-)
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