Draußen vor der großen Stadt stehen die Rocker sich die Füße platt
Der Tiger (Eye of the Tiger)
USA 1986
Regie: Richard C. Sarafian, Drehbuch: Michael Thomas Montgomery, Kamera: Peter Lyons Collister, Musik: Don Preston, Schnitt: Gregory Prange
Darsteller: Gary Busey (Buck Matthews), Yaphet Kotto (J. B. Deveraux), Seymour Cassel (Sheriff), Bert Remsen (Father Healey), William Smith (Blade), Kimberlin Brown (Dawn)
Synopsis: Der verdiente Vietnam-Veteran Buck Matthews kehrt nach einer Haftstrafe, die er einem korrupten Sheriff zu verdanken hat, zurück in seinen texanischen Heimatort, wo Frau und Tochter auf ihn warten. Doch das Dorf hat sich während seiner Abwesenheit verändert: Eine Rockerbande, die in einem in der Wüste gelegenen Camp Drogen herstellt, terrorisiert mit Duldung des Sheriffs die Einwohner. Als Buck einer Frau zu Hilfe eilt, landet er auf der Schwarzen Liste der bösen Buben. Ihre Rache kostet Bucks Frau das Leben und weil er vom Gesetz keine Hilfe erwarten kann, nimmt er den Kampf allein auf ...
FUNKHUNDD: DER TIGER ist ein vordergründig recht typischer Vertreter des Actionkinos der Achtziger. Es gibt einen Racheplot, einen tapferen und aufrichtigen Vietnamveteranen, einen korrupten Gesetzeshüter und abgrundtief böse Schurken. Dennoch hakt Regisseur Sarafian nicht einfach nur die klassischen Eckpunkte ab, sondern baut einige kleine Variationen ein, die DER TIGER interessant machen.
DER AUSSENSEITER: Diese Variationen fielen mir leider etwas zu gering aus, sodass der Film mich kaum zu fesseln vermochte. Aber der Reihe nach: DER TIGER erinnert an die Straßenwestern der 1970er wie DER GROSSE AUS DEM DUNKELN oder EIN MANN NIMMT RACHE, erreicht allerdings deren kompromisslose Qualität nur selten. Dramaturgisch bleibt er dann auch eher auf Fernsehniveau und kommt im Stile alter Westernserien daher. Letzteres verwundert nicht, wenn man sich, von einer Ausnahme abgesehen, das Oeuvre des Regisseurs so ansieht.
FH: Stimmt, denn Sarafian ist zwar ein seit den Fünfzigern tätiger Regieveteran, hat allerdings überwiegend für das Fernsehen gearbeitet, u. a. für die Serien BATMAN, SOLO FÜR O.N.K.E.L., BONANZA, MAVERICK oder THE TWILIGHT ZONE, um nur einige wenige zu nennen. Sein bekanntester Film dürfte wohl das Roadmovie FLUCHTPUNKT SAN FRANCISCO sein, heute tritt er überwiegend als Schauspieler auf, dafür hält sein Sohn Deran die Regiefahne weiterhin hoch. Kameramann Collister, hier mit seinem vierten Film als DP, ist mittlerweile gut im Geschäft, hat zuletzt etwa GARFIELD 2 und THE AMITYVILLE HORROR gemacht.
A: Deran Sarafian durfte nicht nur diese eine Fahne hochhalten, sondern auch als Hauptdarsteller in Fulcis/Matteis ZOMBIE III die Reihe amerikanischer Schauspieler erweitern, die sich in Produktionen der südeuropäischen Filmindustrie versuchen. Aber zurück zum Film. Sarafian tut sich ganz schön schwer damit das schwache Drehbuch von Michael Thomas Montgomery umzusetzen. Es will ihm nicht so recht gelingen eine Plausibilität in der Handlung nachzuzeichnen.
FH: Das sehe ich zwar ganz anders, aber dass Sarafian aus der alten Regieschule kommt, sieht man DER TIGER an. Großen formalen Hokuspokus gibt es nicht, stattdessen erinnert sein Film wie du schon angedeutet hast an die alten Western: der Held, der nach langer Abwesenheit in seine Heimat zurückkommt und auf Widerstände stößt, die staubige Kulisse Texas’, der kleine Ort, der vor Angst wie gelähmt ist.
A: Nur befindet sich der Film in einer Zeit, die gute 100 Jahre später anzusiedeln ist und aus den sich daraus ergebenden Implikationen macht Sarafian leider wenig. Die in den 1950er Jahren als Störer der Ordnung oder einfach nur Bürgerschreck konzipierten Rockerfiguren stehen seit den 1980ern für eine enorme Vielfalt an Repräsentationen. Sie symbolisieren „Born to be wild“ sowohl auf Ebene der Freiheitsfindung als auch der Kriminalität. Nicht mehr im Sinne einer desorientierten Jugend wie sie noch in DER WILDE oder DIE SAAT DER GEWALT dargestellt worden ist, sondern als eine mögliche Alternative zur Gesellschaft. Sarafian arbeitet sparsam, was zu Beginn noch schön in die Handlung einführt. Danach wirkt das Ganze aber irgendwie uninspiriert.
FH: Ja, dass die Bösewichter Rocker sind, ist eine relativ willkürliche Wahl, die vor allem aus optischen Erwägungen erwachsen zu sein scheint – eine mit Helmen maskierte, de-individualisierte Schwadron, die auf ihren Stahlrössern die Stadt überfällt. Was du „uninspiriert“ nennst, würde ich positiv als „klassisch“ bezeichnen. Will sagen, dem Film geht es nicht in erster Linie um elaborierte Action-Set-Pieces oder formalen Budenzauber, sondern um den human factor. Das gelingt nicht zuletzt wegen Gary Busey, hier eine seiner wenigen positiven Hauptrollen spielen darf. Die Identifikation mit ihm hält den Film zusammen und hilft über manche Holprigkeit hinweg. Als verzweifelter Rächer ist er perfekt, weil allein sein Gesicht ihm schon die nötige innere Zerrissenheit und Ambivalenz verleiht. Buck Matthews ist nicht der überstilisierte strahlende Held wie man ihn sonst aus den Filmen dieser Zeit kennt, sondern ein ganz normaler Durchschnittstyp.
A: Dies bezieht sich m. E. nur auf Buseys Gesicht, das durch sein ausdrucksstarkes Profil punktet. Die Charakterisierungen sollen sich hauptsächlich aus den Dialogen ergeben, aber die reißen die Dinge immer nur an, statt sie zu vertiefen. Das schauspielerisch durchaus vorhandene Potenzial von Busey wird leider nicht voll ausgeschöpft. Die enorm lange Anlaufzeit des Filmes – es dauert fast 50 Minuten bevor Busey etwas unternimmt und nach dieser Aktion passiert wieder erstmal lange Zeit nichts – könnte die Überlegung stützen, dass Sarafian keinen einfachen „Hau Drauf“-Actioner drehen wollte.
FH: Hmm, ich habe den Film überhaupt nicht als langweilig empfunden. Und dass der Film erst nach 50 Minuten in Fahrt kommt – vorher gibt es immerhin Bucks Rettungsaktion, die Rache der Rocker und ihr Auflaufen bei der Beerdigung –, liegt wohl daran, dass dem Film ein recht traditioneller Spannungsbogen zugrunde liegt. Dass hier keineswegs nur Klischees gerührt werden, lässt sich etwa an der kontrastierenden Eröffnungsmontage ablesen, die meine Erwartungshaltung völlig auf den Kopf gestellt hat. Da werden zwei Typen eingeführt, die sich zueinander wie Antipoden verhalten: der in Arbeiterklamotten gewandete einfache Amerikaner, der seine Strafe abgebüßt hat und geläutert aus dem Knast kommt auf der einen, der schnieke Waffenhändler/Drogendealer aus Kuba, der Champagner schlürfend auf dem Rücken einer schicken Limousine Platz nimmt und sofort wieder den großen Coup plant, auf der anderen Seite. Hier scheint der Konflikt – guter Ami gegen fiesen Kubaner – des kommenden Filmes eingeleitet zu werden, doch stattdessen entpuppt sich der Kubaner als Knastfreund Bucks.
A: Was Du da schilderst sind für mich aber eher Typzuweisungen als wirkliche Charakterisierungen. Matthews ist der Typ „aufrecht arbeitender Amerikaner“ und Jamie der Typ „Tony Montana für Arme“. Daraus lässt sich innerhalb eines begrenzten Genrerahmens etwas über die Grundausrichtung ihrer Figuren sagen, aber nicht wirklich welche Charaktereigenschaften sie haben. Von den von dir angedeuteten Elementen wird nichts weiter entwickelt. Die Figur des Jamie spielt nach dem fünfminütigem Beginn überhaupt nicht mehr mit. Bucks Zurückgezogenheit und sein Wunsch, wieder klein anzufangen, werden standardisiert abgehakt. Ebenso die Bedrohung durch die Rocker, die mal kurz angedeutet wird, indem drei durchs Kaff fahren. Die Szene mit der Krankenschwester, die Buck vor den Rockern rettet, hat eine schlechte Einstellungsauflösung, was man so auch auf die Szene ummünzen kann, in der sich die Rocker rächen und Bucks Frau töten. Es bleibt zwar eine gewisse Betretenheit zurück, aber auch nur, weil Sarafian den „Kindereffekt“ nutzt, als Bucks Tochter vor der Leiche der Mutter kniet.
FH: Den Vorwurf, es gäbe hier keine echten Charaktere, kann ich nicht ganz nachvollziehen, arbeitet dieses Genre doch immer mit Klischees und Vereinfachungen. Ausgerechnet diesem Film das vorzuwerfen, halte ich für ungerecht, denn die Typen kommen glaubwürdig rüber, was wohl auch den fähigen Akteuren – Busey, Kotto, Cassel – zu verdanken ist. Dass Sarafian durchaus versucht, von den ausgetretenen Pfaden abzuweichen, zeigt sich etwa in der Szene, in der Buck versucht, die Bewohner seines Heimatorts dazu zu bewegen, ihm zu helfen, aber nur auf Angst, Feigheit und Ignoranz stößt: In Vietnam habe er nicht für die Flagge oder das Land, sondern für seine Heimat, für seine Nachbarn und Freunde gekämpft. Der Einsatz in Vietnam hat ihm Respekt eingebracht, aber auch Feinde: Der Sheriff, der lieber zu Hause geblieben ist, neidet ihm den Ruhm und die Medaillen und hat ihn fortan auf dem Kieker. Matthews selbst scheint seinen vermeintlichen Heldentaten hingegen eher distanziert gegenüberzustehen. Das zeigt sich auch daran, dass es keine sonst relativ gängigen Rückblenden gibt, die die besonderen Umstände von Bucks Einsatz beleuchten.
A: Bucks Ansprache ist eine Szene, wo es Sarafian tatsächlich gelingt, seinem Werk etwas eigenes zu verleihen. Anders als vergleichbare Filme aus der Zeit werden abstraktes Ideologiendenken und Hurra-Patriotismus beiseite geschoben, wenn Buck deutlich macht, dass er für die Menschen kämpfte, die er kennt, die ihn umgeben und definieren. Nicht für eherne Ziele, mit denen sich Politiker schmücken. Allein dies charakterisiert ihn dann tatsächlich mehr als die Dialogszenen. Hier wird auch versucht den Film von dem üblichen politischen Subtext zu befreien.
FH: Für mich gewinnt Buck vor allem durch das Leid, das er erfährt, an Profil. Dass der Film im Auge des Betrachters wächst, liegt daran, dass in Sarafians Film viele Dinge unausgesprochen bleiben oder nur angerissen werden: Bucks Kriegsvergangenheit, der Konflikt mit dem Sheriff, der schließlich zu seiner Haftstrafe führte, Einzelheiten über die Freundschaft zu dem schwarzen Polizisten J. B., die Ereignisse während seiner Haft, die im Laufe des Films noch einmal von Bedeutung sind, aber auch der Hintergrund der Rockergang. Wie auch schon bei NIGHT HUNTER bleiben viele Lücken, die der Zuschauer selbst schließen muss.
A: Ein Konzept welches hier allerdings versagt, da Sarafian, im Gegensatz zu NIGHT HUNTER, keine erzählerische Dichte erreicht. Zu Beginn des Films dachte ich mir noch: „Schön, wie langsam Sarafian den Film entwickelt.“, aber nachdem nach einer Dreiviertelstunde immer noch nichts passiert war, merkte ich, dass der Film sich nicht steigert. Die Actionszenen wirken wie nachträglich eingestreut und sind in ihrer Kontinuität auch nicht immer logisch platziert. Buck und sein Kumpel J.B. hängen mal da rum oder dort rum und rein zufällig kommen dann auch mal wieder ein paar Rocker vorbei. Das wirkt selbst für so einen Film erschreckend einfallslos.
FH: Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich würde auch nicht behaupten wollen, dass DER TIGER ein Meisterwerk ist. Aber er bietet klassisches Heldenkino wie ich mir das gern gefallen lasse. Die angesprochene Lückenhaftigkeit ist besonders bei der Nicht-Charakterisierung der bösen Rocker augenfällig, die noch weniger Persönlichkeit haben als etwa die vergleichbaren Schurken in DIE CITY COBRA. Das ist dann auch einer der größten, echten Schwachpunkte des Films: Es fehlt so ein richtig fieser Obermotz, der dann in einem entsprechend furiosen Showdown besiegt werden muss. Dennoch gelingt es Sarafian ganz gut, den Hass auf die Rocker zu schüren. Besonders die Szene, in der die fiesen Rocker das Begräbnis von Bucks Frau mit ihren Motorrädern stören, lässt einem das Blut mit Hochdruck durch die Schläfen rauschen.
A: Diese Form der strukturellen Gewalt gehört zum wenigen, was mir nach damaliger Erstbetrachtung im Gedächtnis blieb. Die Todessekte in DIE CITY COBRA liefert durch den „Nachtschlitzer“ sowie dessen Gespielin, die bei der Polizei tätig ist, viel stärkere Bezugspunkte zur Handlung als das durch die auch kaum auftretenden Rockerfiguren überhaupt möglich wäre. William Smith, der den Anführer Blade spielt, kann dies durch sein Böse-Gucken und die grölig-versoffene Stimme ausgleichen, aber er kommt gegen die Dialoglastigkeit und seine spärlichen Auftritte nicht an.
FH: Innerhalb dieser wenig exzentrischen Geschichte und deren ebenso gediegener Umsetzung gibt es aber dennoch auch einige Momente, die daran erinnern, in welcher Art von Film der Zuschauer sich befindet. Vor allem die Gewalt, die zwar eher sparsam eingesetzt wird, dafür aber dann ziemlich absurd und over the top rüberkommt. Neben dem an DAS A-TEAM erinnernden Finale, in dem ein mit Granatwerfern ausgestatteter Super-Jeep zum Einsatz kommt, bleibt vor allem die Szene hängen, in der Buck einem ans Krankenhausbett gefesselten Biker eine mit Vaseline eingeschmierte Dynamitstange in den Allerwertesten rammt, um Informationen aus ihm rauszupressen. Natürlich entfernt Buck das Dynamit nicht, nachdem er die nötigen Informationen hat, doch der Rocker stirbt noch vor der Explosion an einem Herzschlag – zu früh, um zu merken, dass die Dynamitstange unecht war.
A: Ja, diese Szene hat Power. Davon hätte ich gerne mehr gesehen, denn so bleibt der Film auf eine gewisse Weise etwas bieder. Der Schlusskampf zwischen Buck und Blade illustriert eigentlich ganz gut die Betulichkeit des Films.
FH: Wobei Blade bestimmt alles andere als betulich drauf war, nachdem Buck ihm die Schnauze voll mit Koks gestopft hat!
A: Sicher nicht, aber mir geht es auch mehr um die Inszenierung und diese kurze Szene reißt den völlig blutleeren Showdown auch nicht in die härteren Gefilde.
FH: Um noch kurz ein Beispiel dafür zu bringen, was ich damit meinte, dass Sarafian die Standards immer ein bisschen variiert, ist das kurze Aufblitzen des unvermeidlichen Selbstjustiz-Vorwurfs, den – wie jeder anständige Actionheld der Achtziger – auch Buck über sich ergehen lassen muss, nachdem er den Gangrape zu Beginn verhindert hat: Der Sheriff, ein Arschloch vor dem Herrn, sagt, er brauche so einen Selbstjustizscheiß nicht in seiner Stadt, ganz im Stile des typischen gesetzestreuen Staatsbeamten. Der Unterschied: Er steckt mit den Bösen unter einer Decke, der Vorwurf wird einzig und allein deshalb von ihm erhoben, weil es die einzige Möglichkeit ist, Buck zu diskreditieren – was angesichts dessen Tat ja vollkommen absurd ist.
A: Na ja, diesen Storyplot, kennt man doch aus vielen amerikanischen Serien. Allein in KNIGHT RIDER wird die Story um den korrupten Sheriff, der die Hauptfigur aus der Stadt haben will und mit den Schurken gemeinsame Sache macht, in mindestens drei Episoden zum Thema gemacht.
FH: Aber da wird Michael Knight wahrscheinlich eher nicht der explizite Vorwurf der Selbstjustiz gemacht, obwohl das ja auch mal was gewesen wäre! Auch wie Sarafian das Rassenproblem anreißt – J. B. sagt, er habe in diesem Kaff zwanzig Jahre gebraucht, um Sergeant zu werden, was jeder andere in einem Bruchteil dieser Zeit geschafft hätte –, finde ich nicht gerade typisch für einen solchen Film. Es sind eben nicht nur die bösen Rocker, die den Unfrieden bringen, sondern nicht zuletzt gesellschaftliche Strukturen.
A: Auch dass wurde schon in Filmen vor mehr als zehn Jahren überzeugender hinbekommen und wirkte da auch glaubwürdiger und nicht so alibimäßig, da es am Puls der Zeit war. Der grandiose Yaphet Kotto ist hier völlig verschenkt und muss sich zu einem Lied von James Brown das parallel (!) zu einem A-TEAM-artigen Errettungslied montiert wurde, durch den Showdown kämpfen. Als Buck dem Sheriff ein paar langt, darf er auch ein aus der Untersicht gefilmtes Bimbolächeln zeigen. Der Film wurde von der Plattenfirma Scotti Brothers produziert, welche die Rechte an dem Gassenhauer „Eye of the Tiger“ hat. Tony und Ben Scotti dachten sich wohl, dass man gleich noch mal abkassieren kann, wenn man das Lied bei einem Actionfilm mit verwurstet. Dies lässt ihn dann leider zu so einer Art A-TEAM für Erwachsene werden. Auch das dem Film den Titel gebende Lied möchte nicht wirklich zünden und steht aufgrund seiner zahlreichen Konnotationsmöglichkeiten eher für sich selbst, als dass es mit dem Film in Verbindung gebracht werden würde. Wirklich schade, denn der Film bietet so viele gute Vorraussetzungen. Da fällt mir ein Zitat meines Opas ein, nachdem wir den Film gesehen hatten: „Dem (Busey) musste man ja immer erst n paar Mal in den Arsch treten, bevor der mal was gemacht hat.“
FH: Ja, die Verwendung des SURVIVOR- und des James Brown-Songs sind etwas peinlich. Da prallen eben die zwei Welten des Films sehr unvermittelt aufeinander: die eher traditionelle Herkunft und der Anspruch, modernes Actionkino zu machen. Ja, DER TIGER ist relativ epigonenhaft, nimmt aber dennoch eine kleine Sonderstellung ein, weil er das komplett ignoriert. Wäre er zehn Jahre vorher entstanden, wären viele Vorwürfe gar nicht aufgekommen. So tritt er aber in Konkurrenz mit Filmen, die eine neue Sprache des Actionfilms geschaffen haben. Zwischen diesen wirkt DER TIGER dann eben etwas altbacken. Ich finde aber gerade das ganz angenehm und bin gern bereit, über die kleineren Mängel hinwegzusehen.
USA 1986
Regie: Richard C. Sarafian, Drehbuch: Michael Thomas Montgomery, Kamera: Peter Lyons Collister, Musik: Don Preston, Schnitt: Gregory Prange
Darsteller: Gary Busey (Buck Matthews), Yaphet Kotto (J. B. Deveraux), Seymour Cassel (Sheriff), Bert Remsen (Father Healey), William Smith (Blade), Kimberlin Brown (Dawn)
Synopsis: Der verdiente Vietnam-Veteran Buck Matthews kehrt nach einer Haftstrafe, die er einem korrupten Sheriff zu verdanken hat, zurück in seinen texanischen Heimatort, wo Frau und Tochter auf ihn warten. Doch das Dorf hat sich während seiner Abwesenheit verändert: Eine Rockerbande, die in einem in der Wüste gelegenen Camp Drogen herstellt, terrorisiert mit Duldung des Sheriffs die Einwohner. Als Buck einer Frau zu Hilfe eilt, landet er auf der Schwarzen Liste der bösen Buben. Ihre Rache kostet Bucks Frau das Leben und weil er vom Gesetz keine Hilfe erwarten kann, nimmt er den Kampf allein auf ...
FUNKHUNDD: DER TIGER ist ein vordergründig recht typischer Vertreter des Actionkinos der Achtziger. Es gibt einen Racheplot, einen tapferen und aufrichtigen Vietnamveteranen, einen korrupten Gesetzeshüter und abgrundtief böse Schurken. Dennoch hakt Regisseur Sarafian nicht einfach nur die klassischen Eckpunkte ab, sondern baut einige kleine Variationen ein, die DER TIGER interessant machen.
DER AUSSENSEITER: Diese Variationen fielen mir leider etwas zu gering aus, sodass der Film mich kaum zu fesseln vermochte. Aber der Reihe nach: DER TIGER erinnert an die Straßenwestern der 1970er wie DER GROSSE AUS DEM DUNKELN oder EIN MANN NIMMT RACHE, erreicht allerdings deren kompromisslose Qualität nur selten. Dramaturgisch bleibt er dann auch eher auf Fernsehniveau und kommt im Stile alter Westernserien daher. Letzteres verwundert nicht, wenn man sich, von einer Ausnahme abgesehen, das Oeuvre des Regisseurs so ansieht.
FH: Stimmt, denn Sarafian ist zwar ein seit den Fünfzigern tätiger Regieveteran, hat allerdings überwiegend für das Fernsehen gearbeitet, u. a. für die Serien BATMAN, SOLO FÜR O.N.K.E.L., BONANZA, MAVERICK oder THE TWILIGHT ZONE, um nur einige wenige zu nennen. Sein bekanntester Film dürfte wohl das Roadmovie FLUCHTPUNKT SAN FRANCISCO sein, heute tritt er überwiegend als Schauspieler auf, dafür hält sein Sohn Deran die Regiefahne weiterhin hoch. Kameramann Collister, hier mit seinem vierten Film als DP, ist mittlerweile gut im Geschäft, hat zuletzt etwa GARFIELD 2 und THE AMITYVILLE HORROR gemacht.
A: Deran Sarafian durfte nicht nur diese eine Fahne hochhalten, sondern auch als Hauptdarsteller in Fulcis/Matteis ZOMBIE III die Reihe amerikanischer Schauspieler erweitern, die sich in Produktionen der südeuropäischen Filmindustrie versuchen. Aber zurück zum Film. Sarafian tut sich ganz schön schwer damit das schwache Drehbuch von Michael Thomas Montgomery umzusetzen. Es will ihm nicht so recht gelingen eine Plausibilität in der Handlung nachzuzeichnen.
FH: Das sehe ich zwar ganz anders, aber dass Sarafian aus der alten Regieschule kommt, sieht man DER TIGER an. Großen formalen Hokuspokus gibt es nicht, stattdessen erinnert sein Film wie du schon angedeutet hast an die alten Western: der Held, der nach langer Abwesenheit in seine Heimat zurückkommt und auf Widerstände stößt, die staubige Kulisse Texas’, der kleine Ort, der vor Angst wie gelähmt ist.
A: Nur befindet sich der Film in einer Zeit, die gute 100 Jahre später anzusiedeln ist und aus den sich daraus ergebenden Implikationen macht Sarafian leider wenig. Die in den 1950er Jahren als Störer der Ordnung oder einfach nur Bürgerschreck konzipierten Rockerfiguren stehen seit den 1980ern für eine enorme Vielfalt an Repräsentationen. Sie symbolisieren „Born to be wild“ sowohl auf Ebene der Freiheitsfindung als auch der Kriminalität. Nicht mehr im Sinne einer desorientierten Jugend wie sie noch in DER WILDE oder DIE SAAT DER GEWALT dargestellt worden ist, sondern als eine mögliche Alternative zur Gesellschaft. Sarafian arbeitet sparsam, was zu Beginn noch schön in die Handlung einführt. Danach wirkt das Ganze aber irgendwie uninspiriert.
FH: Ja, dass die Bösewichter Rocker sind, ist eine relativ willkürliche Wahl, die vor allem aus optischen Erwägungen erwachsen zu sein scheint – eine mit Helmen maskierte, de-individualisierte Schwadron, die auf ihren Stahlrössern die Stadt überfällt. Was du „uninspiriert“ nennst, würde ich positiv als „klassisch“ bezeichnen. Will sagen, dem Film geht es nicht in erster Linie um elaborierte Action-Set-Pieces oder formalen Budenzauber, sondern um den human factor. Das gelingt nicht zuletzt wegen Gary Busey, hier eine seiner wenigen positiven Hauptrollen spielen darf. Die Identifikation mit ihm hält den Film zusammen und hilft über manche Holprigkeit hinweg. Als verzweifelter Rächer ist er perfekt, weil allein sein Gesicht ihm schon die nötige innere Zerrissenheit und Ambivalenz verleiht. Buck Matthews ist nicht der überstilisierte strahlende Held wie man ihn sonst aus den Filmen dieser Zeit kennt, sondern ein ganz normaler Durchschnittstyp.
A: Dies bezieht sich m. E. nur auf Buseys Gesicht, das durch sein ausdrucksstarkes Profil punktet. Die Charakterisierungen sollen sich hauptsächlich aus den Dialogen ergeben, aber die reißen die Dinge immer nur an, statt sie zu vertiefen. Das schauspielerisch durchaus vorhandene Potenzial von Busey wird leider nicht voll ausgeschöpft. Die enorm lange Anlaufzeit des Filmes – es dauert fast 50 Minuten bevor Busey etwas unternimmt und nach dieser Aktion passiert wieder erstmal lange Zeit nichts – könnte die Überlegung stützen, dass Sarafian keinen einfachen „Hau Drauf“-Actioner drehen wollte.
FH: Hmm, ich habe den Film überhaupt nicht als langweilig empfunden. Und dass der Film erst nach 50 Minuten in Fahrt kommt – vorher gibt es immerhin Bucks Rettungsaktion, die Rache der Rocker und ihr Auflaufen bei der Beerdigung –, liegt wohl daran, dass dem Film ein recht traditioneller Spannungsbogen zugrunde liegt. Dass hier keineswegs nur Klischees gerührt werden, lässt sich etwa an der kontrastierenden Eröffnungsmontage ablesen, die meine Erwartungshaltung völlig auf den Kopf gestellt hat. Da werden zwei Typen eingeführt, die sich zueinander wie Antipoden verhalten: der in Arbeiterklamotten gewandete einfache Amerikaner, der seine Strafe abgebüßt hat und geläutert aus dem Knast kommt auf der einen, der schnieke Waffenhändler/Drogendealer aus Kuba, der Champagner schlürfend auf dem Rücken einer schicken Limousine Platz nimmt und sofort wieder den großen Coup plant, auf der anderen Seite. Hier scheint der Konflikt – guter Ami gegen fiesen Kubaner – des kommenden Filmes eingeleitet zu werden, doch stattdessen entpuppt sich der Kubaner als Knastfreund Bucks.
A: Was Du da schilderst sind für mich aber eher Typzuweisungen als wirkliche Charakterisierungen. Matthews ist der Typ „aufrecht arbeitender Amerikaner“ und Jamie der Typ „Tony Montana für Arme“. Daraus lässt sich innerhalb eines begrenzten Genrerahmens etwas über die Grundausrichtung ihrer Figuren sagen, aber nicht wirklich welche Charaktereigenschaften sie haben. Von den von dir angedeuteten Elementen wird nichts weiter entwickelt. Die Figur des Jamie spielt nach dem fünfminütigem Beginn überhaupt nicht mehr mit. Bucks Zurückgezogenheit und sein Wunsch, wieder klein anzufangen, werden standardisiert abgehakt. Ebenso die Bedrohung durch die Rocker, die mal kurz angedeutet wird, indem drei durchs Kaff fahren. Die Szene mit der Krankenschwester, die Buck vor den Rockern rettet, hat eine schlechte Einstellungsauflösung, was man so auch auf die Szene ummünzen kann, in der sich die Rocker rächen und Bucks Frau töten. Es bleibt zwar eine gewisse Betretenheit zurück, aber auch nur, weil Sarafian den „Kindereffekt“ nutzt, als Bucks Tochter vor der Leiche der Mutter kniet.
FH: Den Vorwurf, es gäbe hier keine echten Charaktere, kann ich nicht ganz nachvollziehen, arbeitet dieses Genre doch immer mit Klischees und Vereinfachungen. Ausgerechnet diesem Film das vorzuwerfen, halte ich für ungerecht, denn die Typen kommen glaubwürdig rüber, was wohl auch den fähigen Akteuren – Busey, Kotto, Cassel – zu verdanken ist. Dass Sarafian durchaus versucht, von den ausgetretenen Pfaden abzuweichen, zeigt sich etwa in der Szene, in der Buck versucht, die Bewohner seines Heimatorts dazu zu bewegen, ihm zu helfen, aber nur auf Angst, Feigheit und Ignoranz stößt: In Vietnam habe er nicht für die Flagge oder das Land, sondern für seine Heimat, für seine Nachbarn und Freunde gekämpft. Der Einsatz in Vietnam hat ihm Respekt eingebracht, aber auch Feinde: Der Sheriff, der lieber zu Hause geblieben ist, neidet ihm den Ruhm und die Medaillen und hat ihn fortan auf dem Kieker. Matthews selbst scheint seinen vermeintlichen Heldentaten hingegen eher distanziert gegenüberzustehen. Das zeigt sich auch daran, dass es keine sonst relativ gängigen Rückblenden gibt, die die besonderen Umstände von Bucks Einsatz beleuchten.
A: Bucks Ansprache ist eine Szene, wo es Sarafian tatsächlich gelingt, seinem Werk etwas eigenes zu verleihen. Anders als vergleichbare Filme aus der Zeit werden abstraktes Ideologiendenken und Hurra-Patriotismus beiseite geschoben, wenn Buck deutlich macht, dass er für die Menschen kämpfte, die er kennt, die ihn umgeben und definieren. Nicht für eherne Ziele, mit denen sich Politiker schmücken. Allein dies charakterisiert ihn dann tatsächlich mehr als die Dialogszenen. Hier wird auch versucht den Film von dem üblichen politischen Subtext zu befreien.
FH: Für mich gewinnt Buck vor allem durch das Leid, das er erfährt, an Profil. Dass der Film im Auge des Betrachters wächst, liegt daran, dass in Sarafians Film viele Dinge unausgesprochen bleiben oder nur angerissen werden: Bucks Kriegsvergangenheit, der Konflikt mit dem Sheriff, der schließlich zu seiner Haftstrafe führte, Einzelheiten über die Freundschaft zu dem schwarzen Polizisten J. B., die Ereignisse während seiner Haft, die im Laufe des Films noch einmal von Bedeutung sind, aber auch der Hintergrund der Rockergang. Wie auch schon bei NIGHT HUNTER bleiben viele Lücken, die der Zuschauer selbst schließen muss.
A: Ein Konzept welches hier allerdings versagt, da Sarafian, im Gegensatz zu NIGHT HUNTER, keine erzählerische Dichte erreicht. Zu Beginn des Films dachte ich mir noch: „Schön, wie langsam Sarafian den Film entwickelt.“, aber nachdem nach einer Dreiviertelstunde immer noch nichts passiert war, merkte ich, dass der Film sich nicht steigert. Die Actionszenen wirken wie nachträglich eingestreut und sind in ihrer Kontinuität auch nicht immer logisch platziert. Buck und sein Kumpel J.B. hängen mal da rum oder dort rum und rein zufällig kommen dann auch mal wieder ein paar Rocker vorbei. Das wirkt selbst für so einen Film erschreckend einfallslos.
FH: Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich würde auch nicht behaupten wollen, dass DER TIGER ein Meisterwerk ist. Aber er bietet klassisches Heldenkino wie ich mir das gern gefallen lasse. Die angesprochene Lückenhaftigkeit ist besonders bei der Nicht-Charakterisierung der bösen Rocker augenfällig, die noch weniger Persönlichkeit haben als etwa die vergleichbaren Schurken in DIE CITY COBRA. Das ist dann auch einer der größten, echten Schwachpunkte des Films: Es fehlt so ein richtig fieser Obermotz, der dann in einem entsprechend furiosen Showdown besiegt werden muss. Dennoch gelingt es Sarafian ganz gut, den Hass auf die Rocker zu schüren. Besonders die Szene, in der die fiesen Rocker das Begräbnis von Bucks Frau mit ihren Motorrädern stören, lässt einem das Blut mit Hochdruck durch die Schläfen rauschen.
A: Diese Form der strukturellen Gewalt gehört zum wenigen, was mir nach damaliger Erstbetrachtung im Gedächtnis blieb. Die Todessekte in DIE CITY COBRA liefert durch den „Nachtschlitzer“ sowie dessen Gespielin, die bei der Polizei tätig ist, viel stärkere Bezugspunkte zur Handlung als das durch die auch kaum auftretenden Rockerfiguren überhaupt möglich wäre. William Smith, der den Anführer Blade spielt, kann dies durch sein Böse-Gucken und die grölig-versoffene Stimme ausgleichen, aber er kommt gegen die Dialoglastigkeit und seine spärlichen Auftritte nicht an.
FH: Innerhalb dieser wenig exzentrischen Geschichte und deren ebenso gediegener Umsetzung gibt es aber dennoch auch einige Momente, die daran erinnern, in welcher Art von Film der Zuschauer sich befindet. Vor allem die Gewalt, die zwar eher sparsam eingesetzt wird, dafür aber dann ziemlich absurd und over the top rüberkommt. Neben dem an DAS A-TEAM erinnernden Finale, in dem ein mit Granatwerfern ausgestatteter Super-Jeep zum Einsatz kommt, bleibt vor allem die Szene hängen, in der Buck einem ans Krankenhausbett gefesselten Biker eine mit Vaseline eingeschmierte Dynamitstange in den Allerwertesten rammt, um Informationen aus ihm rauszupressen. Natürlich entfernt Buck das Dynamit nicht, nachdem er die nötigen Informationen hat, doch der Rocker stirbt noch vor der Explosion an einem Herzschlag – zu früh, um zu merken, dass die Dynamitstange unecht war.
A: Ja, diese Szene hat Power. Davon hätte ich gerne mehr gesehen, denn so bleibt der Film auf eine gewisse Weise etwas bieder. Der Schlusskampf zwischen Buck und Blade illustriert eigentlich ganz gut die Betulichkeit des Films.
FH: Wobei Blade bestimmt alles andere als betulich drauf war, nachdem Buck ihm die Schnauze voll mit Koks gestopft hat!
A: Sicher nicht, aber mir geht es auch mehr um die Inszenierung und diese kurze Szene reißt den völlig blutleeren Showdown auch nicht in die härteren Gefilde.
FH: Um noch kurz ein Beispiel dafür zu bringen, was ich damit meinte, dass Sarafian die Standards immer ein bisschen variiert, ist das kurze Aufblitzen des unvermeidlichen Selbstjustiz-Vorwurfs, den – wie jeder anständige Actionheld der Achtziger – auch Buck über sich ergehen lassen muss, nachdem er den Gangrape zu Beginn verhindert hat: Der Sheriff, ein Arschloch vor dem Herrn, sagt, er brauche so einen Selbstjustizscheiß nicht in seiner Stadt, ganz im Stile des typischen gesetzestreuen Staatsbeamten. Der Unterschied: Er steckt mit den Bösen unter einer Decke, der Vorwurf wird einzig und allein deshalb von ihm erhoben, weil es die einzige Möglichkeit ist, Buck zu diskreditieren – was angesichts dessen Tat ja vollkommen absurd ist.
A: Na ja, diesen Storyplot, kennt man doch aus vielen amerikanischen Serien. Allein in KNIGHT RIDER wird die Story um den korrupten Sheriff, der die Hauptfigur aus der Stadt haben will und mit den Schurken gemeinsame Sache macht, in mindestens drei Episoden zum Thema gemacht.
FH: Aber da wird Michael Knight wahrscheinlich eher nicht der explizite Vorwurf der Selbstjustiz gemacht, obwohl das ja auch mal was gewesen wäre! Auch wie Sarafian das Rassenproblem anreißt – J. B. sagt, er habe in diesem Kaff zwanzig Jahre gebraucht, um Sergeant zu werden, was jeder andere in einem Bruchteil dieser Zeit geschafft hätte –, finde ich nicht gerade typisch für einen solchen Film. Es sind eben nicht nur die bösen Rocker, die den Unfrieden bringen, sondern nicht zuletzt gesellschaftliche Strukturen.
A: Auch dass wurde schon in Filmen vor mehr als zehn Jahren überzeugender hinbekommen und wirkte da auch glaubwürdiger und nicht so alibimäßig, da es am Puls der Zeit war. Der grandiose Yaphet Kotto ist hier völlig verschenkt und muss sich zu einem Lied von James Brown das parallel (!) zu einem A-TEAM-artigen Errettungslied montiert wurde, durch den Showdown kämpfen. Als Buck dem Sheriff ein paar langt, darf er auch ein aus der Untersicht gefilmtes Bimbolächeln zeigen. Der Film wurde von der Plattenfirma Scotti Brothers produziert, welche die Rechte an dem Gassenhauer „Eye of the Tiger“ hat. Tony und Ben Scotti dachten sich wohl, dass man gleich noch mal abkassieren kann, wenn man das Lied bei einem Actionfilm mit verwurstet. Dies lässt ihn dann leider zu so einer Art A-TEAM für Erwachsene werden. Auch das dem Film den Titel gebende Lied möchte nicht wirklich zünden und steht aufgrund seiner zahlreichen Konnotationsmöglichkeiten eher für sich selbst, als dass es mit dem Film in Verbindung gebracht werden würde. Wirklich schade, denn der Film bietet so viele gute Vorraussetzungen. Da fällt mir ein Zitat meines Opas ein, nachdem wir den Film gesehen hatten: „Dem (Busey) musste man ja immer erst n paar Mal in den Arsch treten, bevor der mal was gemacht hat.“
FH: Ja, die Verwendung des SURVIVOR- und des James Brown-Songs sind etwas peinlich. Da prallen eben die zwei Welten des Films sehr unvermittelt aufeinander: die eher traditionelle Herkunft und der Anspruch, modernes Actionkino zu machen. Ja, DER TIGER ist relativ epigonenhaft, nimmt aber dennoch eine kleine Sonderstellung ein, weil er das komplett ignoriert. Wäre er zehn Jahre vorher entstanden, wären viele Vorwürfe gar nicht aufgekommen. So tritt er aber in Konkurrenz mit Filmen, die eine neue Sprache des Actionfilms geschaffen haben. Zwischen diesen wirkt DER TIGER dann eben etwas altbacken. Ich finde aber gerade das ganz angenehm und bin gern bereit, über die kleineren Mängel hinwegzusehen.
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