Sonntag, November 23, 2008

Humanus ex Machina

RoboCop (RoboCop)
USA 1987
Regie: Paul Verhoeven, Drehbuch: Ed Neumeier & Michael Miner, Kamera: Sol Negrin, Jost Vacano, Musik: Basil Poledouris, Schnitt: Frank J. Urioste, Darsteller: Peter Weller (Alex Murphy/RoboCop), Nancy Allen (Anne Lewis), Dan O’Herlihy (Der alte Mann/The oldman), Ronny Cox (Dick Jones), Kurtwood Smith (Clarence Boddicker), Miguel Ferrer (Bob Morton)

Synopsis: Detroit in nicht allzu ferner Zukunft: Die Stadt versinkt in Chaos und Verbrechen, der Polizeiapparat ist völlig überfordert. Der mächtige Konzern OCP sieht die Lösung des Problems in der Installation eines Polizeiroboters, der allerdings arge technische Mängel aufweist. Für ein flugs installiertes Alternativprojekt kommt ihnen der Tod des Polizisten Murphy, der gleich bei seinem ersten Einsatz im neuen Revier erschossen wurde, gerade recht: Sein Gedächtnis wird gelöscht, er erhält einen Maschinenkörper und soll als unzerstörbarer Gesetzeshüter für Ordnung in der Stadt sorgen. Doch dann wird das Programm des „RoboCop“ durch Erinnerungsfetzen Murphys gestört ...


Der Außenseiter: In all seiner Expressivität, seinem bombastischen Soundtrack, seinen religiös aufgeladenen Bildern, seiner naiv-brutalen Gewalt, seinem Musikeinsatz, seiner Schauspielführung und Verhoevens ihm eigener Grand-Guignol-Inszenierung hat ROBOCOP alle Ingredienzien einer überladenen Science-Fiction-Gewaltoper. Genau dies soll ihm nach eigener Aussage auch bei dem Film durch den Kopf gegangen sein und so kann man im Endeffekt ganz froh sein, dass die Regie nicht an einen der unzähligen anderen Kandidaten – u. a. Jonathan Kaplan, David Cronenberg und Alex Cox – gegangen ist und der Regisseur voll und ganz „seinen“ Film gemacht hat. Verhoeven führt uns so unvermittelt in diese Welt, dass er auf Datumsanzeigen oder andere einführende Fließtexte oder Off-Kommentatoren verzichtet und uns stattdessen mit dem Fernsehen dieser Zeit konfrontiert. Das Fernsehen fungiert gleich dem griechischen Chor in der Antike und füllt durch seine Schreckensmeldungen aus aller Welt, seinen makaber-zynischen Werbeeinblendungen und der typischen positiven „Rausschmeißernachricht“ die Welt des Films für den Rezipienten mit Komplexität auf. Gezielt setzt Verhoeven die Nachrichten an bestimmte dramaturgische Punkte, zumeist unmittelbar nach oder sogar innerhalb von Höhepunkten, und verlangt dem Rezipienten damit ab, sich die Welt aus einzelnen Bausteinen zusammenzusetzen.

Funkhundd: Verhoeven geht in der Tat sehr geschickt vor: Durch die eingestreuten Nachrichtenfetzen spart er sich eine lange Exposition, gleichzeitig etabliert er mit ihnen aber nicht bloß Handlungsort und die Zeit, sondern kommentiert diese gleich auch. Wenn die Moderatoren Nachrichten von grauenvollen Katastrophen mit einem Lächeln verlesen und anschließend zu einem Werbeblock überleiten, wird sehr deutlich, wie es um diese Welt bestellt ist. Und auf der eigentlichen Erzählebene des Films kommt ROBOCOP dank dieser Schnipsel umso schneller zum Punkt. Andererseits ist Verhoevens Strategie aber nicht nur eine der Ökonomie, denn ROBOCOP wird durch die vielen verschiedenen integrierten Beobachterperspektiven ungemein komplex: Das Fernsehen kommentiert die Ereignisse der Handlung, in der wiederum Murphy/RoboCop als Beobachter fungiert und diesem wird der Zuschauer quasi als weitere Beobachterinstanz übergeordnet. So ist die Filmbetrachtung dann auch ein sehr dynamischer Prozess, bei dem man ständig die Ebenen wechseln muss. Das führt letztlich dazu, dass sich Betrachtung und Interpretation kaum mehr voneinander trennen lassen: Verhoeven macht seinen Subtext zum Oberflächenmerkmal seines Films, verhandelt ihn explizit auf der Inhaltsebene. Man könnte vielleicht sagen, dass Verhoevens Film das verkörpert, was RoboCop im Verlauf der Handlung erst noch erreichen muss: die Einheit von maschinellem Körper und menschlicher Seele. RoboCop ist der Verbündete des Zuschauers: Seine Wahrnehmung gleicht der des Filmsehers – sein Sichtfeld ist ein Bildschirm – und wie der Fluss des Films für den Zuschauer durch die Einblendungen gestört wird, so werden seine internen Programmabläufe durch die Einmischung von Murphys Restbewusstsein gestört. Aber in dieser Störung liegt auch der Erkenntnisgewinn.

A: Fangen wir mal beim Anfang an: Viele Ängste unserer Zeit sind in ROBOCOP inzwischen gegenwärtige Realität geworden. Die Kriminalität hält die Metropolen fest im Griff, Konfliktsituationen in Krisenherden können auch schon mal mit Nuklearwaffen ausgetragen werden, Reagans Traum einer Strategic Defense Initative ist wahr geworden und Milliardenkonzerne lassen die Privatisierung staatlicher Institutionen voranschreiten. Kapitalistische Strukturen haben sich zum Lebensprinzip entwickelt und untergraben in der Gesellschaft mittlerweile jegliche Humanität. Der Multi OCP, dem die Polizei von Detroit gehört, möchte dort nun ein großes Bauvorhaben, die luxuriöse Zukunftsstadt Delta City, in Angriff nehmen, doch die kriminellen Zustände verhindern dies. Die Polizei wird der Verhältnisse einfach nicht Herr und so entwickelt OCP den Plan, einen nichtmenschlichen Gesetzeshüter zu konstruieren. Allein schon damit wird erkennbar, wie stark die Technik Einzug in Bereiche gehalten hat, in denen sie absolut nichts zu suchen hat. Der Schutz der Bürger soll einer Maschine anvertraut werden, dem waffenstarrenden ED-209-Kampfroboter, der durch sein rein mechanisches Innen„leben“ den perfekten Erfüllungsgehilfen für die Marschroute des OCP-Vorstands darstellt. Eine kalte, stählerne Maschine, ohne störende Emotionen, aber auch ohne Intelligenz und improvisierende Kreativität. Ihre Dysfunktionalität für eine komplexe Gesellschaft wie die unsrige wird gleich zu Beginn bei der Vorstellung der neuen Erfindung deutlich gemacht, als eines der unwichtigeren Vorstandsmitglieder von ihr erschossen wird. Somit geht ROBOCOP in eine andere Richtung, als DER TERMINATOR dies tut. Stehen sich Mensch und Maschine in diesem noch klar gegenüber und nimmt der eine vom anderen gerade so viel, dass er sein Gegenüber effektiver vernichten kann, sieht ROBOCOP als Hilfe gegen die zerrütteten Umstände den Synergismus.

FH: Genau. Die Utopie, die mit der Menschmaschine in Verhoevens Film verbunden ist, kommt sehr deutlich in dem Werbeslogan zum Ausdruck, den OCP für ihr Städtebau-Projekt gewählt hat: „The Future has a Silver Lining“. Dieser „silberne Glanz“ korrespondiert fraglos auch mit dem Exoskelett des RoboCop. Doch bis zu der versprochenen glänzenden Zukunft ist es noch ein weiter Weg. Der menschliche Überrest im Kern des maschinellen Gesetzeshüters muss sich erst gegen seine Programmierung behaupten, die ihn massiv einschränkt. Zwar stellt der RoboCop eine deutliche Verbesserung gegenüber dem ED-209 dar, dennoch scheint seine Eignung zur Wahrung des Rechts fraglich: Für Verhaftungen interessiert er sich nicht besonders, die Aufrechterhaltung des Gesetzes, für die er steht, ist nicht anders als bei seinem gescheiterten Vorgänger gleichbedeutend mit Abschreckung und Terror. Seine Opfer, wie etwa der Supermarkt-Räuber, bleiben nach getaner Arbeit verletzt an Ort und Stelle liegen und um die Inhaftierung muss sich jemand anders kümmern. Auch die kognitiven Prozesse, die bei der Erkennung und Einschätzung von möglichen Verbrechenssituationen ablaufen, muten geradezu primitiv an: Man fragt sich, ob der RoboCop auch komplexen, auf den ersten Blick nur schwierig einzuschätzenden Situationen gewachsen ist oder ob er in solchen nicht mehr Schaden anrichten würde als zu helfen. Das Problem ist die Programmierung und der mit dieser verbundene Verzicht auf genuin menschliche „Talente“ wie etwa das Einfühlungsvermögen. So tritt hinter dem Programm des RoboCop im Verlauf des Films mehr und mehr ihr korrupter Urheber hervor, dessen Definition von „Recht“ keinesfalls auf einem Moralsystem, sondern allein auf egoistischen Motiven fußt. Der RoboCop entpuppt sich als machtlos, wenn er den „Falschen“ festsetzen möchte. Die Direktive 4 tritt in Kraft, die ihn kategorisch daran hindert, Mitarbeiter des OCP-Konzerns zu verhaften, und führt die Idee einer maschinellen, vermeintlich objektiven Exekutive ad absurdum. Verhoeven kritisiert damit natürlich auch die verhängnisvolle Verflechtung von Wirtschafts- und Rechtssystem, die in den USA in Form privatisierter Gefängnisse seit Beginn der 80er-Jahre Realität ist (und nicht nur dort: die erste teilprivatisierte Strafanstalt Deutschalnds wurde 2005 in Hessen eröffnet). Aber er macht dort noch lange nicht Halt: In einem weiteren Abstraktionsschritt stellt er den Glauben an ein von Natur aus bestehendes Recht in Frage.


A: Bei der Frage inwieweit der RoboCop besser für den Polizeidienst geeignet ist als der ED-209 liegt im Grunde der Knackpunkt der Geschichte. Ein humanus ex machina, welcher, im Gegensatz zu seinem rein mechanischen „Kollegen“, Eigenschaften wie Kreativität und Spontaneität besitzt, die jedoch von seinen Konstrukteuren durch die Programmierung auf ein Mindestmaß reduziert werden. So bleiben auch nur die rudimentären Überbleibsel des biologischen Mensch-Seins übrig. Das Gehirn, komplexer als jeder Computer, gerade noch versorgt durch die Nervenstränge des Rückgrats, wird als Ausgangspunkt einer überlegenen Bio-Technologie genommen, die man in ihrer Gänze eigentlich noch nicht versteht, aber bedenkenlos an die neuesten Errungenschaften der Kybernetik koppelt. Entsprechend möchte man dann durch die Direktiven, die den juristischen Antrieb des RoboCop bilden, eine eigene, wesentlich einfachere Programmierung als die genetisch determinierte einpflanzen. Die individuelle Persona Murphy wird vollständig gelöscht: „Die Verwertungsrechte an seinem Leichnam hat man uns übertragen. Offiziell ist er tot.“, lautet der trockene Kommentar eines OCP-Vorstandsmitgliedes, als die technische Abteilung nachfragt, was mit dem geretteten Arm geschehen soll. Man packt Gehirn samt Rückgrat in einen Panzer, der in seiner Schwerfälligkeit einer mittelalterlichen Ritterrüstung ähnelt, sodass schon durch die rein äußerliche Erscheinung des RoboCop deutlich gemacht wird, wie weit man das Menschliche an bzw. in ihm verbergen möchte. Doch genau dies funktioniert auf Dauer nicht. Die Unergründlichkeit des Gehirns fördert die Erinnerungen Murphys zutage und beginnt, wie Du schon angemerkt hast, die Programmierung zu stören. Das Durchsetzen des Menschlichen ist die Botschaft der Hoffnung, die in ROBOCOP eher psychologisch als martialisch daherkommt. Anders als in DER TERMINATOR geht es nicht um den Kampf im Äußeren, sondern im Inneren. Weiterhin sind die einfach gestalteten Direktiven 1. Diene dem allgemeinen Wohl, 2. Beschütze die Unschuldigen 3. Wahre das Gesetz, nicht nur einfach, sondern von absolut innerer Logik. Sie lassen gute Rückschlüsse auf das Gesellschaftsgefüge zu, in welchem bereits kleinste Abweichungen dazu führen können, auf der Seite der Kriminellen zu stehen. Die Welt in ROBOCOP teilt sich in zwei einfache Lager: Schuldige und Unschuldige. Ein Opfer, aber auch ein Schuldiger kann man in ihr sehr schnell werden, weswegen sich viele Leute bei Einbruch der Dunkelheit auch nicht mehr auf die Straße trauen.

FH: Nur deswegen kann sich der auf Komplexitätsreduktion programmierte RoboCop auch als so effektiv erweisen. Die Verbrecher üben sich gar nicht mehr in Zurückhaltung, sondern ballern wild auf offener Straße herum – es gibt aufgrund des Polizeistreiks eh niemanden mehr, der ihnen Einhalt gebieten könnte. Diese Überzeichnung realer Zustände kennt man auch aus anderen Filmen der Zeit, man denke etwa an die von uns schon besprochenen DEATH WISH 3 – DER RÄCHER VON NEW YORK, STREETFIGHTERS oder DIE CITY-COBRA, aber Verhoeven unterläuft die reaktionären Gelüste und Law-and-Order-Fantasien seines Publikums konsequent, indem er die größeren gesellschaftlichen Zusammenhänge aufzeigt. Das Verbechen entsteht nicht aus dem Nichts, ist nicht Ausdruck eines grundlos Bösen, sondern steht in direktem Zusammenhang mit dem Treiben von Politik und Wirtschaft.

A: Interessant bei den von Dir genannten Referenzfilmen finde ich, dass sie, ebenso wie ROBOCOP, allesamt das Element der Repression beinhalten. Die große Angst der Gesellschaft bzw. der Menschen in ihnen ist, dass man nicht mehr auf die Straße gehen kann, ohne ein Opfer zu werden. Also wird darauf verwiesen, dass die an der Gesellschaft reguliert teilnehmenden Bürger in ihren Häusern und Wohnungen bleiben müssen. Sie sperren sich ein, um den äußeren Schrecken der Straßen auszusperren. Diese Repression ist ein elementarer Bestandteil des von uns so gerne besprochenen Filmjahrzehnts oder genauer gesagt: Die Angst vor der Möglichkeit, sich nicht mehr aus seiner eigenen, kleinen Enklave innerhalb einer wahnsinnig gewordenen Welt heraustrauen zu können, wurde gerne bebildert, um einerseits drohende Zustände zu dokumentieren, andererseits Angst beim Rezipienten zu schüren. Aber wie Du schon sagtest, kann eine reaktionäre Lösung in ROBOCOP nicht mehr aufgehen, da sich die Gesellschaft selbst schon, deutlich zu erkennen am makabren Fernsehprogramm, in einem irreversiblen Zustand der Verrohung befindet. Allerdings wird in STREETFIGHTERS oder DEATH WISH III – DER RÄCHER VON NEW YORK auch deutlich thematisiert, dass eine Rück- bzw. Überführung in einen geordneten Ablauf in ihrem Kosmos nicht sein kann. Vielmehr dokumentieren sie die Ausweitung der Kampfzone. STREETFIGHTERS vor allem durch den Dialog (man denke an die Reden der Figur Fred Williamsons) oder, weiter fortgeschritten, durch die kataklystischen Häuserkämpfe inmitten New Yorks in DEATH WISH III.

FH: Diese „Ausweitung der Kampfzone“ lässt sich auch in ROBOCOP finden. Man beachte nur, wie der private Raum von Verhoeven marginalisiert, ja geradezu aus der Bilderwelt des Filmes gedrängt wird. Das Detroit des Films besteht aus den gigantomanischen Glaspalästen der Wirtschaft, einem ruinösen innenstädtischen Bereich, der an US-amerikanische Ghettos erinnert, und einer Industriebrachlandschaft vor den Toren der Stadt, die den Verbrechern als Versteck dient. Die Straßen wirken geradezu ausgestorben, die wenigen Passanten und Geschäftsinhaber erscheinen deplatziert, wie die letzten Unverbesserlichen, die sich weigern, der Realität ins Auge zu sehen und zu fliehen (nicht unähnlich den Hausbewohnern aus DEATH WISH III). Auch das Polizeihauptquartier kündet von einer vergangenen Zeit, mutet altertümlich an und wirft die berechtigte Frage auf, wie der Kampf gegen das Verbrechen mit einer solch schlechten Ausstattung überhaupt gewonnen werden soll. Zweimal nur präsentiert uns Verhoeven einen Blick in den privaten Raum: Im Appartement Bob Mortons setzt sich der kalte, metallische Stil der OCP-Zentrale fort, folglich bietet es ihm auch keinerlei Schutz vor dem Übergriff durch Boddicker, der einfach hineinspazieren kann, um ihn umzubringen. (Schon auf dem Refugium innerhalb des OCP-Gebäudes – der Firmentoilette – gab es für Morton zuvor keine Privatsphäre, kündigte sich sein nahendes Ende bereits an.) Und als RoboCop von Murphys Erinnerungen getrieben dessen einstiges Haus aufsucht, muss er sich in ein Vorstadtidyll begeben, das zur restlichen Bildwelt des Films kaum eine Bindung hat. Durch die Kopplung des Gegenwärtigen mit den Erinnerungen Murphys im Blick RoboCops wird der Kontrast zwischen der träumerisch verklärten Vergangenheit und der trostlosen Gegenwart umso greifbarer (die Szene bildet zusammen mit Murphys Exekution m. E. den emotionalen Höhepunkt des Films). Das einstige bürgerliche Refugium ist ebenso wie der Rest Detroits schon dem Verfall anheimgegeben. Nach dem Tod ihres Gatten hat Murphys Ehefrau anscheinend fluchtartig Reißaus genommen, einen neuen Mieter oder Käufer gibt es noch nicht, einziger „Bewohner“ des Hauses ist ein virtueller Immobilienmakler, der von einem Bildschirm die schon zur Genüge bekannten Heilsversprechen des Konsums predigt. Der Tod hat auch hier längst Einzug gehalten.

A: Daran veranschaulicht der Film sehr überzeugend wie weit die gesamte Gesellschaft von kapitalistischen wie verbrecherischen Strukturen, die seiner Meinung nach Embleme auf ein und derselben Medaille sind, durchsetzt wurde. Die Kampfzone ist nun nicht mehr auf ein Stadtviertel, sondern auf die ganze Stadt ausgedehnt. Die begleitenden Fernsehnachrichten lassen den Schluss zu, dass es inzwischen in allen Metropolen der USA so aussieht. Verlierer sind in diesem Kampf die Bürger, die sich auf keiner der Extremseiten positionieren. Kommt es in DER TERMINATOR zum Umkippen aller Ordnung, befindet sich die Menschheit in ROBOCOP in einem Gesellschaftsgefüge, das einfach immer weiter macht und sich auch in seinem Chaos neu wird ordnen können (Bezüge zur aktuellen Finanzkrise und dem Neokapitalismus sind hier wohl unübersehbar). Eine Genreentwicklung, die mit ROBOCOP in der materiellen Außenwelt ihren Höhepunkt erreicht hat und bereits mit Murphys Krisis einen Ausblick auf die eher Identität suchenden Figuren des Science- und Social-Fiction-Films der 1990er schenkt.

FH: Ja, in ROBOCOP spiegelt sich insofern auch eine deutliche Abkehr vom fatalistischen Antihelden, wie er uns noch in Carpenters DIE KLAPPERSCHLANGE in Gestalt des welt- und lebensmüden Snake Plissken begegnete. Die Figur des Roboters mit der menschlichen Seele, die sich gegen die Beherrschung durch den Computer wehrt, ist längst nicht nur ein treffliches Bild für all die innerlich zerstörten, ja geradezu entkernten Soldaten und Einzelkämpfer wie Rambo oder Braddock, die von einem unmenschlichen System auf das nackte Funktionieren gedrillt, auf Muskeln und Reflexe reduziert wurden – ohne Rücksicht auf die seelischen Narben zu nehmen, die dieser Drill fraglos hinterlassen würde. Verhoeven zeigt in ROBOCOP auch den Ausweg für das Individuum auf. Die himmelblauen Augen Murphys scheinen immer etwas verträumt und voller Hoffnung in eine noch nicht greifbare Zukunft zu blicken. Diese Entrücktheit vom Hier und Jetzt lässt ihn als menschlichen Polizisten scheitern: Fast naiv rennt er in die Todesfalle der Bösewichter. Doch seine Vision einer besseren Welt kann auch die versuchte Auslöschung seiner Menschlichkeit nicht zerstören: Murphy kämpft gegen die Vereinnahmung durch den Apparat an, bis die Maschine dem Menschen gehorcht. Kein Wunder, dass er das Visier, das seinen hoffenden, träumenden Blick in seiner RoboCop-Inkarnation verdeckt, zum Finale hin abnimmt, um durch die eigenen menschlichen Augen sehen zu können. Hier fügt Verhoeven auch einen wunderbaren Moment der Selbsterkenntnis ein, der RoboCops Prozess der Individuation vollendet: Er erblickt sich selbst in einem von seiner Partnerin Anne dargebotenen Spiegel, erkennt die Einheit von Murphy und RoboCop. Dieses auch von dir beschriebene In-die-Zukunft-hinein-Entwerfen, das „Irgendwie-Weitermachen“ verkörpert ROBOCOP in seiner ganzen Struktur: In seinem unvermittelten Auftakt, dem plötzliche Ende und dem mit diesem einsetzenden hymnischen Score von Basil Poledouris, der weniger abschließt als vielmehr öffnet. Eigentlich hätte ROBOCOP es verdient gehabt, an der Schwelle eines neuen Jahrtausends entstanden zu sein.

Samstag, November 22, 2008

Der Schwanz des Skorpions

Auf dem hervorragenden Postapocalypse-Blog wurde ein weiteres Filmgespräch über Endzeitfilme mit Actionbezug veröffentlicht. Dieses Mal durfte meine Wenigkeit daran teilnehmen. Es geht um Castellaris ungewöhnlichen METROPOLIS 2000. Viel Spaß!

Montag, November 17, 2008

http://www.cannon.org.uk/

Unter diesem Link, der natürlich auch Eingang in unsere Linkliste erhält, findet man eine neue feine Seite über die - nicht nur für unser Genre - wohl spannendste und umtriebigste Produktionsfirma der Achtzigerjahre. Die Seite enthält zwar nur wenig Original Content, dafür aber eine Unmenge an Links sowie Texte und Bilder aus den unterschiedlichsten Quellen.